Zwei der großen Buchhandelsunternehmen wollen fusionieren. Thalia, Branchenprimus mit rund 950 Millionen Euro Jahresumsatz, und die Mayersche Buchhandelskette mit rund 180 Millionen Euro Jahresumsatz schließen sich zusammen. Die letzte Nachricht in dieser Größenordnung war die von der Fusion von Hugendubel, Weltbild und einigen kleineren Regionalisten. Sie kam 2008 wie aus heiterem Himmel. Jetzt verschieben sich erneut die Gewichte in der Branche. Diesmal ist es keine große Überraschung, denn nun geht es nur noch darum, dem mächtigsten Konkurrenten auf dem Buchmarkt, dem US-Riesen Amazon, überhaupt noch Paroli bieten zu können.
Nachdem beide Fusionspartner die letzten 40 Jahre damit verbracht haben, den kleinteilig strukturierten Sortimentsbuchhandel überall in der Republik ins Abseits zu schieben, sind die dadurch gewonnenen Extraprofite wohl nicht mehr zu realisieren. Beide Unternehmen haben über Großflächen und eine scheinbare Angebotsvielfalt den Buchhandelskonsumenten zu der Annahme verleitet, dort gäbe es die meiste Auswahl und fachkundige Beratung. Die Verlage wurden gezwungen, höchste Handelsspannen einzuräumen, sonst wurden sie nicht mehr „gelistet“. Selbst die Verlage, die notgedrungen beim ruinösen Spiel mitmachten und weiter mitmachen, werden zusätzlich zu Werbekostenzuschüssen und sonstigen Nebenabreden genötigt. Dann wurde der Druck durch fehlende Umsatzsteigerungen sowie schmaler werdende Profite immer stärker und sowohl Thalia als auch die Mayersche reagierten, indem sie Filialen schlossen oder Ladenflächen verkleinerten. Hunderte von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern traten den Weg zum Jobcenter an. Die Manager probierten alle möglichen Konzepte – Zentrallager, Ausdünnung des Angebots, Ramschaktionen und ähnliches – viel hat es nicht genützt.
Amazon ist mit einem Umsatz bei Büchern von über 1 Milliarde Euro faktisch die Nummer Eins unter den deutschen Buchhändlern, gefolgt von Thalia. Weitere Online-Händler erwirtschaften zusammen noch einmal rund 700 Millionen Euro, damit ist die Bedrohungslage selbst für die angeblich „Großen“ der Branche offensichtlich.
Thalia bringt rund 300 Filialen ein, von der Mayerschen sind es rund 55 Buchhandlungen. „Thalia und die Mayersche verschmelzen zu einem innovationsstarken Buchhändler, der nicht nur für eine hohe Marktpräsenz steht, sondern auch für das im internationalen Vergleich erfolgreichste Buchhandelsunternehmen“, sagen Michael Busch, geschäftsführender Gesellschafter von Thalia, und Hartmut Falter, Chef der Mayerschen, in einer Pressemitteilung. Das Online-Geschäft wird zukünftig gemeinsam vorangetrieben. Neben der jetzt noch stärkeren Einkaufsmacht gegenüber den Buchverlagen ist dies die eigentliche Triebfeder der Fusion.
Nachdem beide Unternehmen als „Totengräber“ in der Branche ihr Unwesen trieben, soll darin nun das Heil liegen. Hugendubel – vormals die größte Kette in der Republik – ist den Weg der Fusion schon vor Jahren gegangen, mit mäßigem Erfolg. Das Bundeskartellamt verlangte damals einige Einschnitte in das geplante Konstrukt: Der Partner Weltbild ging in die Insolvenz, Hugendubel selbst musste sein Stammhaus in München schließen und das Aushängeschild am Münchener Marienplatz konnte nach langen Querelen mit dem Vermieter nur deutlich kleiner weiterbetrieben werden.
Der stationäre Buchhandel ist eine reife Branche, meinen die, die das Sagen haben, also die Banken und die Controller. Das heißt: Umsatzwachstum ist nur noch über Akquisitionen möglich, dazu kommen Kostenoptimierungen bei den so genannten unproduktiven Bereichen eines Unternehmens. Konzentrationsprozesse sind unausweichlich, auch um die Verhandlungspositionen gegenüber den wenigen Verlagsriesen wie Random House (gehört zu Bertelsmann) oder der Holtzbrinck-Gruppe zu verbessern.
Ob die Fusion im Sinne ihrer Betreiber erfolgreich sein wird, hängt davon ab, ob die gewünschte neue Wertschöpfung gelingt; die gibt es aber erst nach dem Deal. Hier wollen zwei Unternehmen zusammengehen, die zwar aus dem gleichen Marktumfeld kommen und daher die gleichen Herausforderungen kennen, aber natürlich bisher auch lokale Wettbewerber waren. Und Amazon hat bisher alle lästigen Konkurrenten immer weiter zurückgedrängt, mit einer gut gefüllten „Kriegskasse“, die sich aus der eigenen Marktmacht und billigen Arbeitskräften an ihren Standorten genügend speist.