Die FDJ, die in vereinzelten Gruppen schon vor 1945 bestanden hatte, erhielt durch die Sowjetische Militäradministration am 7. März 1946 ihre Organisationslizenz und wurde nach und nach auch in den Westzonen als politischer Verein zugelassen. Der Regierungsbeschluss vom 26. Juni 1951 war nicht das erste Verbot. Bereits am 24. April des gleichen Jahres waren die FDJ und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) im Zuge der Illegalisierung der angeblich von „der SED, dem Gewalthaber der Sowjetzone“ betriebenen Volksbefragung gegen Remilitarisierung und für einen Friedensvertrag, verboten worden.
Die FDJ ließ sich indes davon nicht beeindrucken. Ihre etwa 30.000 Mitglieder organisierten in über 71.700 Aktionen Abstimmungen in Betrieben und Wohnvierteln, sie führten Kundgebungen und Demonstrationen durch. Bis zum Frühjahr 1952 wurden 6.267.302 Westdeutsche und Westberliner befragt. 94,4 Prozent (5.917.683) sagten „Ja“ zur Frage: „Sind Sie gegen die Remilitarisierung Deutschlands und für den Abschluss eines Friedensvertrages mit Deutschland im Jahre 1951?“
Seit dem Verbot der Volksbefragung im April 1951 konnten die Stimmen nur verdeckt gesammelt werden. Auch durch 8.781 Polizeieinsätze, über 1.000 Strafverfahren und 7.331 Festnahmen ließen sich die Volksbefragungsaktivisten nicht stoppen.
Wie aus den wöchentlichen Sitzungsprotokollen des Adenauer-Kabinetts seit dem Jahreswechsel 1949/50 hervorgeht, wurde die FDJ von Anfang an als Hauptgegner der westdeutschen Wiederbewaffnung ausgemacht. Das für Ende Mai 1950 angesagte Pfingsttreffen der Jugend in Berlin sollte mithilfe und in Absprache mit den Westalliierten torpediert werden, der Zug- und Fahrzeugverkehr in Richtung Berlin sei lahmzulegen. Den Plan, in Westberlin ein „alternatives Sportfest“ abzuhalten, gab man wegen des zu befürchtenden Desinteresses wieder auf.
Der Entschluss der Adenauer-Regierung, die FDJ zu zerschlagen und zugleich die Friedensbewegung im Keim zu ersticken, war Leitlinie der Innenpolitik. Dazu entwickelte das Bundeskabinett mitunter Maßnahmen, die an Lächerlichkeit nur schwerlich zu überbieten waren. Am 31. Mai 1951 lancierte der „Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen“ (BMG) einen Aufruf an die Bevölkerung der DDR, bei der anstehenden Volksbefragung auf dem Stimmzettel „ein aufrechtes Kreuz als Protestzeichen in den Ja-Kreis“ zu setzen. Auf dem eigenen Staatsgebiet aber machte die Bundesregierung ernst und setzte Polizeiapparat und Klassenjustiz zur Verfolgung ein. Erschien ein Blauhemd, sah der Staat rot. Wie am 17. Juni 1951, als sich auf dem Bonner Petersberg 3.000 FDJler friedlich versammelten. Sie störten sich nicht am Demonstrationsverbot. Kaum waren sie aus den Bussen heraus, legten sie Jacken und Mäntel ab und zeigten den Hundertschaften der Bereitschaftspolizei „in provozierender Weise die blauen Hemden“, wie das Einsatzprotokoll festhielt. Welche Angst das auf Seiten der Polizei ausgelöst hat, ließ sich am nächsten Tag der Lokalpresse entnehmen: „Als sie sich weigerten, die Blusen abzulegen, wurden sie ihnen ausgezogen. Dabei kam es zu Ausschreitungen.
