Ursula von der Leyen macht Ernst. Die Kriegsministerin dieser Bundesregierung will nach jahrelangen politischen und medialen Vorbereitungen die Rolle der Bundeswehr neu definieren. Der Konflikt in der Ukraine, besonders die von ihr so genannte „Annexion“ der Krim, haben ihr und ihren Generälen die Steilvorlage geliefert, zusätzliche Milliarden Euro zu fordern. Zur Vorbereitung gehörte ein neues „Weißbuch“, das nach langer Verzögerung 2016 veröffentlicht wurde. In ihm wird die bis dahin vorherrschende Fokussierung auf Auslandseinsätze in Frage gestellt. Die Bundeswehr müsse, so das umfangreiche Papier, in der Landes- und Bündnisverteidigung so ausgerüstet, soll heißen aufgerüstet werden, dass dieser Part gleichrangig neben der Verteidigung deutscher Monopolinteressen wo auch immer auf der Erde bespielt werden kann.
Dem „Weißbuch“ folgt nun, der inneren Logik folgend, das Grundsatzpapier mit dem wohlklingenden Namen „Konzeption der Bundeswehr“. Behauptet wird darin, dass die Bundeswehr in ihrer derzeitigen personellen und technischen Bestückung ihren „Beitrag zur nationalen Sicherheitsvorsorge“ nicht ausreichend leisten kann. Ein hoher Nachholbedarf wird unterstellt, die Truppe sei kaputtgespart worden, da ein sogenanntes „dynamisches Verfügungsmanagement“ an die Stelle einer „vollständigen Ausstattung“ getreten sei. Dieser Fehlentwicklung müsse nun energisch gegengesteuert werden, die Sicherheitslage Deutschlands und seiner europäischen Verbündeten habe sich entscheidend verändert. Neben der anhaltenden Krise in der Ukraine, an der die alte und die neue Bundesregierung kräftig mitgewirkt haben, sei die gesamte europäische „Friedensordnung“ in Gefahr geraten. Die Sanktionen gegen Russland haben nicht die gewünschte Wirkung, selbst Teile der deutschen Konzerne wollen die Rücknahme dieser Maßnahmen. Doch von der Leyen und ihre Parteifreunde im Kabinett drehen an der Schraube, reden über Bedrohungsszenarien wie „Cyberwar“, Infiltration der Industrie und den „islamistischen Terror“. Für die Umsetzung ihrer Aufrüstungspläne braucht es anscheinend eine gehörige Portion Hysterie im Volk.
Allein für diese Legislatur hat von der Leyen bereits einen zusätzlichen Bedarf von 12 Milliarden Euro angemeldet, bekommen soll sie bisher weniger als die Hälfte. Dem Haushaltsentwurf hat die Ministerin daher nur unter Vorbehalt zugestimmt. Ein heftiger Streit mit dem Koalitionspartner SPD ist bereits entbrannt. Die Vorlage aus dem Kriegsministerium will die vollständige Verteidigungsfähigkeit zu Lande, zu Wasser, in der Luft, im Weltraum und im Cyberraum. Künftig sollen drei voll ausgestattete Divisionen mit acht bis zehn Brigaden zur Verfügung stehen, die innerhalb von drei Monaten voll einsatzbereit sein sollen. Die Luftstreitkräfte sollen in den kommenden 15 Jahren in die Lage versetzt werden, einen multinationalen Verband zu führen. Pro Tag sollen bis zu 350 Aufklärungs- und Kampfeinsätze geflogen werden können, drei Viertel davon entfielen dann auf die Bundeswehr.
Zu Wasser sollen künftig mindestens 15 Schiffe und Boote gleichzeitig einsatzbereit sein. Hierfür müssten dem Fähigkeitsprofil nach in den kommenden Jahren sechs Tender, vier Fregatten und die Minenabwehreinheiten ersetzt werden. Auch soll die Bundesregierung bereits der Anschaffung zweier weiterer Versorgungs- und Kommandoschiffe zugestimmt haben. So ganz überraschend ist das nicht, denn bereits das „Weißbuch 2016“ hatte die strategische Leitlinie vorgegeben. Dieser Umbau der Bundeswehr, begründet auch mit der 2-Prozent-Vorgabe der NATO, wird also nicht nur Abermilliarden Euro kosten und die angemaßte Führungsrolle Deutschlands innerhalb der imperialistischen Kernländer festigen, sondern die weitere Militarisierung des Landes vorantreiben.
Mit der Unterschriftenkampagne „Abrüsten statt Aufrüsten“ vereinen Gewerkschafterinnen und Friedensaktivisten derzeit ihren Kampf für den Frieden und gegen die Konfrontation mit Russland. Die DKP unterstützt diese Kampagne und will bis zum UZ-Pressefest am 7. bis 9. September 30000 Unterschriften sammeln.