Aus der Partei des möglichen nächsten Bundeskanzlers, der CDU, kommen vorsichtig positive Äußerungen zum Vorstoß von US-Präsident Donald Trump, die USA würden „den Gazastreifen übernehmen“. Trump hatte bereits zum zweiten Mal gefordert, die vollständige palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens zu vertreiben, und erklärt, er wolle das Gebiet dann in eine „Riviera des Nahen Ostens“ transformieren. Außenminister Marco Rubio hatte auf X geschrieben: „Make Gaza Beautiful Again!“ Der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Johann Wadephul, hatte dazu erklärt, es sei „gut, dass die USA Verantwortung übernehmen“, und hinzugefügt: „Wir teilen die Analyse“, der Status quo sei „nicht haltbar“. Die Zustimmung des CDU-Abgeordneten gilt einer Politik, die das internationale Recht offen missachtet. In Panama benutzt die US-Regierung eine Annexionsdrohung, um die Behörden zu veranlassen, einem chinesischen Konzern die legal erworbene Befugnis zum Betrieb zweier Häfen zu entreißen und sie US-Unternehmen zu übertragen. Berlin schweigt dazu. In Gaza könnte von Trumps Drohung sein Schwiegersohn Jared Kushner persönlich profitieren.
„Einfach säubern“
US-Präsident Donald Trump hatte kürzlich verlangt, die palästinensische Bevölkerung des Gazastreifens solle von dort vertrieben und zwangsweise andernorts untergebracht werden. Es gehe insgesamt „um eineinhalb Millionen Menschen“, behauptete Trump am 25. Januar. Diese Menschen müssten in Ägypten und in Jordanien angesiedelt werden. Man solle „das ganze Ding“ – den Gazastreifen, der ohnehin „ein Abrissgelände“ sei – „einfach säubern“. Der Vorstoß hatte den Beifall mancher Politiker der extremen Rechten in Israel gefunden, war aber ansonsten weltweit auf Ablehnung gestoßen. Er bricht umfassend mit dem gängigen internationalen Recht.
„Make Gaza Beautiful Again“
Am Dienstag legte der US-Präsident nach einem Treffen mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nach. Er gab an, er habe mit Netanjahu explizit über die „Umsiedlung“ der Palästinenser aus dem Gazastreifen gesprochen. „Die USA werden den Gazastreifen übernehmen“, kündigte Trump an. „Ich erkenne eine langfristige Eigentümerposition, und ich sehe, dass sie diesem Teil des Nahen Ostens große Stabilität bringt, vielleicht sogar dem gesamten Nahen Osten.“ Trump bekräftigte, er schließe nicht aus, zur Durchsetzung seines Vorhabens US-Truppen in den Gazastreifen zu entsenden. Den vertriebenen Palästinensern müssten Unterkünfte außerhalb des Gebiets bereitgestellt werden. Auf die Frage, wer denn in Zukunft im Gazastreifen leben solle, erklärte Trump: „Die Leute der Welt. Ich denke, man wird einen internationalen, unglaublichen Ort daraus machen.“ Man habe „eine Gelegenheit, etwas zu tun, was phänomenal sein könnte“. Diese Gelegenheit müsse man nutzen. Von einer „Riviera des Nahen Ostens“ war im Hinblick auf die Strände des Gazastreifens die Rede. Außenminister Marco Rubio lobte die Pläne auf X explizit und fügte hinzu: „Make Gaza Beautiful Again.“ Auch Netanjahu äußerte sich zustimmend: „Ich meine, es ist etwas, was die Geschichte verändern kann. Und ich meine, man sollte es versuchen.“
„Wiederaufbauengagement“
Trumps erneuter Vorstoß ist – wie schon sein erster – gleichfalls weltweit auf Ablehnung gestoßen. Auch in Deutschland überwiegt Kritik; sogar Außenministerin Annalena Baerbock, die gewöhnlich US-amerikanischen sowie israelischen Positionen äußerst nahe steht, ging auf Distanz und nannte eine etwaige „Vertreibung der palästinensischen Zivilbevölkerung“ aus dem Gazastreifen „inakzeptabel und völkerrechtswidrig“. Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Michael Roth (SPD), stellte fest, Trumps Vorhaben laufe klar auf „Landraub, ethnische Säuberung und Kolonialismus“ hinaus. Aus der Partei des möglichen nächsten Bundeskanzlers Friedrich Merz (CDU) gab es jedoch auch vorsichtig zustimmende Äußerungen. Trump habe „erwartbar disruptive Elemente in der Nahostpolitik“ präsentiert, urteilte der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Johann Wadephul: „Es ist gut, dass die USA Verantwortung übernehmen, sich der Zukunft des Gazastreifens widmen“ – und dass sie sich zudem „schon jetzt zu einem langfristigen Wiederaufbauengagement bekennen“. „Wir teilen die Analyse, dass der bisherige Status quo langfristig nicht haltbar ist“, fügte Wadephul erläuternd hinzu.
