Aus dem Justizpalast in Antwerpen

Inakzeptabel

Von Alice Bernard

Das Urteil gegen den Antwerpener Präsidenten des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes Belgiens (FGTB), Bruno Verlaeckt, ist ein Urteil gegen das Streikrecht. Im Juni 2016 hatten die Gewerkschafter friedlich eine Straße im Hafen von Antwerpen blovckiert. Der Richter berief sich jetzt auf Artikel 406 (Verkehrsbehinderung) und verurteilte Bruno Verlaeckt als „Organisator“ der Blockade „ohne vorherige Genehmigung“. „Die Fakten sind ernst“, sagte der Richter.

Diese Verurteilung betrifft nicht Bruno, sie richtet sich gegen die Gewerkschaft selbst. Es ist das Streikrecht, das Demonstrationsrecht, das auf dem Spiel steht. Das ist eine schwere Verletzung der demokratischen Rechte. „Das werden wir nie akzeptieren“, sagten Miranda Ulens, Generalsekretärin der FGTB, und Bruno Verlaeckt vor Hunderten Gewerkschaftern aus dem ganzen Land.

Bruno Verlaeckt wird ohne Strafe verurteilt, ein anderer Angeklagter, Tom Devoght, freigesprochen, was zeigt, dass es darum geht, einen Präzedenzfall zu schaffen. „Wir legen selbstverständlich Revision ein“, kündigten die Verlaeckts Anwälte an.Dieses Urteil schafft einen ernsthaften Präzedenzfall für die demokratischen Freiheiten. Es verstößt gegen alle früheren Urteile wegen ähnlicher „Vergehen“. Als das Gesetz zur Verurteilung von Verkehrsbeschränkungen verabschiedet wurde, wurde im Parlament ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es bei sozialen Aktionen nicht angewendet werden kann.

Es ist ein Versuch, alle sozialen Organisationen einzuschüchtern, die etwas unternehmen wollen.Denn dieses Urteil ist nicht nur ein Angriff auf Streikposten, es ist ein Präzedenzfall für alle Aktionen oder Demonstrationen der sozialen Bewegungen. So gab es in letzter Zeit überall in Flandern Demonstrationen von Eltern, die für saubere Luft demonstrierten. Dabei wurde der Verkehr „gestört“ oder „blockiert“. Werden sie morgen alle verurteilt?

Die Justiz wurde durch den Bürgermeister Bart De Wever (Vorsitzender der Nieuw-Vlaamse Alliantie, Rechtsnationalist) instrumentalisiert, der sich wie die Regierung in einem Kreuzzug gegen das Streikrecht und die gewerkschaftlichen Freiheiten einsetzte. Sie versuchen, sie für Gefängniswärter zu beseitigen, sie für Eisenbahner einzuschränken und sie im Privatsektor mit neuen Regeln zu mundtot zu machen. Die Politik der Regierung wird in Frage gestellt und will Kritik nun zum Schweigen bringen.

Diese Einschränkungen des Streikrechts und der sozialen Handlungsfreiheit sind inakzeptabel. Sie spiegeln den Plan der Regierung für eine autoritäre Gesellschaft wider. Eine Gesellschaft, die versucht, die Stimmen derer, die unten sind, stumm zu machen.  #NoPasaran

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"Inakzeptabel", UZ vom 6. Juli 2018



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