Dülmener Bürgerkomitee will Stadtwerke vergesellschaften

In Bürgerhand

Ortwin Bickhove-Swiderski

Die Stadtwerke der Stadt Dülmen gehören zu 50 Prozent der Kommune. Die andere Hälfte der Stadtwerke sind im Besitz der E.ON-Tochtergesellschaft „Innogy Westenergie“. Klammheimlich sollte jetzt der bestehende Vertrag zwischen Kommune und Energiekonzern um weitere 20 Jahre verlängert werden. Eigentlich sollte die Vertragsverlängerung nicht-öffentlich durchgewunken werden. Jedoch machte der Stadtverordnete der Partei „Die Linke“, Klaus Stegemann, den ganzen Vorgang in der „Dülmener Zeitung“ öffentlich. Der Abgeordnete sollte daraufhin eine Rüge erhalten, weil er aus dem nicht-öffentlichen Teil der Ratssitzung berichtet hatte. Das erinnert stark an das einstmals in Dülmen herrschende preußische Landrecht von 1749: „Es ist den Untertanen bei Strafe verboten, ihre beschränkte Einsicht an die Handlungen der Obrigkeit anzulegen.“

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) in Dülmen forderte die Rücknahme der Rüge für Klaus Stegemann und schlug vor, die Dülmener Stadtwerke in Form einer Genossenschaft zu bewirtschaften. Bei einer Genossenschaft hätten die Dülmener Bürger auf die entscheidenden Faktoren direkten Einfluss, wie zum Beispiel auf die Preisgestaltung, und könnten aus ihrer Mitte heraus einen Aufsichtsrat mit fach- und sachkundigen Personen bestellen. Statdwerke in Bürgerhand hieße: weg von der Koppelung an unweltschädliche Brennstoffe und weg vom tradierten Parteiengeschacher und der Pöstchenvergabe in kleinen Kungelrunden und Hinterzimmern. Der Gewinn aus den Stadtwerken in Höhe von mehreren Millionen Euro versenkt die CDU-Mehrheit im Stadtrat in das prestigeträchtige Dülmener Spaßbad, der DGB regte vor kurzem an, die Gewinne lieber in die maroden Schulen und defekte Radwege zu investieren.

Im Zuge der Auseinandersetzung um die Verlängerung der privat-öffentlichen Partnerschaft mit dem Energiekonzern „Innogy Westenergie“ formierte sich das „Dülmener Bürgerkomitee“. Es besteht „aus Naturwissenschaftlern, Umweltaktivisten, Unternehmern, Gewerkschaftern und Pädagogen“ und setzt sich für genossenschaftliche Stadtwerke in Bürgerhand ein. „Der Mensch und die Natur stehen im Mittelpunkt und nicht der Profit“, schreibt das Komitee. Die angestrebte Genossenschaft solle aus drei Organen bestehen – der Generalversammlung, dem Vorstand sowie dem Aufsichtsrat. Bei dem genossenschaftlichen Modell liegt die Entscheidung immer bei den Genossen, die über die entsprechenden Anteilscheine verfügen. Eine Einflussnahme von Außenstehenden über Dritte ist nicht möglich. Damit hätten undurchsichtige Entscheidungen ein Ende und könnten transparent von allen Dülmener Bürgern überprüft werden.

Zurzeit sammelt das Bürgerkomitee Unterschriften gemäß Paragraf 26 der Gemeindeordnung in NRW zur Umwandlung der Stadtwerke in eine Genossenschaft. Zu der ersten öffentlichen Veranstaltung kamen über 60 interessierte Bürger, die Corona-Auflagen ließen nicht mehr zu. Die Dülmener Stadtverwaltung teilte unlängst mit, dass alle „Dinge“ bezüglich des Vertrages weiter im nicht-öffentlichen Teil der Ratssitzung behandelt werden „müssen“.

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"In Bürgerhand", UZ vom 23. Oktober 2020



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