In der Beilage zur UZ, mit der um Spenden für die Partei geworben wird, heißt es: „Es ist der Kapitalismus, der mit dem unerbittlichen Profitgesetz Kriege und Krisen verursacht, den Planeten und die Zukunft der Menschheit zerstört. Kommunist*innen kämpfen für eine Zukunft ohne Ausbeutung und Unterdrückung und stehen dem Kapital unversöhnlich gegenüber.“ Das spricht mir aus dem Herzen. Aber auch noch aus dem der Partei? Im Auftrag des PV hat Conny Renkl den Artikel „Sozialismus mit der Bourgeoisie – geht das?“ geschrieben. Er ist „Auftakt“ und „Basis“ zur Fortsetzung der China-Debatte. Darin kommt Conny teils ausdrücklich, teils zu Ende gedacht, zu ganz anderen Aussagen über „Kapital“, „Profitgesetz“, „Ausbeutung“ und „Unversöhnlichkeit“.
Kostproben gefällig?
- Unversöhnlich gegenüber dem Kapital? Na ja, sagt Conny, „die chinesischen Kommunisten (können es) (…) auch ohne Bourgeoisie – aber eben erheblich langsamer“. Und dann zählt er auf, was alles „die Bourgeoisie schneller“ kann als eine „umfassende Planwirtschaft“: Sie kann die modernste Technik von ihren Klassenbrüdern im Ausland beschaffen; „die Mittel rationell einsetzen, jedenfalls solange sie unter dem Druck der Konkurrenz steht“; „dem Staat einen Teil der Planungsaufgaben und der damit verbundenen Risiken“ abnehmen; „flexibler auf Änderungen in der Realwirtschaft reagieren“ und „schneller entscheiden“.
- Unversöhnlich gegenüber der Ausbeutung? Leider nein, sagt Conny: „Der Einsatz von Bourgeoisie zur Produktivkraftentwicklung“ geht ohne Ausbeutung der Lohnarbeiter nicht. Aber – ein Marx-Zitat über die historische Mission des aufstrebenden Kapitalismus missbrauchend – die „höhere Entwicklung“ werde nun einmal „durch einen historischen Prozess erkauft“, „worin die Individuen geopfert werden“.
- Und was ist mit dem unerbittlichen Profitgesetz des Kapitalismus, das Kriege und Krisen verursacht und die Zukunft der Menschheit zerstört? Das kommt bei Conny nicht vor. Muss wohl – der Vorteile wegen – als kleineres Übel hingenommen werden?
Meint Ihr, dass uns die Arbeiterklasse diese beiden völlig verschiedenen Bilder vom Kapitalismus lange durchgehen lässt?
Was hätten wir denn als Erklärung im Angebot, warum bei uns alles anders ist als in China?
- Vielleicht, dass hier die Produktivkräfte schon so weit entwickelt sind, dass wir die Bourgeoisie nicht mehr brauchen? Aber: Ist das kapitalistische Monopol Huawei nicht technologisch Weltspitze bei 5G, 6G und KI? Trotzdem braucht es die KPCh noch mindestens 25 Jahre bis 2049. Dann haben wir bei uns die kapitalistische Telekom wohl noch locker 50 Jahre am Hals.
- Oder, dass in China, wie Conny schreibt, anders als bei uns das Kapital an der „fürsorglichen Hand der KPCh“ ist. Ja, aber warum – wird man fragen – wollt ihr als DKP es denn dann enteignen? Warum so unversöhnlich? Nehmt doch genau wie die KPCh die Herausforderung an, gemeinsam „mit der Bourgeoisie für deren Untergang zu arbeiten“.
Habt ihr noch mehr Erklärungsversuche? Ist aber auch nicht nötig, denn der PV lässt Conny einen Weg weisen, der offenbar weltweit gilt: „Die Bourgeoisie und das Proletariat (sind) als Einheit der Widersprüche miteinander verbunden, bis die Voraussetzungen geschaffen werden, dass weltweit ein solcher Stand bei der Entwicklung der Produktivkräfte erreicht wird, dass beide Klassen überflüssig werden.“
Gibt sich dialektisch, vergisst aber vor lauter Einheit mal eben den Kampf der Gegensätze und heißt wohl: Die Bourgeoisie lassen wir schnell weltweit die Produktivkräfte entwickeln, das Proletariat muss sich derweil geduldig ausbeuten lassen. So werden eines schönen Tages beide Klassen Hand in Hand überflüssig.
Karl Marx und Friedrich Engels hatten sich die historische Mission des Proletariats ursprünglich einmal etwas aktiver vorgestellt: Es macht sich „durch eine Revolution zur herrschenden Klasse“, hebt „gewaltsam die alten Produktionsverhältnisse“ auf und beseitigt so „die Existenzbedingungen des Klassengegensatzes überhaupt“. (Manifest der Kommunistischen Partei)