Zum 100. Jahrestag des Hamburger Aufstands gibt es zahlreiche Veranstaltungen. Besonders heraus sticht die Kulturmatinee von DKP, SDAJ und der Gedenkstätte Ernst Thälmann unter dem Motto „Ach, wäre es doch gelungen!“ UZ sprach mit Katharina Kniesche von der DKP Hamburg über die Beweggründe für die Veranstaltung, das Programm und die Lehren für heute.
UZ: Ihr hättet zum 100. Jahrestag des Hamburger Aufstands auch eine theoretische Konferenz veranstalten können. Ihr habt euch aber für eine umfangreiche Kulturveranstaltung entschieden. Warum?
Katharina Kniesche: Gleich zu Beginn der Planungen vor über einem Jahr haben wir genau diese Frage diskutiert und ein Gesamtkonzept für das Jahr beschlossen. Das „Aufstandsjahr“ starteten wir mit einem Wochenendseminar für junge Genossinnen und Genossen. Das Interesse war enorm, es wurde viel über die Ereignisse und die geschichtlichen Hintergründe gelernt und diskutiert. Das Tolle war, dass sich im Ergebnis dieses Seminars dann ein Bündnis in Hamburg gegründet hat, das sich vor allem aus jungen Genossinnen und Genossen und Antifaschisten zusammensetzt. Gestartet sind wir dann unter dem Motto „100 Jahre Krise – wo bleibt der Aufstand?“ mit einer Kino-Aufführung des Thälmann-Films „Sohn seiner Klasse“, die schon super erfolgreich war. Dem folgten dann viele Veranstaltungen der beteiligten Organisationen, die allesamt gut besucht waren und in denen viel diskutiert wurde. Die Gedenkstätte Ernst Thälmann unterstützte hier nach Kräften und stellte Informationen aus dem Archiv zur Verfügung. Die weitere Idee war, zum Jahrestag am 22. Oktober, dem Geburtstag von Fiete Schulze, sozusagen am Vorabend des Aufstands in Schiffbek (heute Billstedt), mit einer besonderen Kulturveranstaltung der Ereignisse, aber vor allem auch der Genossinnen und Genossen zu gedenken, die damals im Oktober den Aufstand mit allen seinen Widersprüchen wagten. Der Titel „Ach, wäre es doch gelungen!“ soll dazu anregen, darüber nachzudenken, in was für einer Welt wir heute vielleicht leben könnten, wenn damals der Funke aus Hamburg übergesprungen wäre auf den Rest des Landes.
UZ: Wer kommt und mit was für einem Programm?
Katharina Kniesche: Wir konnten Künstlerinnen und Künstler gewinnen, die sich dem Thema auf unterschiedlichste Art und Weise nähern. Es wird eine Szenische Lesung „Probe für die Zukunft“ von Mesut Bayraktar geben, die von Alina Essberger und Doris Gercke gehalten wird. Kai Degenhardt und Rolf Becker fragen „1923 – eine gescheiterte Revolution?“ und Erich Schaffner kommt mit seinem Programm „Der Krieg ist nichts als die Geschäfte“. Ich bin schon sehr gespannt darauf!
UZ: Was erwartet euer Publikum außerdem?
Katharina Kniesche: Es wird zwei kleinere Podiumsdiskussionen geben. Zum einen diskutieren unter anderem Michi Götze, Bezirksvorsitzender der DKP Hamburg, und Olaf Harms, Vorsitzender des Kuratoriums „Gedenkstätte-Ernst-Thälmann“, die Fragen der Aufgabe einer kommunistischen Partei heute und der Notwendigkeit der kontinuierlich revolutionären Gewerkschaftsarbeit.
Die SDAJ stellt sich gemeinsam mit gewerkschaftlich organisierten Jugendlichen die Frage, welche Bedeutung der Aufstand damals für ihre Arbeit in den Betrieben heute hat. Zum Abschluss kommt Achim Bigus unter dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ auf die Bühne. Unsere Veranstaltung soll uns Kraft geben für zukünftige Kämpfe um eine bessere, eine sozialistische Welt.
