ÖGB trauert auf Bundeskongress der Sozialpartnerschaft nach

Im Trancezustand

Von Josef Stingl

Unter „neuen“ Vorzeichen stand der 19. Bundeskongress des Österreichischen Gewerkschaftsbundes – die SPÖ, Schwesterpartei der Mehrheitsfraktion im ÖGB, ist nicht mehr in der Bundesregierung vertreten. Und die schwarz-blaue Regierung ist gerade dabei, wichtige Errungenschaften der Arbeiterbewegung wie Sozialversicherungen, Arbeiterkammer, Selbstverwaltung, 8-Stunden-Arbeitstag, Jugendvertrauensrat und vieles mehr zu demontieren.

Fast kein Grußwort, kein Referat, kein Bericht und kein Diskussionsbeitrag, in dem nicht Sozialabbau und die Aufkündigung der Sozialpartnerschaft angeprangert wurden. Eine Kampfansage an die zuvor kritisierten Wirtschafts- und Regierungsspitzen blieb aus, sie wurden um Rückkehr an den Verhandlungstisch geradezu angefleht.

Im Beitrag der Linksgewerkschafterin Anne Rieger (Steirischer GLB-Landesvorstand) fehlte das Plädoyer für die Sozialpartnerschaft. Die nüchterne Analyse: „Wir müssen davon ausgehen, dass von Unternehmer- und Regierungsseite die Sozialpartnerschaft aufgekündigt ist!“ Als ein Beispiel führte Rieger die Zerschlagung des einheitlichen Metaller-Kollektivvertrages an. Der Bundessekretär des gewerkschaftlichen Linksblocks (GLB) Oliver Jonischkeit legte den Fokus auf die gesetzliche Arbeitszeit. Die im Leitantrag geforderte Verkürzung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit bei vollem Lohn- und Personalausgleich wertete er positiv, dringlich sei der Kampf gegen den 12-Stunden-Arbeitstag. GLB-Bundesvorsitzender Josef Stingl äußerte zur Sozialpartnerschaft: „Geht ein Partner ständig fremd oder beschimpft und verhöhnt einen noch zusätzlich, dann muss man sich eben scheiden lassen.“

Alle GLBlerinnen verwiesen in ihren Beiträgen überdies auf den vom Linksblock eingebrachten Initiativantrag für einen bundesweiten Aktionstag des ÖGB und der Gewerkschaften. Der Antrag selbst wie ein ähnlicher der Initiative „#ÖGBaufrütteln“ wurde an den ÖGB-Bundesvorstand überwiesen.

Nach Erich Foglar ist nun Wolfgang Katzian neuer ÖGB-Präsident. Im Schlusswort meinte der neue Präsident: „Wir sind keine Hosenscheißer!“ Die Bundesregierung brachte fast zeitgleich den Initiativantrag für den 12-Stunden-Tag und die 60-Stunden-Woche im Parlament ein. Für den 30. Juni mobilisiert der ÖGB zu einer Großdemonstration gegen den 12-Stunden-Tag nach Wien.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Im Trancezustand", UZ vom 29. Juni 2018



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit