Eine Grüne Meeresschildkröte schleppt sich mühsam den Strand hoch um ein Loch für ihre Eier zu graben – eindeutig ist dieses Tier nicht für den Aufenthalt an Land gebaut. Sie schafft es trotzdem und wird dabei zum ersten Star von „Cuba‘s wild Revolution“, dem 2019 gedrehten Naturfilm über Kuba und seine tierischen Einwohner.
Es ist ein Film, der sich wohltuend vom normalen Mediengebrabbel über die Karibikinsel abhebt, denn er operiert (zum größten Teil) mit Fakten und nicht mit Propaganda. Und so zeigt der Film ein Paradies, in dem sich Flora und Fauna vor dem Menschen geschützt entfalten können. Er verschweigt dabei keine Probleme, die mörderische Blockade der USA gegen Kuba wird zwar nicht explizit so benannt, aber es wird deutlich, dass das, was der Natur gut tut, nicht unbedingt auch komfortabel für den Menschen ist.
Der, so erfahren wir, treibt sich überhaupt erst seit 5.000 Jahren auf der Insel rum, Tiere dagegen seit ungefähr 3 Millionen Jahren, so zum Beispiel der sich in dieser langen Zeitspanne evolutionär nicht mehr verändernde, eineinhalb Meter lang werdende Kubanische Felsenleguan. Außerdem treibt sich dort herum (ohne Anspruch auf Vollständigkeit und nicht in der Reihenfolge der Beliebtheit bei der Autorin): der kleinste Kolibri der Welt, der kleinste Frosch der Welt, von den Sklavenschiffen abgehauene Geckos, die größte Haipopulation der Karibik, ein lebendes Fossil namens Manjuari, das unter Wasser lebt, aber Luft atmet, 26 Arten von Fledermäusen, von denen es sieben nur auf Kuba gibt, Krokodile und allerlei anderes Getier. Einheimische Säugetiere gibt es dafür nur eins.
Die großen Säugetiere namens Menschen, die auf die Insel eingewandert sind, tun heute einiges dafür, dass es der Tierwelt auf Kuba besser geht als in vielen anderen Orten der Welt. Die Berge, die einst den Revolutionären um Fidel und Che Schutz boten, sind heute Naturreservate und damit Überlebensort für Tiere. Seit der Revolution hat Kuba viel in den Schutz der Natur der Insel investiert.
Und manchmal ist diese Natur Sinnbild für menschliche Verhältnisse: Das Kubakrokodil zum Beispiel ist – allen Bemühungen der kubanischen Regierung zum Trotz – mit nur noch 3.000 lebenden Exemplaren vom Aussterben bedroht. Und wer ist schuld? Die US-amerikanische Verwandtschaft. Die kommen nämlich einfach zu der Insel geschwommen und versuchen rumzudominieren. Aber die kleineren Kubakrokodile wehren sich tapfer.
Ganz verkneift sich der Film antikommunistische Ressentiments nicht, wenn die Frage aufgeworfen wird, was denn nun passiert, nachdem „die Außenwelt“ über Dekaden „draußengehalten“ wurde. Aber die Fragestellung ist richtig. Mit der Ausweitung des Tourismus und dem Voranschreiten wirtschaftlicher Entwicklung stehen die Kubanerinnen und Kubaner auch beim Naturschutz vor neuen Herausforderungen. Sie werden sie lösen.
Ansonsten ist so ein Naturfilm nichts für schwache Nerven und nicht unbedingt was für Kinder. Bei ihren Wanderungen aus dem Wald zur Eiablage im Meer überqueren die Cangrejo Negro, die kubanischen Landkrabben, natürlich auch Straßen – da sieht es dann schnell aus wie bei uns bei der Krötenwanderung. Und was machen die überlebenden Krabben? Sie nehmen sich Teile ihrer toten Kumpels als Snack für Unterwegs mit. Vor und in den Fledermaushöhlen lauern Schlankboas aufs Abendessen und die süßen frisch geschlüpften Meeresschildkröten schaffen es nicht alle ins Wasser. Aber sie flitzen gemeinsam los. Allein hätten sie keine Chance.
Cuba‘s wild Revolution
Buch: John Murray
Kamera: Domenico Pontillo
Sprecher: Andrew Solomon
Abrufbar bei Netflix