Fanatisierte Mädchen bissen Polizeibeamte in den Arm.“Für die Blauhemden gab es kein Wegducken. Am 31. Mai 1950 versuchten 10.000 Mitglieder der westdeutschen FDJ, im Zuge der Rückreise vom gerade beendeten Pfingsttreffen im demokratischen Berlin bei Herrnburg die Grenze zwischen DDR und BRD zu passieren. Mit frischem Mut und Enthusiasmus für die Friedensarbeit und dem Aufbaulied auf den Lippen näherten sie sich dem Schlagbaum. „Um uns selber müssen wir uns selber kümmern, und heraus gegen uns, wer sich traut.“ Die am Grenzübergang zusammengezogenen Polizeieinheiten meinten, sie könnten sich trauen. Sie kesselten die Blauhemden ein und versuchten, die Personalien festzustellen – mit der aberwitzigen Begründung, es bestünde Seuchengefahr, Typhus könne eingeschleppt werden. Sie sagten „Seuchengefahr“ und meinten den „Frieden“ – davon sollte sich im Westen niemand anstecken lassen. Die im Kessel weigerten sich. Sie beschallten die Polizisten einen Tag und eine Nacht lang ohne Unterlass mit ihren Liedern und Sprechchören, bis der Innenminister sie abziehen ließ. Doch vor der Rückreise zeigten sie, wer den längeren Atem hat. Bertolt Brecht schrieb dazu im „Herrnburger Bericht“: „Donnerstag früh um sechs Uhr zogen die Zehntausend nach Lübeck. Sie sangen laut ihre Lieder und pflanzten ihre FDJ-Fahne auf das Dach des Bahnhofsgebäudes. Sie hatten gesiegt.“
Der westdeutsche Revanchismus verlor gleichwohl sein Ziel der Wiederbewaffnung nicht aus den Augen. 1952, als die Westalliierten den Vorschlag der Sowjetunion eines Friedensvertrages mit einem neutralen Deutschland ablehnten und Adenauer am 22. März in der „Stuttgarter Zeitung“ erklärte, „die Sowjetunion“ sei „unser Todfeind“, mobilisierte die FDJ zu einer „Jugendkarawane gegen Wiederaufrüstung“ am 11. Mai in Essen. 30.000 Jugendliche aus Gewerkschaften, christlichen Verbänden, Falken, Naturfreundejugend und FDJ waren bereits angereist, als die Demonstration überraschend verboten wurde. Sie blieben trotzdem. Berittene Polizei versuchte zu verhindern, dass sich ein Demonstrationszug formieren konnte. Knüppel und Stahlruten prasselten auf Köpfe und Körper, bis um 13.30 Uhr die Polizeiführung an der Rüttenscheider Brücke den Gebrauch der Schusswaffe anordnete: „Pistolen frei“. Zwei Kugeln trafen den 21-jährigen Münchener Jungarbeiter Philipp Müller in den Rücken, zwei weitere Demonstranten wurden durch Schüsse schwer verletzt. „Notwehr“, befand das Landgericht Dortmund am 2. Oktober 1952 und sprach die Todesschützen frei.
Zu diesem Zeitpunkt hatte die Bundesregierung bereits die Regieanweisung für das dritte und endgültige Verbot der FDJ auf den Weg gebracht. Das 1. Strafrechtsänderungsgesetz führte im August 1951 die von den Alliierten abgeschafften Tatbestände des Hochverrats und der Staatsgefährdung wieder ins Strafgesetzbuch ein. Eine ungeahnte Kriminalisierungswelle gegen die FDJ brach sich Bahn: 35.189 Ermittlungsverfahren und über 400 Hauptverfahren mit Verurteilungen zu insgesamt über 1.000 Jahren Haft. Das Bundesverwaltungsgericht sprach auf Antrag der Bundesregierung am 16. Juli 1954 das Verbot ein weiteres Mal aus. Auf Seite 29 des Urteils ist zu lesen: „Die Verfassungswidrigkeit der FDJ ergibt sich somit bereits aus deren Zielsetzung.“ Um welche Ziele ging es im FDJ-Aktionsprogramm 1950? „Schaffung eines einigen deutschen Staates unter einer gesamtdeutschen demokratischen Regierung (…) Abschluss eines gerechten Friedensvertrages mit Deutschland und Abzug aller Besatzungstruppen (…) Bekämpfung jeder Kriegspropaganda, der Rassen- und Volksverhetzung. Reinigung Deutschlands von allen Kriegsinteressenten und Kriegstreibern“ – allesamt verfassungswidrig?