US-Sanktionen gegen Russland stoßen auf hilflosen Protest in Berlin

Handels- und Energiekrieg

Von Lucas Zeise

In ganz untypischer Einigkeit haben Ende vergangenen Monats beide Häuser des US-Kongresses weitere Sanktionen gegen Russland beschlossen. Demokraten und Republikaner, Trump-Gegner und Trump-Anhänger stimmten für die Resolution. Der Präsident selbst erklärte sich anstandslos bereit, dieses parteiübergreifende Gesetz zu unterzeichnen, das ihn ermächtigt, Unternehmen aus aller Welt vom US-Markt fernzuhalten, wenn sie dabei erwischt werden, mit russischen Unternehmen Geschäfte zu machen – insbesondere solchen, die sich auf den Energiesektor beziehen.

Untypisch an diesem Vorgang war auch, dass die neuen Sanktionsbeschlüsse der Senatoren und Abgeordneten in der deutschen Presse einhellig abgelehnt wurden. Das schließt so wenig russophile Blätter wie die „FAZ“ oder das „Handelsblatt“ ausdrücklich ein. Der Wirtschaftskorrespondent der FAZ in den USA, ein gewisser Winand von Peterdorff, beendete seinen Kommentar zu diesem Thema mit dem Seufzer: „Es sieht nicht gut aus für die Freundschaft zwischen Amerika und Europa“. Nicht nur die Presse klang so. Fast noch antiamerikanischer gebärdeten sich die Politiker.  Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries drohte den USA mit Gegenmaßnahmen, ohne allerdings spezifisch zu werden. „Wir halten das schlicht und ergreifend für völkerrechtswidrig“, sagte sie. Schon zuvor, als die Entscheidung in Senat und Repräsentantenhaus noch bevorstand, hatte Außenminister Sigmar Gabriel, zusammen mit dem österreichischen Bundeskanzler Christian Kern protestiert und sich die Einmischung in die EU-Energiepolitik verbeten. Sogar die notorische US-Freundin und Bundeskanzlerin Angela Merkel stimmte dem vorsichtig zu.

Sanktionspolitik sei „kein geeignetes Instrument zur Beförderung nationaler Exportinteressen“, hatte Gabriel gesagt und sich darauf bezogen, dass im neuen Sanktionsgesetz der USA die Förderung des Exports von Flüssiggas aus den USA ausdrücklich erwähnt wird. Zu diesem Zweck soll der zweite Strang der Pipeline Nord Stream, die Erdgas aus Russland durch die Ostsee nach Deutschland befördert, verhindert werden. Speziell Unternehmen, die an Nord Stream 2 mitarbeiten und mitverdienen, sollen nach dem US-Gesetz bestraft werden können. Mitteleuropa bezieht zurzeit etwa die Hälfte des Erdgases aus Russland. Der Rest kommt vorwiegend aus der Nordsee, deren Vorkommen sich aber langsam erschöpfen. Als Ersatz dafür kommt nach Vorstellung einiger US-Energiekonzerne auch Flüssiggas aus den USA in Frage. Im Vergleich zu russischem Gas per Pipeline wäre das aber – schon wegen der dazu nötigen Verflüssigungsanlagen – unverhältnismäßig teuer. Auf billiges russisches Erdgas verzichten zu müssen oder auch nur auf einen Zuwachs aus dieser Energiequelle, wäre für die deutschen Konzerne und ihre gesamte Volkswirtschaft ein herber Rückschlag.

Nicht minder ärgerlich ist für deutsche Unternehmen die Methode, mit der die USA in dieser Sache eine „America-first“-Politik durchsetzen wollen. Gute Geschäfte mit Russland können danach mit einem generellen Zugangsverbot zum US-Markt bestraft werden. Eine ganze Reihe deutscher Unternehmen macht, anders als US-Konzerne, recht gute Geschäfte in und mit Russland. Aber im Regelfall und in der Summe ist der US-Markt für sie ungleich wichtiger. Wenn der Bundesregierung nicht schnell eine effektive Gegenstrategie einfällt, werden sie nachgeben und auf ihre russische Kundschaft verzichten. Im Falle des Iran ist vor einigen Jahren die gleiche Taktik der US-Regierung schon aufgegangen. 

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"Handels- und Energiekrieg", UZ vom 4. August 2017



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