Die Außenminister der G7-Staaten trafen sich vom 12. bis 14. Mai im Schlossgut Weißenhaus in Schleswig-Holstein. Wenig Beachtung fanden in der Öffentlichkeit die dort lancierten Angriffe gegen die Volksrepublik China. „Wir ermutigen China weiterhin, seinen Verpflichtungen im Rahmen der regelbasierten internationalen Ordnung nachzukommen, zur internationalen Sicherheit beizutragen (…). Wir erinnern China an die Notwendigkeit, den Grundsatz der Charta der Vereinten Nationen über die friedliche Beilegung von Streitigkeiten zu wahren und auf Drohungen, Zwang, Einschüchterungsmaßnahmen oder Gewaltanwendung zu verzichten.“ Es folgen freundlich formulierte Drohungen, Einschüchterungen, Einmischungen in innere Angelegenheiten der Volksrepublik. Zudem maßen sich die G7-Staaten an, Schiedsrichter zu sein hinsichtlich der Streitigkeiten im Südchinesischen Meer. Die Botschaft der Volksrepublik China in Deutschland reagierte auf die Unterstellungen und Verleumdungen. UZ dokumentiert die Stellungnahme vom 16. Mai in redaktioneller Bearbeitung.
Am 14. Mai 2022 gaben die G7-Außenministerinnen und Außenminister ein Kommuniqué heraus, in dem Chinas unmissverständliche Position ignoriert wird, weiterhin falsche beziehungsweise unwahre Bemerkungen zu einer Reihe von China-bezogenen Fragestellungen gemacht werden und erneut der russisch-ukrainische Konflikt genutzt wird, um Druck auf China auszuüben. China missbilligt diese Äußerungen schärfstens und widerspricht dieser Vorgehensweise entschieden. Wir bekräftigen unseren dezidierten Standpunkt erneut wie folgt:
Zur Souveränität Chinas im Ost- und Südchinesischen Meer
Für Chinas Souveränität, Rechte und Interessen im Ost- und Südchinesischen Meer gibt es historisch und rechtlich hinreichende Belege, die nicht infrage zu stellen sind. Das Schiedsverfahren zur Südchinesischen See hingegen ist eine politische Farce. Der Schiedsspruch hat keinerlei Rechtswirkung und wird auch von der internationalen Gemeinschaft angezweifelt. China ist fest entschlossen, seine territoriale Souveränität sowie seine maritimen Rechte und Interessen zu wahren. Gleichzeitig setzt sich China stets dafür ein, entsprechende Streitigkeiten zwischen den Ländern in der Region durch Verhandlungen und Konsultationen zu lösen. Unter dem Vorwand der Schifffahrts- und Überflugfreiheit schicken einige Länder immer wieder ihre Schiffe in die relevanten Gewässer, um ihre Macht zu demonstrieren und Zwietracht zu säen. Damit sind sie es, die den regionalen Frieden und die Stabilität bedrohen.
Zur Taiwan-, Xinjiang-, Tibet- und Hongkong-Frage
Bei den besagten Fragen handelt es sich ausschließlich um innere Angelegenheiten Chinas, die das Ein-China-Prinzip berühren. Bei diesem Kerninteresse Chinas dulden wir keinerlei Einmischung von außen. Das Ein-China-Prinzip wird von der internationalen Gemeinschaft allgemein anerkannt. China lässt nicht zu, dass irgendein Land oder eine internationale Organisation dieses Prinzip unter dem Vorwand der sogenannten Menschenrechte untergräbt. China fordert die jeweiligen Länder auf, sich an die bei der Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit China gemachten Zusagen im Hinblick auf das Ein-China-Prinzip zu halten. Auch die jeweiligen internationalen Organisationen haben Taiwan betreffende Fragen in strikter Übereinstimmung mit dem Ein-China-Prinzip zu behandeln.
China fordert mit Nachdruck, dass sich die G7 mit der Geschichte auseinandersetzen und einen unverzerrten Blick auf die Vergangenheit werfen. Seit der Rückgabe an China ist die Rechtsgrundlage der von der chinesischen Regierung etablierten Sonderverwaltungszone Hongkong die chinesische Verfassung und das Hongkonger Grundgesetz, nicht die „Gemeinsame Chinesisch-Britische Erklärung“.
