Der 4. Spieltag in der Fussball-Bundesliga

Irgendwie albern

Von Karl Rehnagel

„Meine Mannschaft hat eine mehr als ordentliche Leistung geboten“ (Schalke Trainer Tedesco) gegen „Wir haben fantastisch gut gespielt“ (Bayern Trainer Kovac). Der eine – Kovac – hatte unrecht, das Spiel der Bayern war okay, aber viel mehr auch nicht. Der andere – Tedesco – hatte ebenfalls unrecht. Wenn man chancenlos 0:2 gegen egal welchen Gegner verliert, kann es definitiv nicht „mehr als ordentlich“ gewesen sein. Was ist das überhaupt, „mehr als ordentlich“? Prima? Astrein? Wahnsinnig gut? Nach einem 0:2 zu Hause? Irgendwie albern.

Bremen gewann nach einem Hin-und-her-Spiel 3:2 in Augsburg, allerdings nur, weil deren Torwart einen unfassbar langsamen Ball unfassbar langsam durch seine Arme kullern ließ, sodass der erstaunte Davy Klaassen das Ding einfach ins Tor schieben konnte. Unfassbar eigentlich, so eine Szene in einer Profiliga.

Freiburg sammelte wichtige Punkte bei den langweiligen Wolfsburgern (3:1), die alte Dame Hertha schlug Mönchengladbach (4:2) und Düsseldorf holte den nächsten Punkt, diesmal gegen Stuttgart (0:0). Uff. Alles Dinge, die man nicht tippen kann. Da die 19 anderen der Tipprunde aber noch schlechter rieten, hab ich zumindest mit neun schwachen Pünktchen meinen ersten Platz behalten. Irgendwie albern.

In Hoffenheim war das Hauptthema mal wieder der Fanprotest der Dortmunder gegen Milliardär Hopp und seine Plastikspielzeugtruppe. Dass „Hurensohn“ und ein Porträt im Fadenkreuz nicht gerade gedankliche Höhenflüge darstellen, eine Sache. Eine andere aber ist, das es beispielsweise in den 80ern von den Tribünen noch ganz andere Rufe und Transparente gab. Da war Fußball noch deutlich roher. Über einen „Hurensohn“ hätte damals kein Reporter auch nur ein Wort verloren. Und 2018 wird tatsächlich damit argumentiert, dass das ja auch Kinder in der Sportschau sehen oder hören würden! Als ob für Kinder solche Schimpfwörter nicht Schulhofalltag wären.

Was wollt ihr denn eigentlich? Fußball ohne Emotionen und Geschrei, ohne Jubel und auch Verunglimpfungen des Gegners? Schlips- und Auszugsträger auf den Tribünen, die „Dietmar, wir haben dich voll lieb!“ trällern? Ganz ehrlich? Irgendwie albern.

Während der BVB erst reihenweise Chancen sinnlos verballerte (und einen Elfmeter nicht bekam), um dann derbe einzubrechen und sich eine gefährliche Situation nach der anderen einzuhandeln, tranken wir in allerkleinster Runde unser Bier. Es scheint ein gewisser Fußball-Überdruss zu herrschen, neben zwei weniger Bekannten saßen nur die schöne M. und ich am Tisch und natürlich U., der Mann ohne Zähne. Aber der sitzt einfach immer da, ob Fußball oder nicht, so richtig zählt das nicht.

Die Hoffenheimer hätten eigentlich bereits locker drei statt einer Bude machen können, taten sie aber nicht. Also machte einfach der Dortmunder Pulisic eine, 1:1, Abpfiff, Feierabend. Außer für mich, ich erhielt von der schönen M. noch eine unerwartete Einladung zum Essen bei ihr und der Abend wurde noch lang. Wir quatschten viel und lauschten einer wilden Mischung aus Johnny Cash, Brass against the Maschine, Großstadtgeflüster und mehrerer Souldamen aus der knisternden Vergangenheit der Vinylschätzchen. Und die schöne M. sang das meiste lauthals mit. Ich war so verwirrt, dass ich mich spät nachts nach Hause trollte, bevor noch Schlimmeres passieren konnte. Irgendwie albern.

Andererseits bin ich auch nicht Alexander Strehmel, der einst den Satz prägte: „Bei so einem Spiel muss man die Hosen runterlassen und sein wahres Gesicht zeigen.“ Ganz ehrlich? Nein.

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"Irgendwie albern", UZ vom 28. September 2018



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