Interesse und Handwerk

Herbert Becker im Gespräch mit Dieter Süverkrüp

Dieter Süverkrüp, den meisten UZ-Lesern und Pressefest-Besuchern bekannt als politischer Liedermacher seit den 1960er Jahren, war und ist sein Leben lang ein bildender Künstler. Er studierte in den frühen 1950er Jahren an der Werkkunstschule und verdiente lange Zeit sein Geld als Werbegrafiker. „Endlich, seit etwa 20 Jahren komme ich dazu, professionell das zu machen, was ich gelernt und studiert habe, ich male.“ In der Kunst-und-Kultur-Halle beim UZ-Pressefest stellt Dieter Süverkrüp rund 30 seiner Werke aus, hauptsächlich Grafiken. Die UZ sprach mit ihm.

UZ: 1959 erschien deine erste Platte „Ça ira – Lieder der Französischen Revolution“, es folgten jede Menge weitere, bis 1980 die letzte Platte mit dem vielsagenden Titel „So weit alles klar“ erschien. Warum war dann Schluss mit der Liedermacherei?

Dieter Süverkrüp: Natürlich war der Plattentitel ironisch, denn nichts war klar, mir kamen immer mehr Zweifel, sowohl an dem, was man das „Weltgeschehen“ nannte, an den politischen Rezepten und besonders aber an dem, was ich so lange gemacht hatte. Ich fühlte zu viele Fesseln, wollte auch nicht mehr das „Sprachrohr vom Dienst“ sein. Immer öfter stellte ich fest, dass Lernunfähigkeit als Prinzipienfestigkeit ausgegeben wurde. Es kam, wie es kommen musste, dieses Arbeiten war zu Ende, ich wollte wieder zurück zu dem, was ich eigentlich viel lieber machen wollte.

UZ: Peter Hacks hat einmal den Satz formuliert „Es gibt keine engagierte Kunst, es gibt engagierte Künstler.“ Ist dieser Satz einer, den du mittragen kannst?

Dieter Süverkrüp: Sicher, die politische Grundhaltung, die Anschauung, besser noch die Aneignung der Welt ist die Grundbedingung eines engagierten Künstlers. Wichtig ist aber die Umsetzung dieser Haltung in die künstlerische Praxis, dazu gehört, um es mit Brecht zu sagen, Interesse und Handwerk und nochmals Handwerk. Nur wollen, aber nicht können ist viel zu wenig, dann bleibt das künstlerische Schaffen Attitüde. Meine Grundhaltung wird wohl in die Schublade „pazifistisch“ einsortiert werden.

UZ: Würdest du sagen, der Blick auf die Welt, auf die Verhältnisse ist das erste, was für dich als bildenden Künstler zum Tragen kommt?

Dieter Süverkrüp: Man entdeckt Dinge, die man lange vorher schon gesehen hat und meint zu kennen, die plötzlich aber ganz anders aussehen. Es beginnt scheinbar assoziativ, ich habe keinen „Stil“, das Thema, also das, was ich sehe, gibt mir den neuen Anfang vor. Das Verfahren wie auch die Malweise ändern sich durch das Sehen, für mich sind phantastische Entwürfe notwendig, um zu einem Ergebnis zu kommen, das meine Sicht auf das jeweilige Thema zufriedenstellt.

UZ: Für eine kurze Zeit, leider viel zu kurz, hast du an der Folkwang-Hochschule in Essen Vorlesungen zur Poetik gehalten, spannend, wenn ein Maler darüber spricht und nicht ein Schriftsteller. Wie hast du dich den Fragestellungen genähert?

Dieter Süverkrüp: Über die Sprache. Die Möglichkeiten der Sprache erlauben es dem Menschen, Erlebnisse, Erfahrungen und Horizonte über die sogenannte Realität hinaus zu sprechen, er kann, was kein Lebewesen außer ihm kann, verdinglichen. Soll meinen, Sprache ist ein Metaphernsystem. Ein Beispiel: Als das Rad erfunden wurde, brauchte dieses Ding einen Namen, die menschliche Achsel und die so wesentliche Achse dieses neuen Werkzeugs der Menschen haben den gleichen metaphorischen Grund. Für mich sind Bilder ebenfalls Metaphern, die Arbeit an einem Bild ist der gleiche, zumindest ähnliche Vorgang wie bei der Arbeit an einem Text.

UZ: Wir freuen uns, dass wir eine Auswahl deiner Bilder, besonders deiner Grafiken, zeigen können. Wie kam es nach langer Abstinenz dazu?

Dieter Süverkrüp: Das war ganz einfach und unproblematisch: Ich bin angesprochen worden, meine letzten Ausstellungen in Düsseldorf und besonders in Ratzeburg im letzten Jahr haben große Aufmerksamkeit bekommen, daher wohl der Wunsch, ich möge in Dortmund dabei sein. Und ich habe gerne zugesagt. Mein Verhältnis zur DKP und besonders zum Pressefest ist völlig entspannt, schließlich bin ich in früheren Zeiten als Liedermacher gerne und oft dabei gewesen und habe viele Freunde gewonnen. Ich komme gerne und in Freundschaft.

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"Interesse und Handwerk", UZ vom 7. September 2018



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