Zur Frage der Menschenrechte
Die Menschenrechtslage in China ist so gut wie noch nie zuvor. Sogenannte „Zwangsarbeit“ gibt es in China nicht. China begrüßt den Austausch und damit eine gegenseitige Bereicherung zwischen verschiedenen Ländern in Menschenrechtsfragen, solange dies auf der Grundlage von Gleichheit und gegenseitigem Respekt stattfindet. Wir unterhalten des Weiteren eine offene Kommunikation mit dem UN-Hochkommissariat für Menschenrechte. Belehrungen in oberlehrerhafter Manier und das Messen mit zweierlei Maß wird China jedoch keinesfalls dulden. Auch fordern wir diejenigen Länder, die in der Vergangenheit abscheuliche Verbrechen in China und der Welt begangen haben sowie Länder, die sich selbst viel haben zuschulden kommen lassen und bisher eine schlechte Menschenrechtsbilanz aufweisen, mit Nachdruck auf, China und anderen Ländern nicht mehr mit erhobenem Zeigefinger vorzuschreiben, was sie zu tun haben.
Zur Ukraine-Frage
Als verantwortungsvoller Akteur der Weltpolitik ist China der Ansicht, dass die Souveränität und territoriale Integrität aller Länder, einschließlich der Ukraine, geachtet werden sollte. Es gilt, die Ziele und Grundsätze der UN-Charta zu respektieren, das legitime Sicherheitsbedürfnis aller Länder ernst zu nehmen und alle Bemühungen um eine friedliche Lösung der Krise zu unterstützen. Einen schnellstmöglichen Waffenstillstand und ein Ende des Krieges herbeizuführen, ist das dringliche Ziel der internationalen Gemeinschaft. Obwohl China kein direkt involvierter Akteur ist, setzen wir uns unablässig für den Frieden und die Förderung von Gesprächen ein und übernehmen damit eine konstruktive Rolle bei der Herbeiführung einer friedlichen Lösung der Krise.
In der Ukraine-Frage steht China stets auf der Seite des Friedens, des Dialogs und der Deeskalation. Wir sind gegen Krieg, einseitige Sanktionen und jegliches Vorgehen, das weiteres Öl ins Feuer gießt. Dies steht in vollem Einklang mit den Zielen der UN-Charta und den Normen des Völkerrechts. Chinas objektive und unparteiische Haltung sowie sein unabhängiges Urteil dienen dem Frieden und der Stabilität in der Welt und der Region und finden breite Unterstützung in der internationalen Gemeinschaft. Deshalb wehren wir uns entschieden gegen die uns entgegengebrachten unbegründeten Anschuldigungen und Spekulationen. Noch entschiedener weisen wir die sogenannten „Appelle“ und den Druck zurück, der auf dieser Grundlage auf China ausgeübt wird. Dieses Vorgehen ist äußerst unverantwortlich und eine Verleumdung unseres Landes.
Zur Frage der internationalen Sicherheit
China ist ein entschiedener Verfechter von Cybersicherheit. Wir lehnen jede Form von Cyberangriffen kategorisch ab und gehen auf Basis der einschlägigen Gesetze entschlossen dagegen vor. Während einzelne G7-Mitglieder umfangreiche Abhör- und Überwachungsmaßnahmen in anderen – auch in verbündeten – Ländern durchführen, werden nun Anschuldigungen gegen China erhoben. Das ist vergleichbar mit einer Situation, in der der Dieb selbst schreit: „Haltet den Dieb!“
Von jeher kommt China seiner internationalen Verpflichtung und Verantwortung bei der Nichtverbreitung von Atomwaffen strikt nach und beteiligt sich aktiv an den internationalen Bemühungen um nukleare Rüstungskontrolle. Zugleich sind wir der Ansicht, dass die Länder mit den größten Atomwaffenarsenalen eine besondere und vorrangige Verantwortung für die nukleare Abrüstung tragen.
Zur Frage der internationalen Ordnung
Als ständiges Mitglied im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen setzt sich China aktiv für die Wahrung der internationalen Ordnung mit den Vereinten Nationen als zentralem Organ und dem Völkerrecht als Grundlage ein. Diese ist abzugrenzen von der sogenannten „regelbasierten Ordnung“, die einseitig von einem oder wenigen Ländern festgelegt wird.
In den letzten Jahren hat China eine Reihe von Initiativen gestartet wie die Belt and Road Initiative, den Aufbau einer Schicksalsgemeinschaft der Menschheit, die Globale Entwicklungsinitiative und die Globale Sicherheitsinitiative. Es handelt sich dabei um von China bereitgestellte globale öffentliche Güter, die innerhalb der internationalen Gemeinschaft auf breite Anerkennung und positive Resonanz gestoßen sind.
