Andauernder Waffenstillstand noch nicht besiegelt, da sorgen US-Pläne für Gaza in Israel für Begeisterung

Im Gleichschritt gegen Palästina

Der „Netzarim-Korridor“ ist eine Pufferzone, mit dem die israelische Armee den Gazastreifen südlich von Gaza-Stadt zerteilt hat. Er ermöglichte es der israelischen Armee, Angriffe im Norden und im Zentrum des Gazastreifens durchzuführen und humanitäre Hilfslieferungen in den Norden des Gazastreifens zu kontrollieren. Am Wochenende zog die israelische Armee aus dem Korridor ab – als Teil des Waffenstillstandsabkommens. Die erste Phase des Abkommens wird umgesetzt; die Verhandlungen über die zweite und schwierigere Phase stehen noch bevor. Dabei geht es unter anderem um den Austausch der verbliebenen Geiseln und um das Ziel, einen länger andauernden Waffenstillstand zu erreichen.

Eine israelische Delegation ist zwar bereits zu Verhandlungen nach Doha abgeflogen, hat aber keinerlei Mandat; die Entscheidung darüber liegt noch beim israelischen Sicherheitskabinett. Aus Sicht der Hamas hat Israel vielfach gegen die Waffenstillstandsvereinbarung verstoßen, deshalb soll der Austausch weiterer Gefangener zunächst verschoben werden. Für Netanjahu könnte das den Vorwand bieten, den Deal platzen zu lassen. Israelische Medien berichteten bereits darüber, dass er dieses Ziel verfolgt. Und Trump droht schon unverhohlen, den Waffenstillstand beenden zu wollen, sollte Hamas nicht alle Geiseln bis Samstag freilassen.

Israels Ministerpräsident hat außerdem deutlich gemacht, dass Israel nach wie vor die Hamas vernichten will. Bestärkt wird Netanjahu in seiner Haltung von US-Präsident Donald Trump. Dessen zynischer Plan, den Gaza-Streifen als Immobilien-Projekt zu betrachten und die Einwohner nach Jordanien oder Ägypten umzusiedeln, stieß bei Netanjahu auf begeisterte Zustimmung. Er sprach provokativ und angeblich versehentlich sogar davon, dass die Palästinenser ihren Staat in Saudi-Arabien gründen sollten – zur Empörung der saudischen Regierung.

Israelische Politiker von Mitte bis Rechts begrüßten Trumps Idee aus vollem Herzen oder waren offen dafür. Kommentatoren priesen den „Mut“ des Plans und im Fernsehen gab es Debatten darüber, wie die Idee umgesetzt werden könnte. Verteidigungsminister Yoav Gallant hat das Militär bereits angewiesen, Pläne für die Umsetzung auzuarbeiten. Der israelische Historiker Tom Segev hingegen brachte es auf den Punkt: „Allein die Tatsache, dass es diesen Vorschlag gab, öffnet das Tor dafür, ein solches Verbrechen – die ethnische Säuberung – zu legitimieren.“ Eine Politik, die Israel mit der Zerstörung des Gazastreifens und der Vertreibung seiner Bewohner von einem Ort zum anderen schon lange betreibt.

Die Vereinten Nationen haben Trumps Vorstoß, den Gazastreifen unter US-Kontrolle zu stellen, scharf zurückgewiesen. Ähnlich äußerte sich die Organisation für Islamische Zusammenarbeit, für die Gaza ein integraler Bestandteil eines palästinensischen Staates ist. Auch die Staaten der Region protestierten. Inwieweit sie dem Druck der USA gegebenenfalls standhalten könnten, ist eine andere Frage. Sowohl das Königreich Jordanien als auch Ägypten sind militärisch und finanziell auf die Unterstützung der USA angewiesen. So hatte Trump sicher nicht ganz unrecht, als er sagte: „Der König und der Präsident sagen jetzt nein, aber ich habe das Gefühl, dass sie ihre Herzen doch noch öffnen und uns die Unterstützung geben werden, die wir brauchen.“ Trump wird womöglich ein Angebot machen, das sie nicht ablehnen können. Doch vorerst musste Trump Abstriche an seinem Plan machen. Zunächst schloss er ein militärisches Eingreifen der USA aus, dann verschob er die Umsetzung auf später. Erst nach dem Ende der Kampfhandlungen solle Israel den Gazastreifen den USA wie eine reife Frucht übergeben.

Mit Trumps Plan sehen sich die EU und Deutschland in ihren eigenen Überlegungen für Palästina eingeschränkt. Früher ging es ihnen um eine Zweistaatenlösung, heute sprechen sie längst nur noch von der „Perspektive einer Zweistaatenlösung“. Diese Perspektive besteht seit Jahrzehnten und sie könnte– ginge es nach EU und Deutschland – noch weitere Jahrzehnte bestehen. Trumps Plan zerstört selbst diese Perspektive. Trump, Netanjahu und die Knesset schließen eine Zweistaatenlösung völlig aus. Die Übergabe des Gazastreifens an die USA würde ihr endgültiges Aus besiegeln.

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"Im Gleichschritt gegen Palästina", UZ vom 14. Februar 2025



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