Die österreichische Bundesregierung verschärft ihre Angriffe auf das Hochschulwesen und greift damit das Recht auf freie Bildung an. Kaum wurde die Novellierung des Universitätsgesetzes beschlossen, die neben neuen ECTS-Hürden (also derAnzahl sogenannter Credits, die man zu einem bestimmten Zeitpunkt braucht, um nicht exmatrikuliert zu werden) auch Verschlechterungen für das wissenschaftliche Personal bereithält, folgt schon die nächste Novelle. Dieses Mal soll es darum gehen, sogenannte „Weiterbildungsstudien“ anzubieten. Universitäten und Fachhochschulen bieten schon jetzt sogenannte Lehrgänge an, jetzt sollen diese Lehrgänge aber systematisch auf eine höhere Stufe gehoben werden, wofür eigene Titel geschaffen wurden: der Bachelor beziehungsweise Master of Continuing Education (BCE/MCE) und der Bachelor beziehungsweise Master Professional (BAP/MAP), welcher international sonst nirgends existiert.
Die staatliche Umstrukturierung der außerordentlichen Lehrgänge hin zu gleichwertigen Studiengängen hat aber einen doppelten Boden: Es geht um wesentlich mehr als darum, „Transparenz“ zu schaffen, noch handelt es sich um einen Alleingang Österreichs im EU-Rahmen, wie linksliberale politische Kräfte gerne monieren. Vielmehr wird nun die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, dass „außeruniversitäre Rechtsträger“ gemeinsam mit den Rektoraten Verträge aushandeln dürfen, die direkt das Curriculum tangieren. So dürfen etwa Hochschulen nur dann einen Bachelor beziehungsweise Master Professional anbieten, wenn dies in Kooperation mit eben jenen „außeruniversitären Rechtsträgern“ erfolgt. Derweil hat das Ministerium noch keine erschöpfende Definition für den Begriff „außeruniversitäre Rechtsträger“ geliefert, Firmen werden aber explizit nicht ausgeschlossen. Auch Kammern, wie die Wirtschaftskammer oder Rechtsanwaltskammern, könnten darunterfallen.
Heinz Faßmann, parteiloser Bildungsminister in der Regierung aus Österreichischer Volkspartei und den Grünen, kündigte zudem an, dass die Weiterbildungsstudien von den ECTS-Hürden und anderen Verschärfungen der UG-Novelle ausgenommen seien. Diese Ungleichbehandlung sei laut Ministerium aber rechtens, da ja die Weiterbildungsstudien hohe Gebühren nach sich ziehen und die Teilnehmenden an eine bereits vorhandene Ausbildung anknüpfen, wohingegen das Bachelorstudium nur die universitäre „Erstausbildung“ sei. Die Tendenz, Hochschulen zu Ausbildungszentren im Dienste der Konzerne umzuwandeln, bestätigt sich allein durch die Rhetorik.
Die Industriellenvereinigung (IV) freut sich über die Möglichkeiten, gemeinsame Curricula zwischen Wirtschaft und Hochschulen auszuarbeiten. Endlich, müsste man sagen. Denn die von der EU seit der Bologna-Reform geförderte Bildungspolitik, „Synergien“ zwischen Wirtschaft und Gesellschaft, zwischen Studierenden und den Unternehmern zu schaffen, entfaltet sich auch mit dieser Reform.