Unter dem Motto „100 Jahre Sozialpartnerschaft – erfolgreich in die Zukunft“ fand am 16. Oktober in Berlin eine gemeinsame Festveranstaltung der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) statt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hielt die Festrede.
Am 15. November 1918, sechs Tage, nachdem die Novemberrevolution den Kaiser zu Fall gebracht hatte und tausende Arbeiter- und Soldatenräte die Macht in den Städten und den Kasernen übernommen hatten, schloss der Rüstungsindustrielle Hugo Stinnes mit dem Vorsitzenden der Gewerkschaft, Carl Legien, eine dubiose Vereinbarung. Stinnes machte große Zugeständnisse: 8-Stunden-Tag, Betriebsräte mit sozialen Funktionen im Betrieb etc. Im Gegenzug versprach Legien, dass die Eigentumsverhältnisse nicht angetastet und die Arbeiter-und-Soldaten-Räte verschwinden würden. Die Räte und der zentrale Reichsrätekongress Mitte Dezember 1918 hatten die Sozialisierung der Schlüsselindustrien und die Kontrolle der Betriebe durch die Arbeiter gefordert, ebenso die Bestrafung der Kriegsgewinnler.
Stinnes verdiente 300 bis 400 Mio. Reichsmark im Krieg, genug, um mit anderen Industriellen die Freikorps zu finanzieren. Legien hat sein Versprechen gehalten. Sein Parteifreund in der Regierung, Gustav Noske, sandte in den folgenden Monaten Freikorps und Armee gegen streikende Arbeiter in Berlin, die Räterepublik in Bremen und in Bayern. Tausende Arbeiter wurden getötet.
Hierüber verlor der Festredner kein Wort. Stattdessen Zufriedenheit bei den Vertretern der Deutschen Arbeitgeberverbände und der DGB-Führung während der Feier mit dem Bundespräsidenten.
Vielen Gewerkschaftsmitgliedern dürfte das Hohelied auf die hundertjährige Partnerschaft mit den Großunternehmern sauer aufgestoßen sein.