Krankenhäuser schließen, Krankenkassenbeiträge steigen – Kriegsausgaben sowieso

Immer mehr für immer weniger

Als das Lauterbachsche „Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetz“ am 17. Oktober im Bundestag mit den Stimmen der Ampel-Koalition verabschiedet wurde, wird dem Bundesgesundheitsminister ein Stein vom Herzen gefallen sein. Auch wenn die Befassung im Bundesrat noch aussteht, weiß Lauterbach, dass er seine Krankenhausreform durchgesetzt hat.

Anders als zum Zeitpunkt der Ankündigung für seine „Revolution“ im Krankenhausbereich spricht er nicht mehr von der Entökonomisierung des Gesundheitswesens. 2022 hatte Lauterbach verkündet: „Die Medizin wird wieder in den Vordergrund der Therapie gestellt und folgt nicht der Ökonomie.“ Er konkretisierte damals: „Ohne Reform werden viele Krankenhäuser ungesteuert Insolvenz anmelden müssen. Mit der Reform bekommen Krankenhäuser wieder eine Perspektive.“ Nach der Verabschiedung im Bundestag klingen seine Verlautbarungen anders: „Mit dieser großen Reform steigern wir, nach fast drei Jahren Vorbereitung, die Behandlungsqualität in deutschen Krankenhäusern und sorgen für den Erhalt eines flächendeckenden Netzes guter Kliniken. (…) Gleichzeitig werden nicht notwendige Krankenhäuser abgebaut oder umgewandelt.“

Wenn man sich umhört, gibt es wenige Krankenhäuser, die „nicht notwendig“, geschweige denn „zu viel“ sind. Auch die immer wieder benannten nicht belegten Betten passen nicht in die Erfahrungswelt von Patientinnen und Patienten, Angehörigen und vor allem der Beschäftigten. Sie sind täglich mit überfüllten Stationen, schlechten Rahmenbedingungen und immer mehr Patientinnen und Patienten konfrontiert – und werden darüber selber krank.

Jetzt ist es also so weit. Der Krankenhausmarkt wird bereinigt und Krankenhäuser werden absehbar abgewickelt und weiter ungeplant in die Insolvenz rutschen. Der Aufbau ambulanter Strukturen, den es brauchte, um wirklich Krankenhausbetten abzubauen und im Sinne der Patienten gute Versorgung wohnortnah anzubieten, wurde mit der Reform gar nicht erst verfolgt. Das heißt, die stationäre Versorgung wird mit jedem Krankenhaus, das geschlossen wird, wohnortferner und schlechter.

Wie groß und ganzheitlich der Angriff auf die Lage der arbeitenden Klasse in Deutschland ist, wird durch die zeitgleich veröffentlichte Berechnung des Schätzerkreises der Gesetzlichen Krankenkassen deutlich. Sie geht für 2025 von einer erneuten Steigerung der Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung um durchschnittlich 0,8 Prozent auf dann 2,5 Prozent aus. Der Zusatzbeitrag kommt on top auf den Krankenversicherungsbeitrag von 14,6 Prozent und wird von den Kassen festgelegt.

Da die Beiträge hälftig von Beschäftigten und Arbeitgebern gezahlt werden, passiert nach der Ankündigung der Erhöhungen dreierlei im Sinne der Herrschenden: Erstens, die Krankenhausreform verschwindet im Nebel, weil mit den Erhöhungen der Beiträge ein neuer Aufreger da ist. Zweitens gibt es einen neuen Anlass für alle Kapitalfraktionen und ihre Parteien, die Lohnnebenkosten in Deutschland als Standortnachteil aufs Tableau zu heben und die sofortige Senkung mindestens der Arbeitgeberbeiträge zu fordern. Drittens, und das ist der zentrale Punkt: Die Daseinsvorsorge wird weiter abgebaut. Die Bürgerinnen und Bürger erleben nach der eingeschränkten Briefzustellung im nächsten Feld, woran sie sich in den kommenden Jahren gewöhnen müssen: Immer weniger Leistungen für immer mehr Geld.

Die bürgerlichen Medien unterstützen diesen Kurs, indem sie den Zusammenhang von Kostensteigerung und Leistungsreduzierung ausblenden. Konsequent wird zudem verschwiegen, dass die Sozialsysteme zerschlagen werden, um den NATO- und Aufrüstungskurs voranzutreiben. Viele Menschen lässt das hilflos zurück – Ohnmachtsgefühle und Resignation machen sich breit. Stellt man aber die Verbindung her von Kriegspolitik und Sozialabbau, steigt die Möglichkeit für einen wirklichen Kampf um Gesundheit, Brot und Frieden. Auch in den großen Tarifrunden im kommenden Jahr im Öffentlichen Dienst und bei der Deutschen Post AG wird es um mehr gehen als nur um Entgeltsteigerungen.

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"Immer mehr für immer weniger", UZ vom 25. Oktober 2024



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