Unter dem Motto: „Solidarisch durch die Krise! Echte Umverteilung jetzt! Soziale Sicherheit schaffen – Energiewende beschleunigen!“ gingen am vergangenen Samstag bundesweit 24.000 Menschen in Berlin, Frankfurt, Hannover, Düsseldorf, Dresden und Stuttgart auf die Straße. Dazu aufgerufen hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften sowie Umwelt- und Sozialverbänden. Angesichts des großen Aufruferkreises war die Beteiligung sehr bescheiden. Dazu beigetragen hatte unter anderem Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, der im Vorfeld der Demonstrationen diejenigen, die für ein Ende der Sanktionspolitik eintreten, aufforderte, sie sollten mit ihrem Transparent zu Hause bleiben. Diese Menschen würden die „Solidarität“ mit der Ukraine aufkündigen und die Bewegung spalten. Dieser Spaltungsversuch ist nicht ganz gelungen. Viele Losungen gegen das 100-Milliarden-Sondervermögen der Bundeswehr und gegen Waffenlieferungen an die Ukraine waren zu sehen, aber auch Forderungen nach Beendigung des Wirtschaftskrieges.
Die größte Demonstration fand in Berlin mit knapp 6.000 Teilnehmern statt. In Stuttgart meldete ver.di 4.000, in Düsseldorf 5.000 und in Dresden 2.000 Teilnehmer. In Frankfurt a. M. demonstrierten rund 5.000 Menschen. Hier war die Botschaft des DGB „Niemand soll frieren“. Die Menschen müssten auch in Krisenzeiten in der Lage sein, ihren Lebensunterhalt zu sichern. Verwiesen wurde auf die anstehenden Tarifrunden, die die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften dazu nutzen würden, gute, existenzsichernde Löhne und Gehälter zu erkämpfen. Daneben wurde eine gerechte Lastenverteilung eingefordert. „Starke Schultern müssen in dieser Zeit mehr tragen als schwache. Deshalb müssen Übergewinne konsequent abgeschöpft und riesige Vermögen wie Erbschaften höher besteuert werden“, so der DGB.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband Hessen appellierte eindringlich an die Verantwortlichen in der Politik: „Verhindern Sie eine Pleitewelle unter den sozialen Einrichtungen. Kitas, Pflegeheime, Obdachlosenunterkünfte, Frauenhäuser, Einrichtungen für geflüchtete Menschen – sie alle brauchen jetzt Soforthilfen, um durch diese Krise zu kommen.“ Darüber hinaus forderte der zweitgrößte Sozialverband Deutschlands eine zielgerichtete Entlastung für ärmere Haushalte und eine sofortige Erhöhung der Regelsätze bei Hartz IV beziehungsweise dem zukünftigen Bürgergeld. Vertreter des globalisierungskritischen Netzwerks Attac stellten fest, dass es höchste Zeit für soziale Gerechtigkeit und eine entschlossene Bekämpfung der Klimakrise sei.
Das „Jugendbündnis gegen die Krise“ forderte echte Entlastungen ein, die bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen auch ankommen: „Wir sind es einfach leid, ständig zu akzeptieren, dass diejenigen wieder einmal die Hauptlast der Krise tragen sollen, die schon jetzt nicht mehr wissen, wie sie über den nächsten Monat kommen sollen“, so ein Redner.
Insgesamt merkte man den Demonstrationen an, dass nicht alle die Stoßrichtung des Aufrufs „Solidarischer Herbst“ für gelungen hielten. Forderungen nach sofortigen Friedensverhandlungen, nach einem Ende der Waffenlieferungen und deutliche Kritik an den Aufrüstungsplänen der Bundesregierung waren auf Transparenten und Schildern zu lesen und wurden wortwörtlich in die Demonstrationen hineingetragen.
Der Aufruf „Solidarischer Herbst“ enthalte Richtiges zur Entlastung der Menschen in diesem Land, hatte denn auch der DKP-Vorsitzende Patrik Köbele im Vorfeld festgestellt. Aber, so Köbele, Kriegs- und Krisenlasten würden als „Folge von Putins Angriffskrieg“ dargestellt. Deshalb könne die DKP diesen Aufruf nicht mittragen, orientiere aber darauf, sich sichtbar mit eigenen Inhalten zu beteiligen. Diese waren erkennbar: „Löhne rauf – Preise runter. Wirtschaftskrieg und Aufrüstung stoppen. Raus aus der NATO“ war zum Beispiel auf einem DKP-Transparent in Düsseldorf zu lesen. Und auch in Frankfurt bildeten SDAJ und DKP einen gemeinsamen Demoblock.
Auf der Bühne dominierten andere Inhalte. So berichteten Teilnehmer aus Dresden, dass alle Redner ihre Solidarität mit der Ukraine ausgedrückt hätten, viele Ukraineflaggen seien gezeigt worden, aber nur ein einziges Mal sei die Erkenntnis zu hören gewesen, dass mehr Waffen keinen Frieden schaffen.
Auch unter den Demonstranten war Thema, dass es bei der Mobilisierung Schwierigkeiten gab. Auch in Hannover war zu spüren, dass nicht alle Gewerkschaften und diese auch nicht flächendeckend mobilisiert hatten – nur etwa 2.000 schafften es zur Demonstration in die niedersächsische Landeshauptstadt.