Die Marktradikalen wollen notgedrungen regulieren

Halbherzig gegen Energiearmut

Im Jahr 2021 haben etwa 40 Billig-Energieanbieter die Kündigung von Lieferungen an ihre Kunden oder gleich Insolvenz angemeldet. Innerhalb kurzer Zeit sahen sich eine Million Kunden genötigt, sich einen anderen Versorger zu suchen – naturgemäß zu deutlich höheren Preisen. Notgedrungen greifen sie, wenn sie keine „preiswertere“ Alternative finden, auf die Grundversorger zurück, die aber aktuell ebenfalls zu höheren Preisen Strom kaufen müssen und diese dann an die Neukunden weitergeben.

Die Versorger, die „am Markt“ verbleiben, sind an langfristige Fixpreisvereinbarungen mit ihren Kunden gebunden und können die Preise während der Vertragsdauer nicht anpassen. Sie haben die Abnahmemengen ihrer Kunden langfristig über Termingeschäfte eingedeckt und Risiken eingepreist – folglich waren sie in der Vergangenheit teurer als die nun allseits gescholtenen Billiganbieter, die als Paradepferde einer „Geiz-ist-geil“-Ideologie galten. Nun will die Bundesregierung regulieren, was ihre Vorgänger dereguliert haben.

So will Grünen-Chef Robert Habeck die Energievertriebe zukünftig verpflichten, einen Teil ihres Liefervolumens auch durch langfristige Beschaffungsverträge abzusichern. Von einheitlichen Tarifen in der Grundversorgung ist die Rede. Der Ausstieg aus Gas- oder Stromlieferungen soll mehrere Monate im Voraus angekündigt werden müssen, damit sich betroffene Kunden ohne Zeitdruck nach einer Alternative umsehen können. Die EEG-Umlage soll früher als bisher zum Jahresende geplant abgeschafft werden, was aktuell die privaten Stromkunden um etwa 10 Prozent des Gesamtpreises entlasten würde.

Aber das wird nicht reichen, um die Energiesicherheit aller Familien in unserem Land zu garantieren. Die Bundesnetzagentur hat aktuell Zahlen veröffentlicht, nach denen im Jahr 2020 in Deutschland insgesamt 230.015 Stromsperrungen durchgeführt worden sind, die Anzahl der Gassperrungen habe rund 24.000 betragen. Solche Sperrungen will die DKP mit ihrer Kampagne „Energiepreisstopp jetzt!“ verboten wissen. Ebenfalls soll ein gesetzlicher Preisstopp für jede Form von Energie für private Haushalte und kleine Unternehmen die Versorgung für die Betroffenen finanzierbar halten.

Liebe Leserin, lieber Leser, jeder ist von den rasant steigenden Energiepreisen betroffen. Bei vielen ist der Schock groß. Welche Auswirkungen hat das auf den Alltag? Wir freuen uns über Schilderungen persönlicher Erfahrungen in fünf bis zehn Sätzen zur Unterstützung unserer Kampagne energiepreisstopp-jetzt.de. Zuschriften an: kampagne@unsere-zeit.de

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"Halbherzig gegen Energiearmut", UZ vom 28. Januar 2022



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