Tausende protestierten in Berlin gegen das EU-Flüchtlings-Regime

Jeder Tag Weltflüchtlingstag

Von Markus Bernhardt

Zunehmend wird die etablierte Politik auch in Deutschland selbst mit den Folgen ihrer verbrecherischen Politik konfrontiert. So gingen am vergangenen Wochenende gleich mehrere Tausend Menschen in Berlin auf die Straße und protestierten gegen die rassistische Flüchtlingspolitik Deutschlands und der Europäischen Union, sowie gegen den chauvinistischen Umgang der Merkel-Regierung mit Griechenland. Über 5 000 Menschen hatten am letzten Samstag, dem Weltflüchtlingstag, vom Berliner Bezirk Kreuzberg ausgehend Richtung Brandenburger Tor gegen Rassismus und für Solidarität mit Griechenland demonstriert. Aufgerufen zu den bundesweiten Protesten, die unter dem Motto „Europa.Anders.Machen.“ standen, hatte ein breites Bündnis, welches unter anderem von Flüchtlingsinitiativen, der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) und der Grünen Jugend getragen wurde.

Auch die Linkspartei unterstützte die Demonstration und erhob anlässlich des Weltflüchtlingstages am Samstag schwere Vorwürfe gegen die Bundesregierung. Diese inszeniere „einen Gedenktag für die Opfer von Flucht und Vertreibung, weigert sich aber, eine Politik einzuleiten, die Konsequenzen aus dem Elend heutiger Flüchtlinge und Vertriebener zieht“, kritisieren die innenpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Ulla Jelpke, und die kulturpolitische Sprecherin, Sigrid Hupach.“Während die Bundesregierung über Jahrzehnte hinweg die sogenannten Heimatvertriebenen der deutschen Ostgebiete verhätschelt hat, begegnet sie Flüchtlingen der Gegenwart mit kalter Ablehnung. Die Zahl der Flüchtlinge, die ihr Leben lassen, weil ihnen die politisch Verantwortlichen Europas die legale Einreise nach Europa verwehren, ist erschreckend und beschämend“, monierte Jelpke. „Solange wir nicht Verantwortung übernehmen und eine Flüchtlingspolitik schaffen, die Schutzbedürftige als Individuen behandelt und auf Integration statt auf Abschottung baut, ist jeder Tag Weltflüchtlingstag“, stellte die Bundestagsabgeordnete weiter klar.

Auch die Bochumer Initiative „GewerkschafterInnen für Frieden und Solidarität“, die sich zu Beginn des Jahres in der Region gegründet hatte, hatte zu der Berliner Demonstration aufgerufen. „Wir dürfen nicht hinnehmen, dass die bereits vorhandene humanitäre Katastrophe für das griechische Volk weiter verschärft wird. Und wir müssen alles daran setzen, um eine vernünftige Lösung für die weitere Entwicklung in Europa zu finden. Die liegt nicht im Ausschluss von Griechenland, dessen Folgen unabsehbar sind, sondern in einem neuen Pfad solidarischer und verantwortungsbewusster Politik aller Beteiligten“, erläuterte DGB-Geschäftsführer Jochen Marquardt, einer der Sprecher der Initiative, im Vorfeld.

Während die Proteste am Samstag friedlich verliefen, kam es am Sonntag zu teils massiven Übergriffen seitens der eingesetzten Polizei auf eine Protestaktion des „Zentrums für politische Schönheit“. Besagte Künstlerinitiative hatte bereits wenige Tage zuvor die Leiche einer syrischen Mutter, die vor Italien im Meer ertrunken war, in die Budnesrepublik überführen lassen und gemeinsam mit einem leeren Sarg, für ihr nie geborenes Kind, auf einem Friedhof in Gatow bestatten lassen. Am vergangenen Sonntag machte die Initiatve, unterstützt von 5 000 Menschen erneut gegen das Massensterben im Mittelmeer mobil. Unter dem Motto „Die Toten kommen“ erinnerten die Aktivisten vor dem Kanzleramt in Berlin an die mörderischen Konsequenzen, die sich für Tausende Flüchtlinge bereits aus der Politik des europäischen Grenzregimes ergeben haben. „Mit dem Überführen der Opfer dieser Politik der Bundesregierung bringen wir das Problem dorthin zurück, wo es entstanden ist: nach Deutschland“, konstatierte Justus Lenz, einer der Sprecher der Aktionskünstler.

Während Behörden, politische Verantwortungsträger und Polizei alles mögliche unternommen hatten, um im Vorfeld der Proteste Stimmung gegen die Aktionen der Initiative zu machen und diese in ihrem legitimen Protest zu behindern, waren die eingesetzten Polizeibeamten am Sonntag offenbar von der Wut und dem Antrieb vieler Flüchtlingsaktivisten überrascht worden. So konnten die Beamten nicht verhindern, dass die Demonstranten einen Zaun, der die Wiese vor dem Berliner Reichstag absperren sollte, zu Fall brachten und dort kleine symbolische Grabstellen aushoben und Kreuze in den Boden schlugen. Trotzdem gingen die Beamten mit massiver Gewalt gegen einzelne durchweg friedlich Protestierende vor und prügelten grundlos auf diese ein. Eine saubere Grünfläche scheint deutschen Polizisten nun einmal mehr wert zu sein, als das Leben von Flüchtlingen bzw. der Tausenden Menschen, die bereits im Mittelmeer ertrunken sind. So sind seit dem Jahr 2000 mehr als 23 000 Menschen an den europäischen Grenzen ums Leben gekommen.

Während über 50 Aktivisten am Sonntag von den Beamten festgenommen wurden, machten einzelne Einsatztrupps immer wieder Jagd auf die Gegner des EU-Grenzregimes. Aber auch auf Medienvertreter. „Einer der Polizisten hat mich direkt angeguckt, hat ausgeholt und mir mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Ich konnte mich nicht einmal schützen, weil ich in der einen Hand die Kamera und in der anderen Hand den Presseausweis hielt. Meine Brille flog durch die Luft, ich habe nichts mehr sehen können. Zum Glück hat einer der Demonstranten die Brille aufgehoben und mir wiedergegeben. Das Ganze ist mir ein paar Minuten später aber nochmal passiert. Mir hat wieder ein Polizist ins Gesicht geschlagen. Dieses Mal war es ein Volltreffer, ich habe gemerkt, dass meine Nase anfängt zu bluten“, berichtete etwa der Journalist Sofian Phillip Naceur in einem Interview mit N-TV.

Trotz der brutalen Übergriffe der Polizei dürfte die Aktion von den Veranstaltern jedoch als Erfolg gewertet werden. Kommt es doch mittlerweile nicht nur im Bundesgebiet, sondern auch in anderen europäischen Städten zu Nachahmungstaten. So finden sich mittlerweile bei Facebook verschiedene Bildberichte von symbolischen Grabstätten, die Antirassisten, vielerorts errichtet haben.

Wie vom „Zentrum für politische Schönheit“ geplant, ist das Problem damit nun tatsächlich dort hingekommen, wo es enstanden ist. In Deutschland und den anderen mitverantwortlichen EU-Staaten.

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"Jeder Tag Weltflüchtlingstag", UZ vom 26. Juni 2015



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