Raubpolitik
Die vorsichtige Zustimmung des CDU-Abgeordneten gilt einer Politik, die das internationale Recht offen missachtet und in einem rasanten Tempo die Drohung mit der Annexion fremder Territorien normalisiert – mit der Absicht, entweder die Annexion selbst oder andere Ziele gegen Schwächere durchzusetzen. Trump hat die Drohung mit der Annexion Grönlands mehrfach geäußert; ob und, wenn ja, wie er sie verfolgen wird, ist offen. Die Drohung mit einer Annexion des Panamakanals hat inzwischen dazu geführt, dass Panama sich genötigt fühlt, eine gewaltsame Übertragung zweier Häfen an US-Unternehmen in Betracht zu ziehen. Dabei handelt es sich um die Häfen an den beiden Enden des Panamakanals, die seit 1997 von dem chinesischen Konzern CK Hutchison betrieben werden. CK Hutchison gehört nicht dem chinesischen Staat, sondern einem alteingesessenen Geschäftsmann aus der früheren britischen Kolonie Hongkong, Li Ka-shing. In Panama werden nun unter US-Druck Pläne geschmiedet, dem Konzern unter einem simplen Vorwand die Häfen zu entreißen und sie US-Interessenten zu übertragen. Diese Form faktischen Raubes ließe sich wiederholen. Es stelle sich die Frage, heißt es bereits, „welches Land in Lateinamerika als nächstes von Washington dazu gedrängt werden könnte, sich von China loszusagen“.
Die Trump Organization
Im Fall des Gazastreifens könnte von Trumps Drohpolitik sein Schwiegersohn Jared Kushner persönlich profitieren. Der Trump-Clan hat in den vergangenen Jahren, wie es in einem aktuellen Bericht der New York Times heißt, lukrative Geschäfte vor allem im Nahen und im Mittleren Osten gemacht. Bei einigen handelt es sich lediglich um den simplen Verkauf von Namensrechten an die Besitzer von Hotels, Golfclubs oder weiteren Einrichtungen, durch die die Trump Organization Dutzende Millionen US-Dollar einnimmt. Derartige Geschäfte seien etwa in Saudi-Arabien, in den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Oman geschlossen worden, heißt es. Kushner wiederum leitet eine Private-Equity-Gesellschaft, die rund 4,5 Milliarden US-Dollar verwaltet; das Geld stammt vor allem aus den arabischen Golfstaaten, und es ist, heißt es, mit Hilfe von Beziehungen eingesammelt worden, die Kushner in Trumps erster Amtszeit als dessen Berater knüpfte. Auf Kushner geht auch die Idee zurück, den Gazastreifen für Immobilien-Investments zu nutzen, wie sie für die Trump Organization recht typisch sind. „Gazas Küstengrundstücke könnten sehr wertvoll sein“, urteilte Kushner im vergangenen Jahr auf einer Veranstaltung der Harvard’s Kennedy School of Government; und dann empfahl er Israel, wo er selbst geschäftlich fest verankert ist: „Schafft die Leute raus und räumt dann auf.“