Diskussionsbeitrag der DKP Berlin-Spandau zu den Leitgedanken

Hauptwiderspruch beachten

DKP Berlin-Spandau

Wir geben, beginnend mit dieser Ausgabe von UZ, den Gliederungen der DKP die Möglichkeit, ihre Diskussionsergebnisse darzustellen. Zur Strukturierung werden wir diese in Blöcken zusammenfassen. Wir starten mit der Einschätzung internationaler Entwicklungen in den Leitgedanken 1 bis 3.

Darauf folgt die Analyse der Situation in Deutschland in den Leitgedanken 4 bis 7. Zum Abschluss sollen die Kräfte des Widerstands diskutiert werden. Die Gliederungen der DKP bitten wir um die Einsendungen ihrer Diskussionsbeiträge zu den entsprechenden Blöcken mit einem maximalen Umfang von 6.000 Zeichen an: debatte@unsere-zeit.de
UZ

In der Überschrift zum Leitgedanken 1 wird von einem widerspruchsvollen Veränderungsprozess in den internationalen Verhältnissen gesprochen. Aber worin bestehen diese Widersprüche und – vor allem – was ist der Hauptwiderspruch?

Der Hauptwiderspruch besteht – einerseits – zwischen dem imperialistischen System mit den USA an der Spitze und den anderen westlichen imperialistischen Staaten als untergeordnete Verbündete, das seinen Hegemonieverlust abwenden und die ganze Welt weiterhin unterwerfen will, um Rohstoffe und Arbeitskräfte überall auszubeuten – einem System mit einem Überschuss an Kapital, das dringend Anlage und Profitverwertung sucht –, und andererseits dem Globalen Süden, der in Richtung wirklicher politischer und wirtschaftlicher Unabhängigkeit aufgebrochen ist und eine wirtschaftliche Entwicklung in friedlicher Umgebung erhofft.

Der dialektische Materialismus spricht sowohl von der Einheit als auch vom Kampf der Gegensätze. Beides auch hier: Der imperialistische Westen und der Globale Süden bilden zusammen eine Einheit – die globale, ineinander verflochtene Welt unserer Zeit. Wenn es die eine Seite nicht gäbe, gäbe es auch die andere nicht, zumindest nicht in dieser Form. Gleichzeitig steht jede Seite mit der anderen im Kampf, im internationalen Klassenkampf. Daraus ergeben sich die spezifischen Entwicklungen und Veränderungen, so wie wir sie an der Oberfläche wahrnehmen: „Veränderungen wie seit 100 Jahren nicht gesehen.“ (Xi Jinping, Generalsekretär der KPCh)

Die Zeitenwende besteht also nicht nur im Hegemonieverlust des Imperialismus, wie es die Überschrift nahelegt. Zwar ist der Imperialismus die „hauptsächliche Seite des Widerspruchs“ (siehe Mao Zedong, „Über den Widerspruch“, Kapitel 4), aber seine Kraft nimmt ab. Die andere, die „sekundäre Seite“, der Globale Süden, ist die langsam stärker werdende Kraft innerhalb des Widerspruchs, so dass sich insgesamt die Gewichtung ändert in Richtung einer Balance. Neben diesem Hauptwiderspruch bestehen noch eine Menge Nebenwidersprüche – wie etwa zwischen dem Hegemon USA und der EU, innerhalb der EU, zwischen verschiedenen Ländern des Globalen Südens und so weiter.

Die Zeitenwende besteht also in der Wende weg von einer 500 Jahre währenden westlichen Vorherrschaft, hin zu einer multilateralen Welt von gleichwertigen Staaten, von friedlicher Kooperation und von wirtschaftlicher Entwicklung. Sie besteht daher aus den Veränderungen innerhalb beider Seiten.

Die beiden Seiten gehören zusammen. Im ersten Leitgedanken werden sie jedoch unabhängig voneinander vorgestellt: „Dieser Prozess (des Hegemonieverlusts) verstärkt sich wechselseitig mit dem Aufbruch zahlreicher bisher neokolonial und halbkolonial unterdrückter Länder.“ Der gemeinte Prozess wird dadurch nicht „verstärkt“, sondern das ist der Prozess! Der Prozess ist nicht schon vorher da – auf was sollte er da beruhen? –, sondern er wird dadurch hervorgerufen: Weil diese Länder aufbrechen, wird die Hegemonie des imperialistischen Systems bedroht. Ohne den Aufbruch der sozialistischen VR China keine Systemherausforderung. Ohne die Rückgewinnung der Souveränität Russlands keine aggressive NATO. Ohne die antiimperialistischen Machtwechsel in den Sahelstaaten keine Zurückdrängung Frankreichs. Ohne BRICS-Kooperation und BRI keine Aufbruchstimmung in den Ländern des Globalen Südens und keine Herausforderung der imperialistischen Hegemonie!

Wenn wir die Welt analysieren, sollten wir neben dem dialektischen auch den historischen Materialismus anwenden. Die Grundlage des Letzteren bildet die Produktionsweise. Also müssten die neuesten ökonomischen Veränderungen in den Kernländern des Kapitalismus und die Widersprüche im Monopolkapital tiefer untersucht werden. Grundsätzlich gilt: „Auf einer gewissen Stufe ihrer Entwicklung geraten die materiellen Produktivkräfte der Gesellschaft in Widerspruch mit den vorhandenen Produktionsverhältnissen (…).“ (Karl Marx) Dieser Grundwiderspruch lässt sich auch auf die internationalen Beziehungen übertragen: Es sind die Produktionsverhältnisse des Imperialismus, die die Produktivkräfte in den Ländern des Globalen Südens an ihrer Entwicklung hindern und in einem unterentwickelten Stadium halten wollen. Aber die Produktivkräfte haben sich auf den Weg gemacht, vor allem vorangetrieben durch die von vielen Schranken befreite sozialistische Produktivkraftentwicklung in der VR China, die ihre „Himmelspferde“ schickt.

Oder wie es im „Hyper-Imperialismus“ (Tricontinental Institute 2024, Seite 78) heißt: „Dies ist ein entscheidender Faktor für das Verständnis, dass sich zwei Kerne internationaler Prozesse entwickeln: Die USA sind zunehmend zu einem Hemmschuh für die Entwicklung der Produktivkräfte im In- und Ausland geworden. China konzentriert sich nun auf die Entwicklung seiner nationalen Produktivkräfte und auf die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern insgesamt. Dies eröffnet einen neuen Weg zur Modernisierung durch die Entwicklung der weltweiten Produktivkräfte insgesamt (durch die BRI, die Globale Entwicklungsinitiative und verschiedene großangelegte Industrialisierungsprojekte im kontinentalen Maßstab).“

Aus dieser Entwicklung der Produktivkräfte im Globalen Süden ergibt sich die materielle Kraft, die es erlaubt, sich mehr und mehr gegen den Imperialismus zur Wehr zu setzen. Ursprung und speisender Quell dieser Entwicklung ist und bleibt die sozialistische VR China mit ihren 700 Millionen Arbeitern, geführt von 100 Millionen Kommunisten, die eine Vision für die ganze Welt haben. Der Kommunismus ist es also, der die Menschheit voranbringt.

Die Produktivkräfte, hier wie da, haben den gleichen Feind, sie bilden daher eine Front. Wir unterstützen den Kampf des Südens und dieser erwartet, dass wir hier den Feind bekämpfen. Nieder mit dem Kapitalismus! Nieder mit der Ausbeutung! Die Menschen an die erste Stelle!

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"Hauptwiderspruch beachten", UZ vom 21. Februar 2025



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