Der verstorbene DDR-Außenpolitiker Bruno Mahlow meinte einmal, das imperialistische Deutschland habe nicht einen Vertrag mit Russland oder der Sowjetunion eingehalten. Das trifft auch auf den „Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland“ (Zwei-plus-Vier-Vertrag) zu, der am 12. September 1990 in Moskau unterzeichnet wurde. In seinem Fall begannen Täuschung und Betrug wieder einmal bereits beim Zustandekommen. Bekannt und nachgewiesen sind die mündlichen Versicherungen westlicher Vertreter, es werde keine Ausdehnung der NATO nach Osten geben. Im Juli 1990 stimmte Michail Gorbatschow, zunächst gegenüber US-Präsident George W. Bush und dann gegenüber Helmut Kohl zu, dass das vereinte Deutschland Mitglied des Paktes werden könne. Die sowjetische Führung verzichtete damit auf ihre bis dahin erhobene Forderung nach deutscher Blockfreiheit.
Einer Täuschung gleich kam auch die Behauptung, der angestrebte Vertrag zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkriegs werde an die Stelle eines Friedensvertrages treten und Deutschland zu Frieden verpflichten. Inzwischen räumen auch staatsfromme Historiker ein, dass es bei der Vermeidung des Begriffs „Friedensvertrag“ ausschließlich darum ging, Reparationsforderungen aus den Reihen der 65 Staaten, die gegen das faschistische Deutschland im Zweiten Weltkrieg gekämpft hatten, zu vermeiden. Das betraf schon 1990 insbesondere Griechenland. 2021 kam ein internes Papier des Bonner Auswärtigen Amtes vom 21. März 1990 ans Licht, in dem es hieß: „45 Jahre nach Beendigung des Zweiten Weltkriegs und weit über 30 Jahre nach der von den Alliierten zu unterschiedlichen Zeiten erklärten Beendigung des Kriegszustandes, nach Jahrzehnten friedlicher und vertrauensvoller und fruchtbarer Zusammenarbeit der Bundesrepublik Deutschland mit der internationalen Staatengemeinschaft und nach umfangreichen für die Regelung der Kriegsfolgen erbrachten Leistungen hat die Reparationsfrage ihre Berechtigung verloren.“ Dabei blieb es bis heute, auch nach den Reparationsforderungen, die Griechenland und Polen 2017 erhoben.
Entscheidend war jedoch: Die Bestimmung in Artikel 2 des Zwei-plus-Vier-Vertrages – „Die Regierungen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik bekräftigen ihre Erklärungen, dass von deutschem Boden nur Frieden ausgehen wird“ – wurde noch während des Ratifikationsprozesses von Bonn mit Füßen getreten. Die sowjetische Ratifikationsurkunde wurde am 15. März 1991 in Bonn hinterlegt, womit der Vertrag in Kraft trat. Zu dem Zeitpunkt beteiligte sich die Bundeswehr bereits indirekt am Angriffskrieg gegen den Irak, den die USA und ihre Verbündeten unter Lügen („Iraker reißen Babys aus Brutkästen in Kuwait“) am 17. Januar entfesselt hatten. Sie stellte verschiedener Truppenkontingente in der Türkei bereit. Am 18. März 1991 landete schließlich Finanzminister Theo Waigel in Washington und überreichte mit triumphaler Geste einen Scheck in Höhe von 16,9 Milliarden DM, die geschätzt 15 bis 20 Prozent der Kosten von „Desert Storm“ deckten.
Von deutschem Boden ging so wenige Monate nach dem Ende der DDR wieder Krieg aus – und die Bundesregierung war sich des Verstoßes gegen den Zwei-plus-Vier-Vertrag durchaus bewusst. Die Beteiligung am jetzigen Krieg gegen Russland ist das vorläufige Ende einer Kette, die damals begann: Jugoslawien, Afghanistan, erneut im Irak, Mali und die systematische Aufrüstung der Ukraine sind einige Glieder dieser Kette. Ende nicht absehbar, Steigerung beabsichtigt.