Auf zwei Veranstaltungen wurde am vergangenen Wochenende in Italien über künftige linke Politik gestritten: In Rom auf einer Nationalversammlung des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD) und in Rimini auf dem Gründungskongress einer Sinistra Italiana – SI (Italienische Linke).
Beim Referendum zur Abschaffung des Senats als zweiter Parlamentskammer hat Matteo Renzi im Dezember eine Niederlage erlitten und war als Premier zurückgetreten. Es war eine Abfuhr für seine rechte und arbeiterfeindliche Politik. Nun hat er sich bereit erklärt, den Forderungen der parteiinternen Opposition aus Linken und moderater Mitte nachzukommen und auch als Parteichef zurückzutreten. Zugleich kündigte er an, für eine Wiederwahl und dann auch bei Parlamentswahlen als Spitzenkandidat anzutreten. In den Berichten von „La Repubblica“ und den meisten Zeitungen vom Montag blieb offen, ob der Rücktritt tatsächlich vollzogen ist.
Als Nachfolger ist der aus den früheren Linksdemokraten kommende Roberto Speranza im Gespräch. Er war 2007 Mitbegründer der PD, eines Zusammenschlusses mit der katholischen Zentrumspartei Margherita. 2008 wurde er Vorsitzender der PD-Jugend, 2015 trat er als Fraktionsvorsitzender in der Abgeordnetenkammer aus Protest gegen Renzi zurück. Obwohl die Wahl auf einem sofort einzuberufenden Parteitag erfolgen sollte, hat man sich darauf geeinigt, darüber auf von Renzi geforderten Vorwahlen (Primarie) zu entscheiden. Laut „La Repubblica“ sollen sie am 7. Mai stattfinden. An ihnen können alle wahlberechtigten Italiener teilnehmen. 2013 hatten sich 67,8 Prozent der 2,5 Millionen Wähler für Renzi entschieden. Der setzt nun darauf, dass er es wieder schaffen könnte. Das Datum eines Parteitages ist noch offen, auch ist offen, ob es zu vorgezogenen Wahlen kommt. Auf der Versammlung forderten Vertreter der PD-Minderheit wie der frühere PD-Chef Luigi Bersani und der noch aus der Italienischen Kommunistischen Partei (IKP) kommende Gianni Cuperlo, Mitglied der Nationalen Leitung, eine linke Wende und eine Rückkehr zur traditionellen Bündnispolitik der linken Mitte. Während Bersani sich hier zurückhielt, kündigte Cuperlo als Führer des linken Flügels an, anderenfalls die Partei zu verlassen, was zu stärkeren Mitgliederverlusten führen und, wie „La Repubblica“ schrieb, „Die Spaltung bedeuten“ könnte.
Den Grundstock der in Rimini gegründeten neuen SI bildet die bisherige Partei „Linke und Umwelt“ (SEL), die sich vorher auflöste. Sie ging 2009 aus einer Abspaltung von der Rifondazione Comunista (PRC), Nachfolgepartei der 1991 von Revisionisten liquidierten IKP, hervor. 2013 erreichte sie auf einer Liste mit der PD 3,2 Prozent der Stimmen und bringt damit 25 Abgeordnete und sieben Senatoren in die SI ein. Ferner beteiligten sich eine Gruppe der PRC und einige weitere Linke an der neuen SI. Der erwartete Beitritt von PD-Linken blieb aus, was ihr politisches Gewicht mindert. Bei möglichen vorgezogenen Parlamentsneuwahlen wird ihr in Umfragen dennoch mit 3,2 Prozent der Sprung über die Sperrklausel von drei Prozent und damit der Wiedereinzug ins Parlament zugetraut.
Fabio Mussi, bisher SEL, als Linksdemokrat Minister in der Mitte-Links-Regierung von Romano Prodi in der Zeit von 2006 bis 2008, die noch die Kommunisten einschloss, verurteilte den Regierungskurs Renzis als „abenteuerlich und Hasardspiel“ und forderte, die SI müsse sich wieder den vernachlässigten sozialen Fragen und der Verteidigung bzw. Wiedererringung beseitigter Arbeiterrechte zuwenden. Der gewählte SI-Sekretär, Nicola Fratoianni, aus der PRC kommend 2009 mit Vendola Gründer der SEL, betonte, die neue Linkspartei müsse „ein breites politisches Projekt“ darstellen und linke Traditionen wieder herstellen. Sollte sich eine linke Linie in der PD durchsetzen, wozu die Ablösung Renzis vorausgesetzt wird, sei die SI zur Zusammenarbeit bereit, was auch als mögliche Beteiligung an einer Mitte-Links-Regierung interpretiert wird. Anderenfalls werde es entschiedene Opposition geben.