In unregelmäßigen Abständen sponsert der Ölmulti Shell eine Studie zur Befindlichkeit Jugendlicher in Deutschland. Die letzte gab es 2019, die aktuelle trägt den Titel „Jugend 2024. Pragmatisch zwischen Verdrossenheit und gelebter Vielfalt“. Medial wurde vor allem ausgewertet, dass die Angst vor dem Klimawandel von der Angst vor Krieg abgelöst worden sei. Diese Studie sollte man – wie im Übrigen alle Studien und Meinungsumfragen – mit äußerster Vorsicht genießen. Die Crux zeigt sich besonders deutlich an der Abfrage zum Thema Krieg. Die Jugendlichen wurden gefragt, „Was meinst du zu folgenden Aussagen über Deutschland und seine Rolle in der Welt?“ Die sechs Antwortmöglichkeiten reichten von „Ich stimme gar nicht zu“ bis „Ich stimme voll zu“. Hier eine Kostprobe der zu bewertenden Aussagen: „Unser Land braucht eine starke NATO, damit unsere Sicherheit gewährleistet bleibt.“ – „Russland hat die Ukraine angegriffen und muss dafür bestraft werden.“ – „Deutschland sollte die Ukraine auch weiterhin, solange der Krieg andauert, militärisch unterstützen.“ – „Es ist gut, dass sich Deutschland beim aktuellen Krieg im Nahen Osten klar auf die Seite Israels gestellt hat.“
Eine positive Bewertung der NATO wird vorausgesetzt. Ebenso, dass Russland der Aggressor ist. Diplomatie bleibt vollkommen außen vor. Selbst wenn man Russland für den Aggressor halten sollte, muss man daraus nicht zwangsläufig folgern, dass irgendjemand – wer überhaupt? – Russland „bestrafen“ darf. Auch bei den Fragen zu Israel und Palästina ist klar: Die deutsche Staatsräson – Israel gut, Palästina böse – wird vorausgesetzt.
Das Ergebnis der Studie: 81 Prozent der Jugendlichen haben Angst vor einem Krieg in Europa. 2019 waren es noch 46 Prozent. Das dürfte allerdings nur jemanden wundern, der die letzten Jahre auf einer einsamen Insel verbracht hat. 69 Prozent der Befragten meinen, Deutschland brauche eine starke NATO. 60 Prozent wollen, dass Russland bestraft wird, 50 Prozent, dass die Ukraine weiter militärisch unterstützt wird. Wenn man die Fragen passend stellt, kommt schon raus, was man hören will. Auch das ist Propaganda im Gewand der objektiven Wissenschaftlichkeit.
Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass die Jungen nicht klüger sind als die Alten – wie sollten sie auch. Und dass die Propaganda sitzt, vor allem, wenn man sie so geschickt einzusetzen weiß.