Geheimdienstverbund „Five Eyes“ übt Druck auf deutsche Regierung aus

Huawei-Boykott mit deutscher Beteiligung?

Von german-foreign-policy.com

In den Auseinandersetzungen um einen Boykott des chinesischen Konzerns Huawei zieht die Bundesregierung das Einschwenken auf eine Kampagne des Geheimdienstpakts „Five Eyes“ in Betracht, dies geht aus Medienberichten in Kanada und Australien hervor. Bei den „Five Eyes“ handelt es sich um einen Verbund von Geheimdiensten, der letztlich aus gemeinsamen Aktivitäten der Vereinigten Staaten und Großbritanniens im Zweiten Weltkrieg entstanden ist. Ihm gehören neben den beiden Gründern auch Kanada, Australien und Neuseeland an.

Die Boykottkampagne gegen Huawei ist im Juli von Geheimdienstchefs der fünf englischsprachigen „Five Eyes“-Länder unter Führung der USA gestartet worden. Sie diente nicht nur dazu, die zunächst aus wirtschaftlichen Gründen widerstrebenden Regierungen Großbritanniens und Kanadas unter Druck zu setzen, sondern auch dazu, den Druck unter anderem auf Deutschland und Japan zu erhöhen. Experten in Australien spekulieren, Berlin könne für eine Teilnahme an dem Boykott die Aufnahme in die „Five Eyes“ erhalten, die der BND seit vielen Jahren anstrebt. Zugleich heißt es in Berlin, man müsse 5G von Konzernen aus der EU errichten lassen, um „die eigene Technologie-Kompetenz zu erhalten“. Deutsche Manager fürchten einen unaufholbaren Rückstand gegenüber China und laufen Sturm.

Dem Juli-Treffen vorausgegangen war eine Offensive der wichtigsten US-Geheimdienste. Am 13. Februar 2018 hatten die Leiter von sechs US-Spionagebehörden, darunter CIA, FBI und NSA, auf einem Hearing ausdrücklich vor Huawei gewarnt und US-Bürgern nahegelegt, auch privat keine Smartphones des chinesischen Konzerns zu kaufen. CIA-Direktor war damals der heutige US-Außenminister Mike Pompeo. Zehn Tage später traf Australiens Premierminister Malcolm Turnbull bei einem Besuch in Washington mit NSA-Direktor Mike Rogers sowie dem Nationalen Geheimdienstdirektor Dan Coats zusammen. Beide drangen darauf, Canberra solle gleichfalls auf Huawei-Produkte verzichten – insbesondere beim Aufbau des australischen 5G-Netzes. Schon zwei Tage danach teilte das australische Verteidigungsministerium mit, es werde alle Smartphones von Huawei und dem ebenfalls chinesischen Konzern ZTE ausmustern, die mehrere Dutzend Mitarbeiter bis dahin genutzt hatten. Damit waren Huawei wie auch ZTE nicht nur in den USA aus dem Rennen, sondern auch in Australien deutlich geschwächt.

Schwieriger ist es offenbar gewesen, Großbritannien und Kanada von einem Huawei-Boykott zu überzeugen. Großbritannien kooperiert seit vielen Jahren recht eng mit dem chinesischen Konzern, der sich im Jahr 2010 sogar zur Zusammenarbeit mit britischen Geheimdienststellen bereit erklärt hat, um jeglichen Verdacht auf Spionage oder andere gegen britische Interessen gerichtete Tätigkeiten auszuräumen. Zudem streben vor allem die britischen Befürworter eines Austritts aus der EU ein Freihandelsabkommen mit China an. Kanada wiederum kooperiert ökonomisch recht eng mit der Volksrepublik und ist bemüht, gegenüber der Trump-Regierung eigene Spielräume möglichst hartnäckig zu bewahren. Greifbare Fortschritte gemacht hat die Kampagne gegen Huawei nach der Festnahme von Meng Wanzhou, der Finanzchefin des Konzerns, am 1. Dezember auf dem Flughafen im kanadischen Vancouver. Beobachter schließen nicht aus, dass US-Stellen den Übergriff gezielt in Kanada inszenierten, um die dortige Regierung zu einer Positionierung zu zwingen.

Treffen die Berichte zu, dann stellt sich die Frage nach der Ursache des Kurswechsels, der den Interessen der deutschen Wirtschaft massiv zuwiderläuft. BDI-Präsident Dieter Kempf sprach sich bereits in der vergangenen Woche strikt dagegen aus, einem Konzern „ganz egal welcher Provenienz, welchen Namens, welcher Herkunft, per se eine Gefährdung zu unterstellen“. Die deutsche Wirtschaft rechnet zum einen damit, dass ein Ausschluss von Huawei zu einem teureren und zugleich langsameren Ausbau von 5G führen und damit deutschen Firmen strategisch schwerwiegende Nachteile bei einer zentralen Zukunftstechnologie einbrocken wird. Zudem haben mehrere deutsche Konzerne begonnen, in Bereichen wie autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz, in denen die Bundesrepublik deutlich in Rückstand geraten ist, auf Kooperation mit Unternehmen aus der Volksrepublik zu setzen, darunter Huawei. Ob diese Kooperation die erhofften Profite hervorbringen kann, wenn Berlin sich parallel am Versuch beteiligt, einen der erfolgreichsten und populärsten chinesischen Konzerne zu ruinieren, steht in den Sternen.

Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, erläuterte schon im Dezember: „Um langfristig unabhängig zu bleiben, müssen wir … darauf achten, die eigene Technologie-Kompetenz zu erhalten – auch wenn dies kurzfristig teurer ist.“ Der Zugriff fremder Geheimdienste auf das deutsche 5G-Netz wäre allerdings womöglich gerade bei einer solchen Lösung gesichert. Die „Five Eyes“ haben im September klargestellt, dass sie von Kommunikationsanbietern „Hintertüren“ verlangen, über die sie Zugriff auf die Kommunikation erhalten – genau das also, was sie Huawei vorwerfen.

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"Huawei-Boykott mit deutscher Beteiligung?", UZ vom 25. Januar 2019



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