Bundespolitiker diskutieren über den nächsten Auslandseinsatz der Bundeswehr. Großbritannien fordert europäische Solidarität und eine „Schutzmission“ für einen Piratenakt gegen den Iran in der Straße von Hormus. Dessen Präsident Ruhani nennt das ein „feindliches Signal“.
Am 4. Juli kaperte eine Spezialeinheit der britischen Marine den iranischen Tanker „Grace I“, der seitdem in Gibraltar festgehalten wird. Begründung: Er habe Öl geladen für Syrien. Eine nach internationalem Recht unzulässige Aktion, denn die Sanktionen gegen Syrien sind eine EU-Entscheidung und haben somit keinen internationalen Charakter. Mehr als eine Woche später, nach vielfachen diplomatischen Bemühungen seinerseits, setzte der Iran den britischen Tanker „Stena Impero“ fest – unter Berufung auf Verletzungen internationalen Rechts. Diese Reaktion auf den „Piratenakt“ vor Gibraltar kann nicht überraschen. Mittlerweile hat Iran einen Austausch der Tanker vorgeschlagen. Daran denkt Großbritannien nicht, stattdessen hat es das zweite Kriegsschiff in die Straße von Hormus entsandt. Offenbar geht es um eine dauerhafte Belagerung im Persischen Golf vor der Küste Irans.
Der britische – damals noch – Außenminister Jeremy Hunt forderte eine europäische Koalition zur Entsendung von Kriegsschiffen in die Straße von Hormus. Frankreich, Italien und Dänemark sollen ihre Teilnahme bereits zugesagt haben. In der Debatte um die Beteiligung deutschen Militärs zeigen sich nationale und internationale Kampffronten.
Nach einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses im Deutschen Bundestag am 24. Juli zitierte „Focus online“ unter Berufung auf den Nachrichtendienst RND Außenminister Heiko Maas (SPD) mit den Worten „Wir wollen da dabei sein!“ Da war er wohl einmal mehr vorschnell, denn seine Partei hat die Beteiligung zunächst ausgeschlossen. Am 29. Juli wurde die Äußerung Maas‘ per Reuters dementiert.
Nur peinlich, dass der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), an der Haltung des Außenministers auf der Sitzung „nichts zu beanstanden“ hatte. Allein dessen Partei sei aus „innerparteilicher Schwäche und Orientierungslosigkeit“ nicht in der Lage, die Handlungsfähigkeit Deutschlands, des Exportweltmeisters, sicherzustellen. „Wir müssen uns für unsere Interessen und für das Recht und unsere Verbündeten einsetzen“, so Röttgen.
Das sieht auch der Präsident des Industrieverbandes BDI, Dieter Kempf, so. Es gehe darum, „die Stärke des internationalen Rechts“ zu sichern. „Dabei ist es eine Frage der Solidarität unter uns Europäern, dass sich auch die Handelsnation Deutschland an einer solchen Mission beteiligt“, so Kempf. Schützenhilfe für diese Position kam von Wolfgang Ischinger, Leiter der Münchner „Sicherheits“konferenz: Die Bundesrepublik „darf nicht von der Reservebank aus zuschauen, wenn jetzt eine maritime Schutzmission am Golf diskutiert wird“. Und von den Grünen. Deren außenpolitischer Sprecher, Omid Nouripour, erklärte die Bereitschaft „für Gespräche über eine EU-geführte Marinemission“. Die AfD ist ohnehin an Bord.
Der Vorfall um den britischen Tanker scheint eine gute Gelegenheit, die EU politisch und militärisch gegen die USA nach vorne zu schieben. Röttgen im Interview: Das ist „ein wirklicher Glaubwürdigkeitstest dafür, ob die Rhetorik Politik wird, dass unsere Antwort auf ‚America first‘ ‚Europe united‘ ist.“ Die Bevölkerung wird ein weiteres Mal sturmreif geschossen. Militärisches Eingreifen wird zunehmend als alternativlos dargestellt, sich dem zu verweigern ist Schwäche, Orientierungslosigkeit, undeutsch.
„EU = Krieg“ war die Losung der DKP im EU-Wahlkampf. Es war nicht leicht, sie zu erklären. Das Friedensprojekt EU ist einfach zu schön, um nicht wahr zu sein. Da vertraut man getrost einem Außenminister, wenn er „mit kluger Diplomatie … Wege zur Vertrauensbildung findet und Spannungen abbaut“. Das ist so beruhigend, wie wenn einer bei 35 Grad im Schatten den Heizlüfter aufstellt und sagt: Jetzt machen wir es uns mal so richtig gemütlich.