China ist und bleibt ein Förderer des Weltfriedens, ein Mitgestalter der globalen Entwicklung und ein Verfechter der internationalen Ordnung. China hat in den letzten Jahren bei der Prävention und Bekämpfung der Pandemie zahlreiche Erfolge erzielt und rund 30 Prozent zum weltweiten Wirtschaftswachstum beigetragen. Damit hat unser Land einen wichtigen Beitrag zu den gemeinsamen Bemühungen der internationalen Gemeinschaft um die Bekämpfung der Pandemie und die Stabilisierung der globalen Lieferketten geleistet.
China fordert die G7 auf, eine Einmischung in die innerchinesischen Angelegenheiten fortan zu unterlassen und die Interessen Chinas nicht länger zu untergraben. Wir verlangen, dass andere Länder nicht weiter schikaniert werden, indem sie gezwungen werden, nach auferlegten Regeln zu spielen. Wir appellieren an die G7, die Lagerbildung zu stoppen und keine weitere Konfrontation zwischen verschiedenen Lagern zu schüren. Noch weniger sollte die feste Entschlossenheit Chinas, seine eigenen Interessen zu wahren, unterschätzt werden. Doppelmoral und sich zu erheben, indem andere unterdrückt werden, sind keine gangbaren Wege.
Regelbasierte internationale Ordnung
„Der Artikel ‚Regelbasierte internationale Ordnung‘ existiert in der deutschsprachigen Wikipedia nicht.“ Diese Antwort erhält der Suchende von dem beliebten Online-Lexikon, wenn er sich näher vertraut machen möchte mit einem der meistverwendeten Begriffe im Kommuniqué der Außenminister der G7-Staaten.
Im November 2019 fragte Andrej Hunko, Abgeordneter der Linkspartei im Bundestag, nach, wie die Bundesregierung den Begriff „regelbasierte Ordnung“ definiere. Die Antwort von Staatsminister Michael Roth: „Die Begriffe ‚Völkerrecht‘ und ‚regelbasierte Weltordnung‘ ergänzen sich. ‚Regelbasierte Ordnung‘ ist dabei ein politischer Begriff, ‚Völkerrecht‘ ein juristischer.
Die ‚regelbasierte Ordnung‘ umfasst neben den rechtlich verbindlichen Normen des Völkerrechts auch rechtlich nicht bindende Normen, Standards und Verhaltensregeln. Dies sind zum Beispiel das pünktliche Zahlen von Beiträgen, die multilaterale Zusammenarbeit mit dem Ziel einer kooperativen Weltordnung oder informelle Zusammenschlüsse in Freundesgruppen oder Allianzen. Der politische Begriff bezieht sich zudem auf verschiedene internationale Foren und ihre Entscheidungsregeln sowie Verhandlungsprozesse.
,Völkerrecht‘ bezieht sich auf rechtlich bindende Regeln des Umgangs der Völkerrechtssubjekte, insbesondere der Staaten, miteinander. Es umfasst internationale Übereinkünfte allgemeiner oder besonderer Natur, wie etwa die Charta der Vereinten Nationen oder die Menschenrechtskonventionen, daneben aber auch internationales Gewohnheitsrecht und allgemeine Rechtsgrundsätze.“
Die „regelbasierte internationale Ordnung“ ist eine Wortschöpfung aus den Denkfabriken des Imperialismus. Sie folgt den ideologischen Konstrukten der „humanitären Intervention“, die dazu diente, den Krieg gegen Jugoslawien zu rechtfertigen, und der „Verantwortung zum Schutz“, mit der die imperialistischen Staaten die Bombardierung Libyens legitimieren wollten. Nachdem die älteren Narrative ausgedient haben, da sie durch die Politik der NATO-Staaten entlarvt wurden, argumentiert die imperialistische Propaganda nun mit einer neuen Begriffsschöpfung.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock gab in ihrer Eröffnungsrede des Außenministertreffens die offizielle Marschrichtung vor: Die G7-Staaten ließen die „Ärmsten der Armen“ nicht im Stich. Sie unternähmen alles, damit ukrainisches Getreide gehandelt werden könne und so Hungersnöte verhindert würden. In der 27-seitigen Abschlusserklärung des Treffens hat es das Thema dann immerhin auf die Seite 22 geschafft. Als Ursachen werden darin Konflikte und die Folgen des Klimawandels genannt, verschärft durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine. Verschwiegen werden die direkte und indirekte Beteiligung von G7-Staaten an den sogenannten „Konflikten“ und der Zusammenhang mit der kolonialen Vergangenheit der armen Länder. Als Lösung präsentieren die imperialistischen Staaten die finanzielle Unterstützung internationaler Organisationen und ihre Entwicklungshilfe. Wie allerdings das ukrainische Getreide auf die Märkte kommen soll, bleibt unklar. Auf keinen Fall soll dazu mit Russland verhandelt werden.