Auch in Japan stehen die Zeichen auf Aufrüstung. 0,9 Prozent seines BIP, das sind immerhin gut 45 Milliarden Dollar, gab Japan 2017 für seinen Verteidigungshaushalt aus. 2018 wird dieser Wert wohl noch getoppt werden. Damit setzt sich ein Trend fort, der sich seit dem Amtsantritt von Japans aktuellem Premierminister Shinzo Abe abzeichnet. Dieser hat bisher nämlich noch jedes Jahr die Verteidigungsausgaben erhöht.
Das fernöstliche Land hatte nach dem Ende des zweiten Weltkrieges de facto eine Pazifismus-Klausel in seine Verfassung aufgenommen. Diese verbot ein Verteidigen des Landes außerhalb der eigenen Landesgrenzen sowie ein stehendes Heer. Je nach Quelle wird dabei entweder General Douglas McArthur oder der erste japanische Nachkriegs-Premierminister Kijuro Shidehara als Verantwortlicher für diese Idee genannt. Daraus wurde später der heute viel diskutierte „Artikel 9“ der japanischen Verfassung.
Der als national-konservativ geltende Shinzo Abe, Parteivorsitzender der LDP (Liberaldemokratische Partei), hat es sich spätestens mit Beginn seiner zweiten Amtszeit 2014 auf die Fahne geschrieben, Artikel 9 zu ändern – um ein stehendes Heer und kriegerische Handlungen zu ermöglichen. Einen Teilerfolg erzielten Abe und die LDP dabei bereits, als sie 2015 das „Peace and Security Preservation“-Gesetz beschlossen und damit die Unterstützung verbündeter Truppen durch Waffengewalt auf UN-Missionen erlaubten. Das Gesetz, welches von zahlreichen Beobachtern als Test dafür gesehen wurde, inwiefern eine Abkehr vom pazifistischen Charakter der japanischen Verfassung in einem Verlust von Wählerstimmen resultieren würde, machte sich bezahlt. Trotz der knapp 100000 Demonstranten, die sich vor der Verabschiedung des Gesetzes vor dem Parlamentsgebäude versammelten, sah die LDP sich 2017 einem kaum merklichen Stimmverlust gegenüber. Zusammen mit ihrem Koalitionspartner sicherte sich die LDP eine komfortable Mehrheit.
Im Gegensatz dazu verloren die Japanische Kommunistische Partei sowie weitere Oppositionsparteien nennenswert an Stimmen. Zum Teil hatten sich Parteien erst kurz vor der Wahl neu gegründet oder gingen aus bestehenden Parteien hervor und trugen so zu einer Fraktionierung der Opposition bei. Schon zwei Jahre später und unter dem Vorwand, sich gegen die DVRK und ihre Raketentests sowie gegen die Volksrepublik China schützen zu müssen, begann eine Medienkampagne zur Legitimierung einer Verfassungsänderung. Das dabei von Abe verwendete Narrativ spricht nicht von einer Verfassungsänderung im Sinne einer Abkehr vom Pazifismus, sondern von einer Legitimierung der japanischen Selbstverteidigungskräfte. Trotz des faktischen Verbots eines stehenden Heeres wurden nämlich bereits 1954 die japanischen Selbstverteidigungskräfte ins Leben gerufen, die seitdem in einer Grauzone operieren. Abe möchte diesen einen klareren Handlungsspielraum zuweisen. Praktisch heißt das, dass auch Japan ab sofort wieder an bewaffneten Auseinandersetzungen im Ausland teilnehmen dürfte.
Nicht zuletzt wird auch der immer noch hohe Einfluss der USA auf Japan eine Rolle bei den Überlegungen zur Änderung der Verfassung spielen. Präsident Trump forderte von Japan eine stärkere Beteiligung in der Region und schloss auch die nukleare Bewaffnung Japans durch die USA nicht aus. Im Lichte neuester Waffendeals, inklusive der brandneuen F35-Kampfjets, die Lockheed-Martin an Japan liefern wird, scheinen den Forderung der USA bereits Taten seitens Japans gefolgt zu sein. Eine konsequente Opposition zu diesem Säbelrasseln bilden lediglich die kommunistische sowie die sozialdemokratische Partei Japans, während die größte Oppositionspartei CDP (Constitutional Democratic Party) zwar zum Block pazifistischer Oppositionsparteien gehört, aber in der Frage des Verfassungsartikels 9 uneins ist.
Wir in Deutschland sind bereits daran gewöhnt, dass unsere Freiheit auch gerne mal am Hindukusch verteidigt wird. Ob die japanische Freiheit zukünftig auf der koreanischen Halbinsel zur Disposition stehen wird, hängt vom Erfolg von Shinzo Abes Verfassungsänderung ab.