In Stuttgart formierte sich Anfang Oktober das Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“, um den sozialen Protest und den Kampf für den Frieden auf die Straße zu bringen. Das Bündnis veranstaltet regelmäßig Kundgebungen in Stuttgart. UZ sprach mit Konni Lopau, die das Bündnis mitgegründet hat.
UZ: Als Bündnis „Heizung, Brot und Frieden“ macht ihr seit einiger Zeit Kundgebungen an verschiedenen Plätzen in Stuttgart. Wie ist die Resonanz darauf?
Konni Lopau: Unsere Kundgebungen finden donnerstags statt, wo sonst keine Kundgebungen stattfinden. Die Teilnehmerzahlen nehmen langsam zu, aber es sind noch keine Massen. Im Stuttgarter Stadtteil Feuerbach waren es zum Beispiel rund 50 Menschen. Es bleiben aber Leute stehen. Manchmal fragen sie sogar, ob sie ein Foto machen dürfen, weil es ihnen so zusagt, was wir machen.
Wir veranstalten die Kundgebungen nicht als DKP, sondern Einzelpersonen melden sie an, nicht um uns zu separieren. Wir versuchen immer fortschrittliche Leute zu gewinnen, aus der Linkspartei, ehemalige Linksparteiler, aus der Friedens- und aus der Umweltbewegung sowie aus dem gewerkschaftlichen Spektrum und der Protestbewegung gegen Stuttgart 21. Das werden wir auch weiter so machen. Zum Beispiel sprach letztens Annette Groth, ehemalige Bundestagsabgeordnete und ehemals Linkspartei, auf unserer Kundgebung.
UZ: Ihr seid nicht die einzigen, die jetzt auf die Straße gehen. Wäre es da nicht sinnvoll, Kräfte zu vereinigen?
Konni Lopau: Wir halten den Weg, den wir jetzt gehen, für richtig, auch wenn er mühselig ist. Die Alternative wäre, dass wir uns in ein Bündnis reinzwängen, wo wir dann nicht mehr so unsere Inhalte vertreten können.
Es gibt zur Zeit viele Angebote in Stuttgart zum Protestieren. Die Linkspartei sagt auf ihren Kundgebungen im Prinzip „Preise runter, Löhne rauf“ und ignoriert bewusst den Zusammenhang mit den Sanktionen. Das Bündnis „Solidarität und Klassenkampf“ aus dem autonomen Spektrum verfährt ähnlich und lässt den Zusammenhang mit dem Wirtschaftskrieg aus.
Dann gibt es noch die Sozialproteste von rechtsoffenen Strukturen. Am 16. Oktober war von denen eine Kundgebung, die hieß „Baden-Württemberg steht auf – Marsch durch Stuttgart“ mit Jürgen Todenhöfer als Redner. Ich war dort und habe unsere DKP-Stadtzeitung „Stuttgart links“ verteilt. Die sagen zwar, ihr regiert uns kaputt, aber sie bleiben immer an der Erscheinungsebene hängen. Dann kommt halt so was raus wie das Transparent auf der Kundgebung, auf dem stand „Trommeln für Deutschland“. Es wird nicht reflektiert, welche Rolle der Kapitalismus und der Imperialismus dabei spielen. Danach wurden wir angesprochen, ob wir jetzt auf die Querdenker orientieren. Nein, wir orientieren nicht darauf, aber wir sind der Meinung, dass man sich das anschauen muss. Man kann nicht einfach sagen, Schublade auf, Schublade zu. Es gibt Menschen, die einfach sauer sind, und die darf man nicht denen überlassen, die für Deutschland trommeln.
Am kommenden Samstag findet in Stuttgart eine Kundgebung der AfD unter dem Motto „Wehrt euch gegen Armut, Not & Kälte – Unser Land zuerst“ statt. Vielleicht sagen die, was schief läuft, aber drehen das dann in eine Richtung, in der der deutsche Imperialismus nicht mehr Hauptfeind der Werktätigen in unserem Land ist. Wir werden uns mit einem Transparent „Die Alternative zum Kapital ist sozial, nicht rechtsradikal“ davorstellen.
UZ: Worin unterscheidet sich euer Bündnis von den anderen?
Konni Lopau: Wir stellen den Zusammenhang her zwischen der Verarmungspolitik – Heizung und Brot – und Frieden. Das kann man nicht von einander trennen, wie es andere machen.
Zum Beispiel am 22. Oktober, als Gewerkschaften, Sozial- und Umweltverbände zum „Solidarischen Herbst“ mobilisiert hatten, war es nicht erwünscht, dass man diesen Zusammenhang aufzeigt. Wir hatten auf der Kundgebung trotzdem ein Transparent mit, auf dem stand: „Löhne rauf, Preise runter – Wirtschaftskrieg und Aufrüstung stoppen – Raus aus der NATO“ (im UZ-Shop erhältlich: kurzelinks.de/transparent). Wir hatten die Befürchtung, dass wir damit Ärger bekommen, weil es hieß ja, dass alle, die den „Angriffskrieg verharmlosen“, nicht erwünscht sind und konsequent entfernt werden. Aber uns ist nichts passiert. 200 verteilte UZ zeigen, dass unsere Meinung gehört wird. Unser Auftritt gemeinsam mit der SDAJ kam im Allgemeinen gut an.
Von den Organisatoren kam zum Thema Frieden so gut wie nichts, obwohl in Stuttgart die US-Kommandos EUCOM und AFRICOM ihren Sitz haben. Über das EUCOM werden alle US-Atombomben in Europa befehligt. Daher sind wir Zielscheibe Nummer eins. Der ehemalige EUCOM-Chef Tod D. Wolters sagte schon 2020, er sei ein Befürworter eines flexiblen atomaren Erstschlags. Am 24. Februar, als der Krieg in der Ukraine eskalierte, befehligte AFRICOM einen Drohnenangriff gegen Somalia. Der Tod ist ein Meister aus Stuttgart, hieß es deswegen auf einem Transparent. Trotzdem dürfen wir nicht einen Antiamerikanismus propagieren, sondern müssen den deutschen Imperialismus, der eine neue Führungsrolle übernehmen will, im Blick behalten.
UZ: Am 17. November findet eure nächste Kundgebung statt, diesmal in Bad Cannstatt. Was ist bisher geplant?
Konni Lopau: Es wird verschiedene Redebeiträge geben, unter anderem von einem Genossen von der Kommunistischen Plattform der Linkspartei. Zudem ist ein Friedensaktivist angefragt, ob er auf der Kundgebung Gitarre spielen will. Wir backen kleine Brötchen, aber wir backen sie.