Betr.: „Muss Kapitalismus zum Faschismus führen?“ UZ vom 1.12., S. 10

Interessenbewusstsein schaffen ist Antifa-Politik

Von Kurt Baumann, Hamburg

Erstens wundert es mich, dass ein Debattenbeitrag zum Leitantrag außerhalb des dafür vorgesehenen Bereiches steht, unter „Theorie und Geschichte“.

Zweitens wundert es mich, dass wenn schon die Geschichte der Antifa-Bewegung reflektiert wird, warum dann nicht die ganze? Warum wird hier mit 1968 angefangen, dann aber auf die Politik der DKP im Bündnis mit der VVN seit ihrer Gründung nicht eingegangen? Warum wird nicht erwähnt, dass die VVN in den 70er Jahren in ihren „Heften zur Demokratisierung“ richtigerweise durch Opitz die Position vertrat und publizierte, dass nur ein Anwachsen des Interessenbewusstseins der antimonopolistischen Kräfte einen wirksamen Schutzwall gegen den Faschismus aufrichtet? Und was zum Geier macht die Bonapartismus-Diskussion hier? Gerade wenn man die demokratische Republik verteidigen will, sollte man wissen, dass die Vertreter der KPD-O (und die Trotzkisten, also die Vertreter der Bonapartismus-Theorie) eben gegen die Volksfront und die Verteidigung der demokratischen Republik waren. Sie galt ihnen als Reformismus.

Drittens wundert es mich, dass dem Leitantrag unterstellt wird, er würde den antifaschistischen und den antimonopolistischen (d. h. in Zeiten des Monopolkapitalismus, den antikapitalistischen) Kampf gleichstellen. Das tut er nicht. Er erkennt an, dass nur Interessenbewusstsein (für die Arbeiterklasse: Klassenbewusstsein) einen wirksamen Schutzwall gegen den Faschismus aufrichtet. Der Leitantrag stellt hier eine Tradition wieder her, in der auch die VVN (und die Kommunisten in ihr) einmal standen.

Es wundert mich also viertens, dass hier ein Pappkamerad aufgebaut wird und die UZ-Redaktion zulässt, dass hier der DKP eine linksradikale Position unterstellt wird.

Fünftens frage ich mich, was der ganze Spaß mit der abgebrochenen Geschichte und der unterstellten Position eigentlich soll? Streichen wir aus unserem Antifaschismus den Klassenbezug, dann haben wir als KommunistInnen der Bewegung nicht mehr zu geben als alle anderen auch, die die Nazis halt irgendwie doof finden. Dann nehmen wir denen die Perspektive, die über den Abscheu gegen den Faschismus den Weg zu sozialistischer Politik finden wollen und werden. Aber genau an diese Stelle gehören die Kommunisten: In die Mitte, in die vorderste Front der demokratischen Bewegung. Aber keinen Moment haben sie aufgehört und werden sie je aufhören zu sagen, dass nur der Sozialismus den Faschismus auf Dauer unmöglich macht.

Und Ulrich Sander wollte doch sicher nicht anregen, dass die KommunistInnen, nur weil Nazis auftauchen, aufhören, antimonopolistische Politik zu betreiben? Dann hätten die Nazis ja schon halb gewonnen.

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"Interessenbewusstsein schaffen ist Antifa-Politik", UZ vom 8. Dezember 2017



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