Libyen: Neue Regierung, Berlin zieht die Fäden

In Eile

Von www.german-foreign-policy.com

Die Bundesregierung bereitet einen Einsatz der Bundeswehr zur Ausbildung libyscher Truppen sowie die Ausdehnung des EU-Marineeinsatzes im Mittelmeer bis in libysche Küstengewässer hinein vor. Berichten zufolge soll Libyens neue Regierung, die letzte Woche auf westlichen Druck installiert worden ist, eine Einladung für die beiden Interventionen aussprechen.

Berlin hat bereits im vergangenen Jahr begonnen, seine Einflussmaßnahmen in Libyen deutlich zu verstärken. Unter anderem hat Berlin die Ernennung von Martin Kobler zum UN-Sondergesandten für Libyen durchgesetzt. Kobler wird vom Auswärtigen Amt als einer „der fähigsten und erfahrensten deutschen Diplomaten“ bezeichnet.

Die Bemühungen des Westens um die Bildung einer libyschen „Einheitsregierung“ werden von Experten seit geraumer Zeit kritisch beurteilt. Bereits im Sommer 2015 hieß es etwa bei der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP), der von der UNO geführte „Vermittlungsprozess“ stütze sich in Libyen nicht nur auf teils überaus fragwürdige Kräfte; er habe darüber hinaus „die Zersplitterung“ des Landes sogar noch gefördert: „Er hat … Vertreter von lokalen Räten oder bewaffneten Gruppen ermutigt, für sich selbst zu sprechen, anstatt sich von den jeweiligen Parlamenten repräsentieren zu lassen.“ Im Dezember äußerte der Libyen-Experte der SWP, Wolfram Lacher, zudem, „seit etwa einem Monat“ – also etwa seit Beginn der Amtszeit von Martin Kobler als UN-Sondergesandter – werde die bisherige Maxime, dass es vor allem darum gehen müsse, dass „die Libyer sich einigen“, rücksichtslos „über Bord geworfen“. Der Westen wolle „unbedingt endlich die Bildung einer Einheitsregierung, die dann international anerkannt“ werde, selbst wenn sie „weitgehend machtlos“ sei. In der Tat ist letzte Woche auf Koblers Druck eine „Einheitsregierung“ gebildet worden, die Beobachter als chancenlos einschätzen.

Ursache für die Eile, die Kobler sowie Diplomaten anderer westlicher Mächte an den Tag legen, ist laut Lacher, dass Libyens neue Regierung „eine Einladung für ein internationales Vorgehen gegen den IS“ aussprechen soll. Dadurch soll bei einer militärischen Intervention zumindest der Anschein von Legitimität gewahrt werden. In der Tat hat der „Islamische Staat“ seine Stellung in Libyen im vergangenen Jahr ausgebaut, kontrolliert mittlerweile die Hafenstadt Sirte, ist dabei, seinen Einfluss auch in weiteren Städten zu stärken, und hat zuletzt immer wieder Angriffe auf zentrale Ölverladehäfen durchgeführt.

Während Berlin von der letzte Woche installierten libyschen Regierung vor allem eine Einladung zur Intervention erwartet, warnt SWP-Experte Lacher, es bestehe durchaus „die Gefahr“, dass die Regierung „legitim vor allem in den Augen westlicher und anderer Regierungen sein“ werde, „in den Augen der libyschen Bevölkerung aber weitaus weniger“. Für völlig kontraproduktiv hält der Libyen-Spezialist etwaige militärische Interventionen mit auswärtigen Truppen. Diese seien „kein gangbarer Weg“, sie würden vielmehr „auf sehr negative Reaktionen in Libyen stoßen“.

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"In Eile", UZ vom 29. Januar 2016



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