Liebe Kolleginnen und Kollegen,
am 29. Oktober ruft die IGM zum Aktionstag „Fairwandel“ auf. Im Aufruf heißt es:
Das fordern wir von der kommenden Bundesregierung:
- Sichere Brücken in die Arbeitswelt von Morgen – keine Entlassungen in der Transformation!
- Zukunftsfähige Arbeits- und Ausbildungsplätze – an unseren Standorten, in unseren Regionen. Klimaschutz geht nur mit guter Arbeit.
- 500 Milliarden Euro öffentliche Zukunftsinvestitionen bis 2030.
- Eine solidarische Finanzierung. Lasten und Kosten gerecht verteilen. Krisengewinner zur Kasse bitten!
Aber die Situation spitzt sich zu, alleine im Bereich der Automobilindustrie wollen die Unternehmer bis 2025 rund 178.000 Arbeitsplätze abbauen, dabei ist die Elektroindustrie und der Maschinenbau noch nicht berücksichtigt. Um Kosten zu sparen und so die Gewinne zu erhöhen wird unter dem Deckmantel der Transformation Arbeitsplatzverlagerung betrieben, in Länder in denen die Lohnkosten niedriger sind.
Druck der Belegschaften notwendig und dringlich
Es ist zu wenig, wenn der IGM Bezirksleiter Roman Zitzelsberger an das Kapital appelliert: „Jetzt gilt es, die klimaneutrale Industrie der Zukunft bei uns vor Ort zukunftsfest aufzustellen. Das geht nur gemeinsam mit den Beschäftigten und dafür brauchen wir künftig noch viel mehr Zukunftsvereinbarungen, um Perspektiven für alle Standorte aufzuzeigen. Zur Not auch mit Druck der Belegschaften.“ Gemeinsam mit dem Kapital und „zukunftsfest“ geht im Kapitalismus nicht. Über Jahre wurden von den Beschäftigten Zugeständnisse erzwungen. Milliarden von öffentlichen Gelder flossen in Form von Subventionen, Geldern für Forschung und Entwicklung, Kaufprämien etc. in die Taschen der Konzerne. Anstatt damit den Umbau zu zukunftsfähigen Produkten zu gestalten mit sicheren Arbeitsplätzen wurden diese Gelder für Dividenden und Zahlungen an die Aktionäre genutzt – selbst in der Corona-Pandemie.
Die Forderungen der IGM an die neue Bundesregierung werden ohne den entsprechenden Druck aus den Betrieben und von der Straße Wunschträume bleiben. Was wir von einer SPD geführten Bundesregierung zu erwarten haben, haben wir in den Jahren zwischen 1998 und 2005 erlebt: Hartz IV Gesetze, Senkung der Reichensteuer, Krieg gegen Jugoslawien und Afghanistan, um nur die gravierendsten Schweinereien zu nennen.
Soziale Ungleichheit durch Krise verschärft
Die Corona-Pandemie hat die aktuelle kapitalistische Weltwirtschaftskrise, eine klassische kapitalistische Überproduktionskrise, beschleunigt. Die spürbaren Folgen sind: Entlassungen, Betriebsschließungen, Verlagerungen, Lohnkürzungen, Sozialabbau, steigende Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit. Das Virus war aber nicht die Ursache, wie so oft behauptet. Die Ursache der Krise ist das kapitalistische System. Die Krise hat vor der Pandemie begonnen, schon 2007 mit der Finanzmarktkrise. Corona hat diese Krise nur verschärft. Reiche werden immer reicher, während immer mehr arbeitende und erwerbslose Menschen verarmen. Einer Studie der Hans-Böckler-Stiftung (Verteilungsbericht 2020 vom November 2020) zufolge verlor in 2020 bis Juni rund ein Drittel der Erwerbstätigen in Deutschland Einkommen. Unter den Befragten mit einem monatlichen Nettoeinkommen unter 900 Euro war es fast die Hälfte; in fast 60 Prozent der Fälle betrugen die Einbußen mindestens ein Viertel des üblichen Einkommens. 2,1 Millionen Kinder und Jugendliche waren im vergangenen Jahr von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht, das sind 15 Prozent. Die Studie betont außerdem, dass Eigentümer großer Vermögen nach einem kurzen Einbruch zu Beginn von der Krise profitierten.
Die Pandemie hat die soziale Ungleichheit verschärft und die gesellschaftlichen Risse vertieft. Konzerne kassieren Milliarden Steuergelder, schütten davon Dividenden und Boni aus, gleichzeitig vernichten sie Jobs. Die reichsten zehn Prozent besitzen so viel Vermögen wie die Hälfte der Bevölkerung. Deswegen sagen wir als DKP: Die Reichen, die Profiteure dieses Systems, müssen für ihre Krise bezahlen. Nicht die abhängig Beschäftigten – nicht die Arbeiterklasse!