Vor der Veranstaltung können sich Interessierte noch an einem Rundgang der VVN-BdA durchs alte Schiffbek beteiligen und auf den Spuren der Aufständischen wandeln. Und keine Angst: In einer Pause gibt es die Möglichkeit, sich mit Snacks und Getränken zu stärken.
UZ: Warum war es für euch wichtig, an den Hamburger Aufstand zu erinnern?
Katharina Kniesche: Es gab viele Gründe, diesen Jahrestag besonders wahrzunehmen. Zum einen ist es natürlich ein besonderes historisches Ereignis, zu dem es – bis jetzt – kein vergleichbares in unserer Stadt gegeben hat. Das zeigt sich auch daran, dass das Interesse an dem Thema außerordentlich groß ist. Allein in den noch kommenden Tagen finden in Hamburg in Geschichtswerkstätten, an der Uni, in Schulen und natürlich am 23. Oktober auch auf der Straße weit über 50 Veranstaltungen statt. Für uns Hamburger Kommunistinnen und Kommunisten ist es da schon eine besondere Verpflichtung, an die Kämpfe unserer Genossinnen und Genossen zu erinnern. Viele von ihnen wurden gefoltert und zu teilweise langjährigen Gefängnisstrafen verurteilt. Die allermeisten kämpften Jahre später gegen die Faschisten in Deutschland und bezahlten mit ihrem Leben. Ihrer und ihrem Beispiel zu gedenken ist unsere Pflicht.
Wenn wir eine bessere Welt gewinnen wollen, ist es wichtig, dass wir uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen. Am Beispiel des Hamburger Aufstands kann man viel erfahren und lernen über die damalige Zeit und die noch so junge KPD. Es geht nicht um die Huldigung des bewaffneten Aufstands, es geht darum, jederzeit die Frage der richtigen Strategie und Taktik einer kommunistischen Organisation zu diskutieren und zu gemeinsamen Erkenntnissen zu kommen. Es geht auch um die Frage des richtigen Zeitpunkts, der richtigen Einschätzung der Kräfteverhältnisse. Deswegen wählten wir für unsere Veranstaltung den Untertitel: „Von der Revolutionären Geduld und Zähigkeit und vom richtigen Zeitpunkt“.
UZ: Siehst du einen Bezug zu heute?
Katharina Kniesche: Natürlich gibt es sehr viele Parallelen zur heutigen Situation. Eine katastrophale Wirtschaftspolitik zu Lasten der Arbeiterklasse, Inflation, Militarismus und Krieg und das Aufkommen faschistischer Bewegungen nicht nur in unserem Land. Unsere Forderung „Heizung, Brot und Frieden“ passt damals wie heute!
UZ: Was sollten wir vom Hamburger Aufstand für heute lernen?
Katharina Kniesche: Jede fortschrittliche, grundlegende Veränderung der Verhältnisse kann nur dann gelingen, wenn die Masse der Bevölkerung, insbesondere die Arbeiterklasse, dahinter steht und aktiv mit eingreift. Eine wichtige Lehre für uns ist die Orientierung der gesamten Partei auf die Arbeit in Betrieb und Gewerkschaft. Kontinuierliche Forderungen – wie zum Beispiel die nach der 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich –, aber auch die Friedensfrage müssen von uns immer wieder eingebracht werden. Die SDAJ Hamburg hat sich die Lehren von Ernst Thälmann von 1925 vorgenommen und ihr heutiges Arbeiten und Kämpfen dazu dargestellt. Zu sehen in der aktuellen Ausstellung zum Jahrestag in der Gedenkstätte Ernst Thälmann.
Du siehst: Hamburg ist ja immer eine Reise wert, aber in diesen Oktobertagen umso mehr!
Ach, wäre es doch gelungen!
Kulturmatinee zu 100 Jahre
Hamburger Aufstand
22. Oktober, 12.30 Uhr, Kulturpalast Billstedt.
Eintrittskarten sind unter kontakt@dkp-hamburg.de erhältlich