Lernen unter unmöglichen Bedingungen

In kaputten Räumen

Von David Bösl

In Kassel haben wir, wie in den meisten Großstädten Deutschlands, einen sehr hohen Sanierungsstau an den Schulgebäuden. In Kassel liegt er mittlerweile bei 144 Millionen Euro und wächst schneller als er abgebaut wird. Dieser Zustand, bedingt durch den Mangel an Investitionsmitteln, wirkt sich natürlich immens auf unseren Schulalltag aus. Gerade an Schulen in einkommensschwachen Stadtteilen, wie in Kassel-Waldau an der Offenen Schule Waldau, sind die Ausmaße des Mangels zu spüren.

Stinkende, gammelige Toiletten ohne jegliche Hygiene, schimmelnde Wände und Sporthallen, kaputte, undichte Decken und veraltete Materialien; all das hat Kassels Schullandschaft und auch unsere Schule zu bieten. Zu den undichten Decken, die es nötig machen, Eimer in die Gänge zu stellen, muss man jedoch sagen, dass die Stadt eingegriffen hat und dabei ist, die Decken zu erneuern. Ob das so viel Sinn macht, wo es doch nötig gewesen wäre, gleich das ganze Gebäude zu sanieren, kann uns die Stadtverwaltung leider nicht sagen.

Neben den kaputten Decken, die durch die hohe Luftfeuchtigkeit eine zum Lernen sehr unangenehme Art verursachen, gibt es noch den 40 Jahre alten Naturwissenschaftstrakt an der Offenen Schule Waldau. Dieser ist auch schon seit mindestens zwei Dekaden Thema an der Schule und in der Schülervertretung. Diese hat sich stets für eine Erneuerung der Naturwissenschaftsräume eingesetzt, wird von der Stadt jedoch seit Jahren hingehalten, indem die geplante Sanierung immer ins letzte Jahr eines Mehrjahresplans verschoben wird. Im Moment steht die Sanierung der Fachräume für 2020 auf dem Plan, worauf man sich aufgrund des vergangenen Vorgehens leider kaum verlassen kann.

In den Naturwissenschaftsräumen findet man vollgeschmierte Tische, zu wenige und teilweise auch kaputte Hocker, vollgestopfte Wasser- und Gashähne, alte Abzugshauben und darüber sogar einen Sticker vom Festival der Jugend 1984 (bundesweites SDAJ-Festival, das nächste findet an Pfingsten 2019 statt, Anm.d.Red.). Na’ wenn das mal nicht historisch ist. Was unseren Unterricht daneben jedoch am meisten einschränkt, sind die prähistorischen Gerätschaften und Physiksammlungen, die einem Fundbüro oder schlichtweg einem Schrotthaufen ähneln. Diese Umstände führen praktisch nämlich dazu, dass z. B. der Chemieunterricht nicht mehr aus eigenem Experimentieren und dadurch Verstehen besteht, sondern daraus, dem Lehrer bei den Versuchen zuzuschauen, was selbstverständlich zu einem viel schlechteren Verständnis beiträgt.

Im Deutschunterricht muss ich mich mit dreiunddreißig anderen Schülern und Schülerinnen in einen Raum quetschen, der nur für 24 Personen ausgelegt ist. Auch die digitale Ausstattung lässt zu wünschen übrig. Wenn das Schulinternet langsamer ist, als das deines Handys, haben die superneuen Smartboards auch nur den Nutzen von superalten Overheadprojektoren. Klasse ist auch, dass in der gesamten Schule mit rund 900 Schülern und Schülerinnen nur knapp zehn Beamer vorhanden sind. Wir wurden bis ins 10. Schuljahr dazu verdonnert, Plakate aus Pappe zu gestalten, was uns in unserem weiteren Berufsleben wahrscheinlich nie wieder begegnen wird. All das trägt dazu bei, dass Schule kein Ort ist, an den man gerne geht.

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"In kaputten Räumen", UZ vom 16. März 2018



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