Am Montag haben die Delegierten des IG-Metall-Gewerkschaftstags einen neuen Vorstand gewählt. Neue Vorsitzende ist Christiane Benner mit 401 Ja- und 15 Nein-Stimmen (96,4 Prozent). Das ist das beste Wahlergebnis seit 58 Jahren, 1965 hatte Otto Brenner fast 99 Prozent Zustimmung erhalten.
Benner ist die erste Frau an der Spitze der Industriegewerkschaft. In den rund 132 Jahren ihrer Organisationsgeschichte hatten IG Metall und Vorgängerorganisationen bislang ausschließlich männliche Vorsitzende. Die 55-jährige Soziologin ist künftig zuständig für den Bereich Grundsatzfragen und Gesellschaftspolitik sowie die Betriebspolitik.
Neuer Zweiter Vorsitzender ist Jürgen Kerner. Für ihn stimmten 95,6 Prozent der Delegierten. Er leitet die Bereiche Industriepolitik, Branchenarbeit sowie Kommunikation und Mitglieder. Nadine Boguslawski erhielt 87,4 Prozent der Stimmen. Die bisherige Geschäftsführerin der IG Metall Stuttgart ist die neue Hauptkassiererin und wird darüber hinaus die Tarifpolitik der IG Metall führen. Hans-Jürgen Urban kam auf 95,2 Prozent Zustimmung. Er ist zuständig für die Bereiche Sozialpolitik, Arbeitsgestaltung und Qualifizierungspolitik. Der bisherige Geschäftsführer von Homburg-Saarpfalz, Ralf Reinstädtler, erhielt 92,2 Prozent der Stimmen und wird künftig die gewerkschaftliche Bildungsarbeit anleiten.
Gegenkandidaten gab es keine. Neben den fünf geschäftsführenden Vorstandsmitgliedern wählten die Delegierten auch 29 ehrenamtliche Mitglieder des Vorstands der IG Metall – überwiegend Betriebsräte und IG-Metall-Vertrauensleute aus den Betrieben. Kurz vor der Vorstandswahl war die schon 2011 beabsichtigte Verkleinerung des Geschäftsführenden Vorstands beschlossen worden. Statt sieben Mitglieder hat er nun nur noch fünf. Diese Satzungsänderung wurde ohne jede Diskussion bei nur wenigen Gegenstimmen beschlossen. Neu in der Satzung verankert wurde, dass unter den beiden Vorsitzenden mindestens eine Frau sein muss.
Christiane Benner hat in ihrer Rede mehrere Ziele formuliert. Sie will die Industrie weiterentwickeln und verhindern, dass sie abgewickelt wird im „größten Umbau seit mehr als 100 Jahren“. Und sie will die IG Metall als größte deutsche Einzelgewerkschaft mit knapp 2,2 Millionen Mitgliedern in der Öffentlichkeit und in den Medien sichtbarer machen.
Die neue Führungsspitze der Gewerkschaft will sich als Team präsentieren in einer „engen Zusammenarbeit mit den Bezirken“. Neue Konzepte sollen „von unten nach oben entstehen“. Wichtig ist Benner eine gute Gleichstellungspolitik und ein Abbau struktureller Nachteile für Frauen in der Arbeitswelt. Eine „kurze Vollzeit“ von 32 Stunden für Männer und Frauen gleichermaßen ist ihrer Ansicht nach ein richtiges Mittel gegen den Fachkräftemangel. Diese Forderung soll aber zunächst auf die Stahlindustrie beschränkt sein.
Benner warnte in ihrer Rede vor dem Aufstieg der AfD und setzt dagegen die Notwendigkeit der Stärkung der Demokratie in Betrieb und Gesellschaft und mehr Mitbestimmung. Eine klare Haltung gegen rechts sei „historische Verpflichtung“ der Gewerkschaften.
Die über 400 Delegierten des Gewerkschaftstages beraten bis zum 26. Oktober (nach Redaktionsschluss) in Frankfurt am Main. Rund 540 Anträge liegen ihnen vor, darunter zu den Themen Friedenspolitik und Arbeitszeitverkürzung.