Neue Grundgesetzgebung spricht Minderheiten Rechte ab

Israel zementiert Apartheid

Von Georg Polikeit

Das „basic law“ (Grundgesetz), das von der israelischen Knesset am 19. Juli unter der Überschrift „Israel – Nationalstaat des jüdischen Volkes“ verabschiedet wurde, legt in Artikel 1 fest: „Der Staat Israel ist die nationale Heimstatt des jüdischen Volkes, in der es sein natürliches kulturelles, religiöses und historisches Recht auf Selbstbestimmung verwirklicht. Das Recht zur Ausübung der nationalen Selbstbestimmung im Staat Israel steht allein dem jüdischen Volk zu.“

Das ist die Trennung der Bevölkerung Israels in zwei Gruppen nach rassistisch-völkischen Merkmalen: ein bevorrechtigtes „jüdisches Volk“ mit Selbstbestimmungsrecht und mehr als 20 Prozent Menschen arabischer und anderer ethnischer Abstammung, die israelische Staatsbürger sind, denen aber das Selbstbestimmungsrecht abgesprochen wird.

Dies verstößt zweifellos gegen die universellen Menschenrechte und das Völkerrecht. Ebenso widerspricht es der Gründungsurkunde des Staates Israel. Denn in der Unabhängigkeitserklärung von 1948 war noch die „volle Gleichheit der sozialen und politischen Rechte für alle israelischen Bürger ohne Unterschied des Glaubens, der Rasse oder des Geschlechts“ festgelegt.

Das Gesetz ist allein ein Projekt der Rechtsregierung unter Netanjahu, also seiner Likud-Partei und der Rechtsextremisten und Ultraorthodoxen, die die Regierungskoalition bilden. Nur 62 Abgeordnete (51,7 Prozent) stimmten zu, bei 55 Gegenstimmen und drei Enthaltungen. Das ganze übrige politische Spektrum Israels war und ist dagegen, von der „Vereinten Liste“ der arabischen Parteien und den israelischen Kommunisten bis zur „Zionistischen Union“, die aus Sozialdemokraten („Awoda“) und Liberalen besteht. Es entspricht also keinem breiten Volkswillen.

Das Gesetz enthält aber noch weitere Verstöße gegen das Völkerrecht:

Artikel 3 erklärt Jerusalem „vollständig und vereint“ zur Hauptstadt Israels, obwohl völkerrechtlich festgelegt ist, dass der Status Jerusalems als Stadt der „heiligen Stätten“ von drei Weltreligionen nicht einseitig verändert werden kann und die Stadt deshalb kein Teil Israels ist. Auch Ost-Jerusalem, erst 1967 von Israel militärisch besetzt, wird so völkerrechtswidrig vom israelischen Staat annektiert, obwohl es im Rahmen einer Friedenslösung als Hauptstadt eines souveränen Staates Palästina vorgesehen ist.

Artikel 4 erklärt Hebräisch zur alleinigen „Staatsprache“. Bisher war die arabische Sprache als Amtssprache mit dem Hebräischen gleichberechtigt; jetzt wird lediglich gesagt, dass sie einen „Sonderstatus“ bekommen und ihre Verwendung in einem gesonderten Gesetz geregelt werden soll. Das kann aber auch bedeuten, dass ihre Verwendung, z. B. in Ämtern und Schulen, eingeschränkt wird.

Artikel 7 handelt von „Jüdischen Siedlungen“. Ursprünglich war vorgesehen, dass sich Städte, Gemeinden und Siedlungen zu „rein jüdischen Siedlungen“ unter Ausschluss von Menschen anderer Abstammung erklären können. Dies ist in der Endfassung angeblich „entschärft“ worden. Doch es heißt jetzt immer noch: „Der Staat betrachtet die Entwicklung von jüdischen Siedlungen als einen nationalen Wert und wird dafür wirken, ihre Errichtung und Konsolidierung zu ermutigen und zu fördern.“ Also wird die Bildung „rein-jüdischer“ Siedlungen immer noch als „nationaler Wert“ staatlich gefördert. Dies gilt dem Wortlaut nach nicht nur innerhalb des Staates Israel, sondern auch für Siedlungen im okkupierten Westjordanland.

Die Kommunistische Partei Israels (CPI) hat das neue Gesetz als „eine neue und gefährliche Stufe eines rechtsgerichteten Abgleitens Richtung Faschismus“ bewertet, „das nicht nur eine nationale Minderheit bedroht, sondern den demokratischen Raum insgesamt beschädigt und der seit langem praktizierten Politik von Diskriminierung und Rassismus verfassungsrechtliche Legitimität verschafft“. Weiter heißt es da unter anderem.: „Die unzulässige rassistische Gesetzgebung, parallel zu den Annexions- und Vertreibungsplänen Israels in den besetzten Gebieten und in der Negev, bestätigt, dass die zionistische Strategie – unterstützt von der US-Regierung und im Verbund mit den reaktionären arabischen Regimes am Golf – auf die endgültige Beseitigung der Möglichkeit eines unabhängigen palästinensischen Staates in den Grenzen vom 4. Juni 1967 mit Ost-Jerusalem als seiner Hauptstadt“ abzielt. Es wird damit ein weiteres großes Hindernis für eine Zwei-Staaten-Friedensregelung geschaffen und der Nahostkonflikt, der nicht nur die Region, sondern den Weltfrieden bedroht, wird weiter zugespitzt.

Die CPI ruft alle progressiven Kräfte der Welt auf, „ihren Kampf gegen diese kriminelle Politik zu verstärken, die der Region und ihren Völkern nur Unheil bringen wird“.

Im Interesse der Friedenssicherung muss jetzt von der EU und insbesondere von der Bundesregierung verlangt werden, dass sie diesen rassistischen Völkerrechtsbruch der israelischen Machthaber nicht länger tatenlos hinnehmen.

Als erstes müssen unverzüglich alle Waffengeschäfte mit Israel gestoppt werden, insbesondere die Beschaffung israelischer Kampfdrohnen zur Modernisierung der Bundeswehr. Außerdem ist angesichts der erneuten Sabotage einer Zwei-Staaten-Regelung die unverzügliche volle völkerrechtliche Anerkennung des Staates Palästina zu fordern.

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"Israel zementiert Apartheid", UZ vom 3. August 2018



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