In der Existenzkrise der Partei nur zweitrangig

Von Klaus Seibert

Insgesamt halte ich den Entwurf des Leitantrags für einen positiven Beitrag, um die unterschiedlichen Positionen zusammenzuführen und unser Selbstverständnis klarzustellen. Insofern ist es ein Papier, dass sich nach innen in die Partei hinein richtet. Für eine Außendarstellung finde ich es allein schon der Sprache wegen (Parteichinesisch) für ungeeignet. Manche Punkte (z. B. Ökonomie) sind ausführlich dargestellt. Andere zentrale Politikfelder sind dagegen zu kurz gegriffen oder gar nicht erwähnt (z. B. Klimawandel).

In der Partei findet schon seit längerer Zeit eine intensive Diskussion über unsere Strategie und Taktik statt. In diesem Zusammenhang stellt der Entwurf des Leitantrages einiges klar, was in der letzten Zeit teilweise nur noch sehr verschwommen oder gar nicht mehr zu erkennen war oder von Teilen in unseren Reihen gänzlich in Zweifel gezogen wird. Ich meine hier die Frage unserer antimonopolistischen Grundorientierung, die von etlichen Genossinnen und Genossen absolut abgelehnt wird, ohne dass der PV sich bisher dazu geäußert hatte. Eine Klarstellung war hier dringend geboten. Auch dass nach mehreren Jahren der Begriff der Aktionseinheit wieder in einem zentralen Dokument erwähnt wird, sehe ich positiv. Allerdings wird der Begriff nicht erläutert, und auch der Weg, wie man diese richtige Orientierung umsetzen könnte, ist nicht beschrieben. Da für mich als langjähriger Betriebs- und Gewerkschaftsfunktionär dies ein zentraler Punkt unserer Politik sein müsste, ist bei der nicht unkomplizierten Situation der Arbeiterklasse meines Erachtens allein die Anerkennung des Begriffs „Aktionseinheit“ nicht ausreichend.

Zur Situation in der Partei: Die Situation in unserer DKP sehe ich als so bedrohlich an, dass ich die Diskussion zum Leitantrag für absolut untergeordnet ansehe. Unsere DKP befindet sich meiner Meinung nach in einer absoluten Existenzkrise. Die Problematik der Auflösung des Bezirks Südbayern und des angestrebten Unvereinbarkeitsbeschlusses gegenüber den Genossinnen und Genossen des „Netzwerks“ steht nach wie vor im Raum. Die Beschlüsse der 10. PV-Tagung und die Äußerungen im Referat von Patrik Köbele zur Bekräftigung dieses Vorhabens sind für mich absolut unverständlich. Sie verschärfen die Situation und werden den vielfältigen Reaktionen auf diesen Beschluss in keiner Weise gerecht. Wenn ich den Leitantrag ebenso wie unser Programm als Grundlage für ein gemeinsames Handeln ansehe, so ist meine Einschätzung, dass hier, ob man will oder nicht, die Situation weiter zugespitzt wird. Dies kann nur zum Schaden der Partei sein, wenn man einen Teil der Mitglieder zu einem Kotau zwingen oder gar aus der Partei herausdrängen will. Beides kann nur zu einer mehr als deutlichen Schwächung unserer Reihen führen, wenn nicht gar die Existenz der DKP als Partei gefährden. Was dies bei unserem derzeitigen Einflussmöglichkeiten bedeuten würde, kann sich jede(r) selbst leicht ausrechnen.

So, das sind jetzt einmal in aller Kürze meine Gedanken. Trotz unterschiedlicher Auffassungen wünsche ich uns allen eine solidarische Diskussion ohne persönliche Animositäten.

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"In der Existenzkrise der Partei nur zweitrangig", UZ vom 10. November 2017



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