Baerbock dreht und wendet das Völkerrecht – Die alte Weltordnung rettet sie damit nicht

Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt

Es vergeht kaum ein Tag, an dem die Weltreisende in Sachen Völkerrecht, Annalena Baerbock, nicht mit überraschenden Botschaften zu Krieg und Frieden aufwartet. Zwar konnte sie Australien wegen mehrfachdefekter Landeklappen des Regierungsfliegers nicht mit einem persönlichen Besuch behelligen. Dafür erfreute sie zumindest den erlesenen Zuhörerkreis des NATO-treuen Think-Tanks „Lowy Institute“ mit Sitz in Sydney am 22. August mit einer in gewohnt gestochenem Englisch gehaltenen Videobotschaft. Die frohe Kunde lautete: Das 16.500 Kilometer entfernte Deutschland wird sich an dem bevorstehenden Luftwaffenmanöver „Pitch black“ (pechschwarz) beteiligen. Deutschland wird auch über dem Indopazifik verteidigt. Denn, „wenn in Ihrer Region gegen das Völkerrecht verstoßen wird, dann kann es auch an jedem anderen Ort verletzt werden. Ihre Sicherheit ist auch für unsere Sicherheit von Bedeutung“, so die grüne Außenministerin.

Die finstere Macht in der Region ist für Baerbock China. Sie ist in großer Sorge über den Verlust angestammter Einflusssphären des Westens: „Wir beobachten, wie sich zahlreiche Länder stärker China zuwenden. Und wir müssen ehrlich zugeben: Oft liegt das an einem Mangel an Alternativen. Das wollen wir ändern.“ Durch die Bundesluftwaffe – mag man ergänzen.

Die Zeichen der Zeit sprechen gegen Baerbock. Ihre Werbetour, mit der die Länder des globalen Südens von den antirussischen Wirtschaftssanktionen der Wertegemeinschaft NATO und EU überzeugt werden sollten, trägt keine Früchte. In Brasilien, Südafrika und den arabischen Staaten zeigt man ihr die kalte Schulter. Schlimmer noch: Beim jüngsten BRICS-Gipfel in Johannesburg wurden gleich sechs neue Mitglieder aufgenommen – Argentinien, Ägypten, Äthiopien, Iran, Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate. 20 weitere Länder stehen auf der Warteliste.

Der Wind hat sich gedreht, das Dollarimperium sieht seine Felle davonschwimmen. „Eine eigene Währung wäre die maximale Eskalation“, schreibt voll transatlantischer Anteilnahme die „Süddeutsche Zeitung“ am 28. August. „BRICS mit Paukenschlag, Baerbock erschreckt sich“, schrieb die „Berliner Zeitung“. Nicht China und Russland sind international isoliert, sondern NATO und EU. Die Sanktionen tropfen ab und schaden vor allem der deutschen Bevölkerung.

Annalena – „Ich komme aus dem Völkerrecht“ – Baerbock kennt nur eine Antwort: Der Krieg muss militärisch gewonnen werden. Und das am besten völkerrechtlich legitimiert. Wie das hinzubiegen ist, hat sie vor mehr als einer Dekade an der London School of Economics (LSE) zu lernen versucht. Ihre Idee der Einrichtung eines internationalen Sondertribunals gegen Russland ist allerdings mit dem abschlägigen Votum in der Sachverständigenanhörung des Auswärtigen Ausschusses am 6. Februar gefloppt. Die von den USA unterstützten Streugranateneinsätze in der Ukraine sind für die Expertin völkerrechtlich nicht von Belang. In der vergangen Woche gab sie in der „Tagesschau“ dann aber zum Besten, Drohnenangriffe auf zivile Einrichtungen und Infrastruktur in und um Moskau seien grundsätzlich vom Völkerrecht gedeckt: „… die Ukraine verteidigt sich im Rahmen des internationalen Rechts.“

Dabei wäre es so einfach gewesen, einmal das Richtige zu sagen. Wer angreift oder verteidigt, das ist der von 195 Staaten unterschriebenen Genfer Konvention egal. Das humanitäre Völkerrecht gilt für alle. „Alle nicht militärischen Ziele sind zivile Objekte. Diese Objekte dürfen weder angegriffen noch zum Gegenstand von Repressalien gemacht werden.“ (Konvention, Artikel 52 I Zusatzprotokoll)

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"Ich mach’ mir die Welt, wie sie mir gefällt", UZ vom 1. September 2023



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