Das Referat von Hans-Peter Brenner (UZ v. 10.11.2017, S. 17) war gerade in der Situation, in der sich die Debatte unter anderem auf news.dkp.de befindet, eine Wohltat. In der Auseinandersetzung mit Linksradikalen, die sich die Frage „Wie weiter?“ nun endlich, wenn auch leider erst zu Teilen außerhalb der Partei stellen, sind die angeführten Aussagen Lenins zum Zusammenhang zwischen dem demokratischen und dem sozialistischen Kampf ungeheuer wichtig.
Leider macht es sich Hans-Peter hier in der Darstellung doch etwas zu einfach. Die Einheit zwischen dem antifaschistischen, antikapitalistischen und antimonopolistischen Kampf ist eben nicht automatisch hergestellt. Demokratische und antifaschistische Kämpfe werden, und das gerade ist ja ihre Bedeutung (s. Leitantrag Z. 628 ff.), zu einem nicht geringen Teil von Leuten geführt, die eben kein Klassenbewusstsein haben bzw. verschiedenen Formen bürgerlicher Ideologie anhängen (was, wie Lenin in „Was tun?“ ausführt, ein- und dasselbe ist). Daraus folgt, dass sich das berechtigte Interesse, z. B. etwas gegen Nazis zu machen, in Formen ausdrückt, die die bürgerliche Herrschaft nicht angreifen, beispielhaft: in kleinbürgerlich-autonomen Formen individuellen Terrors, in Lichterketten-Umzügen oder in der Variante „Aufstehen gegen Rassismus“: „Wir ziehen die rote Linie neu“, moralisch, in letzter Instanz desorientierend.
Es ist vollkommen richtig, an diese Formen anzuknüpfen und dazu Teil der Bewegungen zu sein. Aber der im Referat von Hans-Peter Brenner aufscheinende Automatismus – weil der Kapitalismus die Demokratie verstümmelt wird der Kampf um Demokratie antikapitalistisch – stimmt eben schlicht nicht. Um diese Bewegungen wirklich in den Kampf um Demokratie zu führen, um wirklich einen antiimperialistischen, antimonopolistischen (und das ist der Antikapitalismus unserer Zeit) Kampf zu führen, bedarf es, wie Lenin für die Revolution von 1905 formuliert, der „Hegemonie des Proletariats“ in den demokratischen Bewegungen.
Das ist nicht so neu, wie es scheint, vielmehr ist es z. B. der Inhalt vieler Überlegungen der DKP zum Umgang mit den vor allem kleinbürgerlichen „neuen sozialen Bewegungen“ auf dem Parteitag von 1986. Um Bewegungen orientieren zu können, muss die Arbeiterklasse ihre führende Rolle in solchen Bündnissen oder Bewegungen erkämpfen. Das heißt konkret: Wer ist der Gegner? Die Monopole oder Straßen-Nazis (oder wie im Falle von „Aufstehen gegen Rassismus“ noch näher an der antideutschen Ideologie 13 Prozent der deutschen Bevölkerung). Die Arbeiterklasse (durch ihre Vertreter: die Kommunisten, aber auch konsequente Gewerkschafter und im Jugendbereich oft die DIDF) muss hier erklären, dass es nicht um die Bekämpfung falschen Bewusstseins geht, sondern um die Bekämpfung der Ursachen. Sie muss also ihre Weltanschauung vermitteln (vermitteln heißt nicht sie im Bündnis vorauszusetzen, es heißt, sie als Analyseinstrument der demokratischen Kräfte zu propagieren!).
Das heißt weiterhin: Was sind die Kampfformen? Ausschließende Formen gewaltorientierter Straßenkämpfer? Lichterketten? Die SDAJ hat in ihrem Beitrag zur Antifa-Debatte in der „jungen Welt“ dazu einen guten Beitrag geleistet: Die konkrete Form der Massenblockaden bringt die Massen, und für solche ist die Aktion tauglich, in Widerspruch mit dem Staat, der die Faschisten schützt, sie erleben Gemeinschaft, Solidarität usw. Solche Formen werden die Kommunisten nicht im Alleingang als Vorturner der Bewegung entwickeln, sie vorzusetzen überlassen wir dann, siehe „Aufstehen gegen Rassismus“, doch der „Interventionistischen Linken“, aber die demokratische Bewegung wird ohne den Beitrag der Kommunisten nicht in der Lage sein, die richtigen Kampfformen zu entwickeln.
Die Monopole sind die letzte Ursache der Einschränkungen der Demokratie. Eine demokratische Bewegung, will sie wirklich demokratisch sein, muss sich also gegen diese richten. Aufgabe der Partei ist es, die Hegemonie des Proletariats anzustreben, also selbstbewusst, werbend, orientierend in die Bewegungen einzugreifen. Nur so verwirklicht sich die Dialektik zwischen sozialistischem und demokratischem Kampf. Ich unterstelle Hans-Peter Brenner nicht, dass er das nicht weiß, aber die unglücklichen Formulierungen können wir hier dennoch nicht so stehen lassen. Gleichzeitig ist die Kritik von Lloyd und Mehner zwar richtig, aber der Fortschritt ist – dialektisch – immer relativ zu dem, was vorher da war. Die absolute Erkenntnis ist nicht zu erwarten, aber in langer, kämpfender Wieder-Aneignung der Historie, der Theorie und vor allem der Praxis der Partei lässt er sich nicht aufhalten. Diese Perspektive ist dann optimistischer.