Umverteilung von oben nach unten
Das Geld ist in unserem Lande da, es ist nur in den falschen Taschen. Wir brauchen eine Umverteilung von oben nach unten. Und: Wir brauchen eine deutliche Senkung der Rüstungsausgaben! Laut SIPRI hat kein Land seine Rüstungsausgaben so stark erhöht wie Deutschland auf über 50 Mrd. Hier wird das Geld ausgegeben, das wir so dringend für Soziales, Bildung, Gesundheit, Umweltschutz … benötigen.
Der Klimawandel ist Realität und kann nicht mehr geleugnet werden. Umweltkatastrophen haben inzwischen auch uns erreicht (Flutkatastrophe im Ahrtal). Es zeigt sich klar und deutlich, es muss umgesteuert werden: Ein weiter so wie bisher geht nicht mehr. Die Frage ist: Wohin und wer steuert? Da sollte sich die IGM wieder einmal erinnern was sie in ihrer Satzung formuliert hat:
§2 Aufgaben und Ziele der IG Metall
4. Erringung und Sicherung des Mitbestimmungsrechtes der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb und Unternehmen und im gesamtwirtschaftlichen Bereich durch Errichtung von Wirtschafts- und Sozialräten; Überführung von Schlüsselindustrien und anderen markt- und wirtschaftsbeherrschenden Unternehmungen in Gemeineigentum;
Kampf um jeden Arbeitsplatz
Schon vor der Krise waren die Arbeitsplätze nicht sicher. Leiharbeiter und Werksvertrags- Beschäftigte können ein Lied davon singen. Die Löhne hinken der steigenden Arbeitsproduktivität hinterher. Die Entwertung von erarbeiteten Qualifikationen hat drastisch zugenommen, viele Facharbeiter-Kolleginnen und Kollegen wurden zum Anhängsel der Maschinen. Durch Industrie 4.0 wird diese Entwicklung weiter zunehmen. Die diversen Skandale der letzten Jahre (z.B. Abgasbetrugssoftware) haben bei vielen KollegInnen Zweifel und Unsicherheiten hervorgerufen. Diese ständigen Unsicherheiten sind aber Teil des kapitalistischen Systems. In der aktuellen Krise bangen noch viel mehr Kolleginnen und Kollegen in der Automobilbranche um ihre Arbeitsplätze. Insgeheim wissen vermutlich viele, dass es so wie bisher nicht weitergehen kann, wir umdenken und uns umorientieren müssen.
Arbeitszeitverkürzung und Umstellung der Produktion
Wichtig ist der gewerkschaftliche Kampf um den Erhalt der Arbeitsplätze und um die Einkommen aller Beschäftigten. Dabei ist ein notwendiger Stellhebel, die vorhandene Arbeit auf alle zu verteilen, um Entlassungen zu verhindern. Das nächste Ziel ist die 30-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich für alle. Um Arbeitsverdichtung zu verhindern bzw. wieder zurückzunehmen und neue Stellen zu schaffen, braucht es ggf. auch einen Personalausgleich. In der Beschäftigtenbefragung der IGM sprechen sich 2 von 3 Befragten für die 4-Tage-Woche aus, um Beschäftigung zu sichern.
Und es braucht andere Produkte, die anstelle der Autos produziert werden, seien es andere Verkehrsmittel wie Busse oder Bahnen, um den notwendigen Öffentlichen Nah- und Fernverkehr auszubauen, oder auch Fahrräder, die seit der Pandemie einen extremen Boom erleben. Aber auch in der Medizintechnik wäre es dringend notwendig, neue Produktionskapazitäten auszubauen, auch das hat die Pandemie gezeigt. Und bei Bosch wird dies bereits ansatzweise praktiziert.
Ganz dringend brauchen wir Abrüstung und Rüstungskonversion, das Geld das für die zunehmende Aufrüstung ausgegeben wird, fehlt uns bei den dringend notwendigen Zukunftsaufgaben.
Gemeinsamer Kampf in und mit den Gewerkschaften gegen die Angriffe des Kapitals
Um diese Ziele zu erreichen, ist eine Organisierung in der IG Metall wichtig. Denn die Gewerkschaften sind die Organisationen, mit denen die Werktätigen für Verbesserungen in der Arbeitswelt kämpfen und sie sind Sammelpunkte des Widerstands gegen die Angriffe des Kapitals. Wichtig ist aber auch die Auseinandersetzung in den Gewerkschaften um die richtigen Ziele und Forderungen. Wir müssen weg von Co-Management und Standortlogik, das Thema Arbeitszeitverkürzung bei Lohn- und Personalausgleich muss wieder auf die Tagesordnung und wir müssen über den Grundwiderspruch von Kapital und Arbeit diskutieren. Um dies durchzusetzen, bedarf es einer gesellschaftlichen Zukunftsdebatte und breiter gesellschaftlicher Allianzen. Vor allem brauchen wir den gemeinsamen Kampf der abhängig Beschäftigten gegen die Profitlogik des Kapitals. Die DKP formuliert in ihrem Programm: „An die Stelle der chaotischen, auf Profitinteressen ausgerichteten, von Krisen geschüttelten kapitalistischen Konkurrenzwirtschaft tritt eine nach wissenschaftlichen Kriterien gemeinschaftlich und verantwortungsbewusst geplante, von Solidarität getragene Produktionsweise.“