Die Kunst ist tot
Montagen von
John Heartfield
und Arbeiterfotografie
Galerie Arbeiterfotografie,
Merheimer Str. 107, 50733 Köln
bis 27. September 2016
MI/DO, 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr, SA 11.00 Uhr bis 14.00 Uhr und nach Vereinbarung (0221/727999)
Sonderöffnungszeiten
(Kernwochenende der
Internationalen Photoszene):
FR, 23. September, 19.00 Uhr bis 22.00 Uhr,
SA/SO, 24./25. September,
11.00 Uhr bis 19.00 Uhr
Filme: SA, 17. September
18.00 Uhr: John Heartfield,
Fotomonteur (60 Min), Film von Helmut Herbst 1977
19.15 Uhr: Deutschland Dada
(63 Min), Film von Helmut Herbst 1969
Eintritt frei,
Spenden willkommen
Die zweijährlich stattfindende, von wechselnden Organisatoren initiierte „Internationale Photoszene Köln“ macht 2016 ihr Begleitheft „L-Fritz“ mit dem Thema Innere Sicherheit auf. Kunst-Litfaß-Säulen in der Stadt zeigen Halbkörper-Porträts aus einem Verkleidungsseminar der „Stasi“. Merkwürdige Gestalten, verpixelte Gesichter. „Unsere heutigen Beobachter machen ihre Aufgabe viel genauer und sind dabei unsichtbar, denn wir liefern ihnen die gewünschten Informationen fast freiwillig – in Form unserer Smartphone-Daten, unseres Konsumverhaltens und unserer Likes.“ (Damian Zimmermann in „L-Fritz“) Ein anderer Beitrag des L-Fritz-Magazins (Namensgeber Fotopapst L. Fritz Gruber) ist der Ausstellung „Die Kunst ist tot“ mit Fotomontagen von John Heartfield und von ArbeiterfotografInnen in der Galerie Arbeiterfotografie gewidmet.
Ein Jahr vor seinem Tod bekennt sich John Heartfield mit seinem Lebenswerk zu einem Gedicht seines Bruders Wieland Herzfelde, „Des Friedens Soldaten“, in dem es heißt: „Wir sind des Friedens Soldaten/keiner Nation/und keiner Rasse Feind … Völker, euern Kindern/bleibe erspart der Krieg./Den Krieg zu verhindern, sei unser Sieg.“ Heartfield – von George Grosz als „Monteurdada“ bezeichnet und mehr noch: „Dada ist Gott und John Heartfield ist sein Prophet“ – bleibt den Beweis seiner Kriegsgegnerschaft nicht schuldig. Mit spitzer Schere entreißt er dem Grauen die Maske, holt Autoritäten vom Sockel oder schneidet ihnen schlichtweg den Hals ab (SPD-Polizeipräsident Zörgiebel), kehrt Kräfteverhältnisse um. „Die Kunst ist tot“ erklärten die Berliner Dadaisten angesichts des Ersten Weltkrieges, in dem die „Generäle mit Blut malten“, wenn sie es nicht schaffe, diesem mörderischen Treiben Einhalt zu gebieten. Auf den Titelseiten der Arbeiter-Illustrierten-Zeitung des Willi Münzenberg findet Heartfield in Jahre währender Vorahnung des Zweiten Weltkrieges ein Millionenpublikum. Und – der Zeitsprung sei gestattet – er findet noch heute Bewunderer, darunter die Kunst-Eminenz Klaus Honnef, der eine große Heartfield-Ausstellung im Bonner Landesmuseum als seine bis dahin erfolgreichste Kuratorentätigkeit mit Weitenwirkung bis über den großen Teich lobt. Gerne wäre John Heartfield der „Architekt des Sozialimus“ geworden, wenn man ihn nach der Rückkehr aus der zuletzt Londoner Emigration gelassen hätte.
Aber er galt Ulbrichts Partei als nicht standhaft genug (sic!), wurde als „Versöhnler“ etikettiert und abgestempelt.
Während John Heartfields Montagen von der Erschaffung verblüffender Bildräume geprägt sind, sind die seit 1970 in der neuen, u. a. von Kunsthistoriker Richard Hiepe initiierten Arbeiterfotografenbewegung überwiegend im Klaus-Staeck-Stil ausgeführt: Bild trifft Text. Der Witz bleibt oft, aber nicht immer aus, bei den schwerverdaulichen Themen um Krieg und Frieden, die auch für Arbeiterfotografen – wie für Heartfield – die Basis ihres Schaffens sind.