Hoffnung auf Frieden

Günter Pohl über Kolumbien

„Der Krieg ist zurück“ – so die bürgerliche Journaille, die nie einen Fuß in Kolumbien hatte, geschweige sich mit Gewerkschaftern oder Bauern unterhalten hat, deren Kollegen oder Familienmitglieder ermordet wurden, weil sie für sich das Recht auf Vereinigungsfreiheit in Anspruch genommen hatten oder darauf, auf dem eigenen Boden zu leben und anzupflanzen. Und die schon gar nicht Guerilleros der FARC nach deren Motiven, solche Menschen zu verteidigen, fragt.

Der Krieg ist angeblich zurück – denn ein Teil der ehemaligen Guerilla, die sich 2016 zur Abgabe der Waffen und zur Umwandlung in eine politische Partei entschlossen hatte, wird den bewaffneten Kampf wieder aufnehmen. Das stellten Kommandant Iván Márquez und enge Gefährten im Verteidigungskrieg gegen die Oligarchie in einem am 29. August verbreiteten Manifest klar. Darin weisen sie zu Recht auf die zahlreichen Morde an ehemaligen Guerilleros und deren Familienangehörigen hin und darauf, dass es weltweit keinen zweiten zwischen zwei Seiten ausgehandelten Konflikt gab, der am Ende von dritten – hier: dem Verfassungsgericht und den USA – ausgehebelt wurde.

Die Gruppe um Iván Márquez und Jesús Santrich wird diesen Weg nach offizieller – noch mehr, heutiger – Lesart ohne den Rest der Führung der 2017 zur politischen Partei „Alternative Kraft des gemeinen Volks“ (ebenfalls FARC) gewandelten Organisation gehen. Wie viele Mitglieder der Partei wieder in den bewaffneten Kampf eintreten, ist Gegenstand vieler Spekulationen. Spekulationen, die so lange anhalten, wie sich nicht darum bemüht wird, die Gründe des im Kern 200 Jahre alten und dann 1948 massiv ausgebrochenen Konflikts auszuleuchten. Ansonsten wüsste man, dass der Widerstand im Land nicht von zeitweise 15 000 Aufständischen unter Waffen, sondern von Hunderttausenden im ganzen Land auf die eine oder andere Art aktiv und von Millionen passiv geführt wurde – und wird, wenn nicht alle Zeichen trügen. Krieg kam in der Geschichte immer von oben, ist meist ein Enteignungs- und Übernahmeprogramm und richtet sich grundsätzlich gegen die Interessen derer, die ihre Arbeitskraft verkaufen müssen. Wer das nicht begreift, begreift auch nicht, auf welche verschiedenen Arten man versucht hat, den kolumbianischen Konflikt zu überwinden.

Eine davon war 1964 die Gründung der FARC, später in FARC-EP umbenannt. Eben deshalb besteht perspektivisch wieder Hoffnung auf Frieden.

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"Hoffnung auf Frieden", UZ vom 6. September 2019



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