Allen Versprechungen zum Trotz: Das Plattmachen nimmt kein Ende. In weiteren fünf Karstadt-Filialen werden nicht nur die Verkaufsregale leergeräumt. Entsorgt wird auch das Personal. Betroffen sind jetzt die Häuser in Bottrop, Recklinghausen, Mönchengladbach-Rheydt, Dessau und Neumünster.
In Bottrop und Dessau bleiben die Türen ab dem 31. März 2016 geschlossen. In Recklinghausen, Neumünster und Mönchengladbach ist es der 30. Juni, drei Monate später. 500 Arbeitsplätze werden dadurch vernichtet.
Zuvor trifft es in diesem Jahr die Karstadt-Warenhäuser in Hamburg und Stuttgart, zwei K-Town-Filialen in Göttingen und Köln sowie zwei kleinere Center in Paderborn und Frankfurt/Oder. Rene Benko, ein österreichischer Immobilienspekulant, der gerade mal neun Monate den Konzern besitzt, räumt auf und zerstört seit dem Kauf des Konzerns von Nicolas Berggruen allein in diesem Jahr die Existenz von 950 Beschäftigten.
Aus der Noch-Konzern-Zentrale in Essen wird man nicht müde zu erklären, dies alles wäre notwendig, damit der Handelskonzern endlich aus der Krise käme. Doch darum geht es nicht. Ginge es um eine Neuorientierung und um den Erhalt der restlichen Arbeitsplätze, könnten die neuen Eigentümer die vielen Vorschläge des Gesamtbetriebsrates und der Fachgewerkschaft ver.di nutzen. Diese hatten immer wieder davor gewarnt, den Konzern kaputt zu sparen und vorgeschlagen, den Konzern mit einem an den Kundenbedürfnissen ausgerichteten Warenangebot umzugestalten. Außerdem gehöre zu einem höheren Preissegment eine optimale Beratung mit genügend Personal.
Stattdessen setzt auch Benko auf Personalabbau und prekäre Beschäftigung. Seit acht Jahren bekommen die Beschäftigten erheblich weniger Geld als im Tarifvertrag Handel vereinbart ist. Hintergrund ist der Abschluss mehrerer „Sanierungstarifverträge“, die ver.di mit den jeweiligen Konzernbossen vereinbart hatte. Darin zugesagte Rückzahlungen wurden nicht nur durch Berggruen, sondern ebenfalls durch Benko verweigert.
Die Abkopplung vom Tarif hat den Beschäftigten rund 750 Millionen Euro weniger Lohn- und Gehalt gebracht. Die Karstadt-Tarifkommission von ver.di fordert genau aus diesem Grund die sofortige Rückkehr in die Tarifbindung des Handels und verlangt eine Standort- und Beschäftigungssicherung.
Benko trennt sich selbst von gut laufenden Häusern wie Stuttgart, wenn – wie in diesem Fall – Immobilienspekulation mehr einbringt, bzw. das Verkaufen von Waren langsamer seine Taschen füllt. Das Stuttgarter Haus war hoch profitabel. Dort findet man demnächst ein Einkaufscenter. Der Österreicher kassiert mit der Miete mehr in einem Monat, als die Ausbeutung der dortigen ehemaligen Beschäftigten des Karstadt-Konzerns erbracht hätte.
Immer wieder wird erkennbar, dass Benko mit dem Erwerb Karstadts mehr beabsichtigt, als ein biederer Kaufmann zu werden. Das war er nie und ist nicht sein Ziel. Benko und seine Signa-Group spekulieren hauptsächlich mit Immobilien und Grundstücken in Bestlagen. Spätestens da hätte es bei den Betriebsräten und gewerkschaftlichen Interessenvertretungen klingeln müssen. Befinden sich doch alle großen Häuser in Toplagen der Innenstädte, deren Grundstücke sich zu Höchstpreisen verkaufen lassen. Zu dieser Strategie passt, dass wiederum die Übernahme des Kaufhofkonzerns seit Mitte Mai im Gespräch ist.
Mit einem zweiten Anlauf will sich der Immobilienspekulant nun die Galeria-Kaufhof-Kette einverleiben. Ganze 2,9 Mrd. Euro hat er dafür geboten. In zahlreichen Städten befinden sich Kaufhof und Karstadt Filialen in Sicht- oder Laufweite. Mit dem Kauf der Metrotochter Kaufhof könnte man problemlos jeweils eine der Filialen zum Abschuss freigeben und gutes Geld verdienen. Denn die Kaufhof-Häuser in Köln, Hannover, Hamburg, Berlin, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf machen fünfzig Prozent des Immobilienwerts aus. Übernimmt Benko Kaufhof, wird die Zahl der Standorte wie bei Karstadt reduziert werden.
Hinzu kommt, dass man nur eine Konzernzentrale benötigt. Köln oder Essen wären dann überflüssig und ließen sich ebenfalls zur Profitmaximierung verwerten. Alles geschieht unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit. Doch Hellhörigkeit ist angesagt. Eine mehrjährige Arbeitsplatz- und Standortgarantie soll Benko der Gewerkschaft ver.di in Aussicht gestellt haben. Ob ver.di dies glaubt, nach den Erfahrungen, die bei Karstadt gemacht wurden? Man darf gespannt sein.