NATO rüstet weiter gegen China und Russland auf

Im Blutrausch

Reiner Braun

Das Kriegsbündnis schreibt seine Konfrontationsstrategie fort. Im Jahr 2020 beauftragte NATO-Generalsekretär Stoltenberg eine Gruppe von zehn „Experten“, über die Zukunft der NATO nachzudenken. In ihrem Bericht „NATO 2030: United for a New Era“ („Vereint für eine neue Ära“) unterbreiten sie 138 Vorschläge, die dem Militärbündnis helfen sollen, die wichtigsten Herausforderungen des nächsten Jahrzehnts zu bewältigen. Im Dokument wird die propagandistische Behauptung wiederholt, das Bündnis beruhe auf den Grundsätzen der Demokratie, der individuellen Freiheit und der Rechtsstaatlichkeit, um Stabilität und Wohlstand zu fördern. In Wirklichkeit ist die Geschichte der NATO mit Blut getränkt.

Das Militärbündnis und mehrere seiner Mitgliedstaaten haben Staatsstreiche mit initiiert und Diktaturen unterstützt. Sie führten und führen weltweit Kriege wie in Algerien, Vietnam, den Balkan, Afghanistan, Irak und Libyen, was zu Millionen unschuldiger Opfer und „failed states“ (gescheiterte Staaten) führt. Mit der Agenda „NATO 2030“ werden diese endlosen Kriege trotz des Afghanistan-Desasters fortgesetzt.

„NATO 2030“ verwendet eine Wahrnehmung von Bedrohungen mit dem primären Ziel, Aufrüstung und globale militärische Expansion zu legitimieren. Der Bericht verwendet eine feindselige Sprache, in der China und Russland als „Systemrivalen beziehungsweise Feind“ stigmatisiert werden, und enthält Empfehlungen, die zu einer wachsenden Konfrontation führen werden. Obwohl von keinem der beiden Länder eine militärische Bedrohung ausgeht, steigert die NATO ihre Propaganda, um weiter steigende Militärausgaben zu rechtfertigen.

Immer wieder wird hervorgehoben, es geht gegen die neue Supermacht China und das wiedererstarkte Russland. Aufrüstung und Konfrontation werden betont, nicht-militärische Lösungen ohne Vorherrschaft und Aggression sind für die NATO undenkbar. China ist der „Systemgegner“, Russland der „Feind“. Diese Analyse und ihre Konsequenzen beinhalten die Gefahr einer Eskalationsdynamik hin zu einem großen Krieg, in Manövern werden diese Kriege geübt – im Süd- und Ostchinesischen Meer sowie an der russischen Grenze.

Die Herausforderungen wie Klimawandel, Verlust der Artenvielfalt und Umweltschutz werden für die Konfrontationsstrategie zu Delegitimierung und Destabilisierung, nicht aber zur Lösung globaler Herausforderungen instrumentalisiert. Aufrüstung und Abschreckung sind die Antwort der NATO auf die Klimaerwärmung – absurd, aber gefährlich, weil die ökologische Dimension der Herausforderungen zur Begründung von Kriegseinsätzen und Interventionen genutzt wird.

Während Rüstungskontrolle und Abrüstung in den NATO-Diskussionen zu weniger als einem Lippenbekenntnis verkommen, betont der Bericht die Notwendigkeit der Abschreckung und der Aufrechterhaltung von Atomwaffen. Er fordert eindringlich die Erneuerung und Erweiterung des Atomwaffenpotentials als entscheidendem Element der Abschreckungspolitik der NATO. Als unverzichtbar werden Cyber War und die Nutzung des Weltraums für kriegerische Zwecke angesehen – Militarismus überall, auch in den auftauenden Arktis und Antarktis.

Die NATO verlangt von ihren Mitgliedern, dass sie sich an der nuklearen Lastenteilung beteiligen. Drei NATO-Mitglieder, die USA, Großbritannien und Frankreich, verfügen über Kernwaffen und modernisieren ihre Arsenale. Fünf NATO-Mitglieder – Deutschland, Belgien, die Niederlande, Italien und die Türkei – beherbergen US-amerikanische Atomwaffen auf ihrem Hoheitsgebiet – auch diese werden neu justiert.

Mit besonderer Gewichtung behandelt der Bericht eine Vertiefung der institutionellen Beziehungen der NATO mit der EU. Ergänzende unabhängige europäische Verteidigungskapazitäten und militärische Maßnahmen, die mit den Zielen der NATO übereinstimmen, werden als Teil einer Agenda zur Lastenteilung begrüßt. Sie sollen die die militärische Macht der NATO stärken. Das Ziel, 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für militärische Zwecke auszugeben, wird von der NATO und der EU geteilt.

Der Bericht 2030 bestätigt, die NATO war historisch und ist aktuell ein Kriegs- und Interventionsbündnis, das den geostrategischen Interessen der westlichen dominierenden Mächte, besonders der USA, sowie den Profitinteressen des internationalen militärisch-industriellen Komplexes dient – niemals den Friedensinteressen der Menschen. Nukleare und konventionelle Abrüstung, eine Welt ohne Atomwaffen, die Unterstützung des Atomwaffenverbotsvertrags sind für die NATO Fremdwörter.

Es bleibt die Herausforderung der Friedensbewegung, eine alternative Politik, die der gemeinsamen Sicherheit, durchzusetzen und alles zu tun, dass die NATO auf dem Schrotthaufen der Geschichte landet. Der Klimakiller NATO muss überwunden werden, sei es durch den Austritt einzelner Länder, sei es durch ein kollektives Sicherheitssystem, sei es durch eine neue friedliche und gerechte Weltordnung oder durch eine Kombination von allem.

Der Autor ist im Koordinierungskreis „No to War – No to NATO“ und bei der Kampagne „Stopp Airbase Ramstein“ aktiv.

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"Im Blutrausch", UZ vom 27. August 2021



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