Regionalwahlen in Venezuela: Kritik an Ausgrenzung der Linken

„Hässlicher Fleck“

Nach den Regional- und Kommunalwahlen am vergangenen Sonntag in Venezuela feiert das Regierungslager um die Vereinte Sozialistische Partei (PSUV) seinen erwarteten Wahlsieg. In 20 der 23 Bundesstaaten und in der Hauptstadt Caracas konnten sich ihre Bewerber durchsetzen. Lediglich in Zulia, Cojedes und Nueva Esparta – das vor allem die Ferieninsel Margarita umfasst – gewannen Kandidaten der rechten Opposition. Die Wahlbeteiligung lag bei 41,8 Prozent, dem bei solchen Wahlen in Venezuela üblichen Wert.

Überraschend war dieser Erfolg für Staatschef Nicolás Maduro trotz der schweren Wirtschaftskrise und wachsender Kritik an der Regierungspolitik nicht. Zwar traten, anders als bei den letzten Wahlen, die meisten rechten Oppositionsparteien an, sie blieben jedoch in zwei größere Blöcke gespalten. Nach Einschätzung von Meinungsforschern hätte eine geschlossen angetretene Opposition bis zu zehn Bundesstaaten gewinnen können, da der Vorsprung der PSUV oft nur knapp war. Nur in fünf Bundesstaaten gewannen die PSUV-Kandidaten mit mehr als 50 Prozent der Stimmen. In Barinas etwa, der Heimat von Hugo Chávez, reichten dessen Bruder Argenis magere 37,05 Prozent, um sich knapp gegen Freddy Superlano durchzusetzen. Die Differenz zwischen beiden betrug nicht mehr als 673 Stimmen. In ganz Venezuela entfielen nach Einschätzung des Informationsdienstes „Datoworld“ insgesamt 64 Prozent der Stimmen auf Oppositionskandidaten, nur 36 Prozent auf „Chavistas“. Überprüfen lässt sich das nur schwer, denn die Homepage des Nationalen Wahlrates (CNE), auf der detailliert alle Ergebnisse veröffentlicht werden sollten, war in den Tagen nach der Abstimmung nicht erreichbar.

Geschwächt wurde die Opposition einmal mehr auch durch den ultrarechten Flügel um Juan Guaidó, der sich Anfang 2019 zum „Übergangspräsidenten“ ausgerufen hatte und dieses „Amt“ immer noch beansprucht. Erneut hatten diese Kräfte zum Wahlboykott aufgerufen, was einen Teil der Regierungsgegner von der Stimmabgabe abhielt.

Das Ergebnis macht jedoch klar, dass Guaidós Strategie gescheitert ist. In Venezuela selbst spielt er kaum noch eine Rolle, die meisten seiner Alliierten haben sich von ihm abgesetzt. Und auch wenn die US-Administration und solche Figuren wie Noch-Bundesaußenminister Maas Guaidó offiziell noch die Stange halten, rechnet spätestens seit der Abwahl von Donald Trump und dem Regierungsantritt Bidens in Washington niemand mehr mit einer unmittelbar bevorstehenden US-Intervention. Fast hilflos twitterte Guaidó deshalb nach dem Wahltag: „Es gibt eine Gewissheit nach dem 21. November: Maduro bleibt nicht legitimiert und nicht anerkannt.“

Den rechten Parteien, die sich an den Wahlen beteiligten, ging es letztlich weniger darum, möglichst viele lokale Mandate zu erringen. Vielmehr versuchten sie, sich vor den nächsten nationalen Urnengängen in Position zu bringen. Präsidentschaftswahlen stehen regulär 2024 an, es wird aber nicht ausgeschlossen, dass sie als Ergebnis von Verhandlungen mit der Opposition vorgezogen werden könnten. Als Kandidaten der Opposition laufen sich bereits wieder Henrique Capriles und Manuel Rosales warm. Letzterer wurde am vergangenen Sonntag zum Gouverneur des nahe der Grenze zu Kolumbien gelegenen Bundesstaates Zulia gewählt, ein Amt, das er schon bis 2008 ausgeübt hatte.

Ein schwaches Ergebnis musste jedoch auch die linke Opposition verzeichnen. Die auf den Listen der Kommunistischen Partei Venezuelas (PCV) angetretene Revolutionäre Volksallianz (APR) – ein Bündnis aus Linksparteien, Gewerkschaften und Basisinitiativen – konnte keinen Bundesstaat erobern. Sie führt das vor allem auf die Behinderung ihres Wahlkampfs durch die Behörden und das Totschweigen durch staatliche Medien zurück. Während Repräsentanten des rechten Lagers breit zu Wort kamen und in den Sendungen von Venezolana de Televisión, Telesur und Radio Nacional oft zitiert wurden, galt dies nicht für die linken Kandidatinnen und Kandidaten. Nach wie vor blendet sich das staatliche Fernsehen aus der Direktübertragung von Parlamentsdebatten aus, wenn PCV-Generalsekretär Oscar Figuera das Wort ergreift, während Vorwürfe, die Kommunisten stünden „im Sold der CIA“, unwidersprochen über die Bildschirme flimmern. Janohi Rosas, Kandidatin der PCV in Caracas, wies darauf hin, dass die staatlichen Kanäle keine einzige Wahlkampfaktivität ihrer Partei übertragen hätten, während es für die PSUV stundenlange Livesendungen gegeben habe.

In besonderem Maße wurden zudem die PCV-Kandidaten von staatlichen Maßnahmen behindert. Der Nationale Wahlrat (CNE) verweigerte insgesamt 24 Kandidatinnen und Kandidaten das Antreten – 14 von ihnen sollten auf den Listen der KP antreten. Der bekannteste Fall war Eduardo Samán, ein ehemaliger Minister unter Hugo Chávez, der in Caracas als Bürgermeister kandidieren sollte. Eine Begründung dafür, warum ihn und weiteren Genossen das passive Wahlrecht entzogen wurde, gab der CNE nicht. Noch fünf Tage vor der Wahl hatte die Behörde sechs Kandidatinnen und Kandidaten von der Teilnahme ausgeschlossen. Sogar CNE-Vizepräsident Enrique Márquez räumte ein, dass diese Vorgänge „einen sehr hässlichen Fleck auf der venezolanischen Demokratie“ hinterlassen hätten.

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"„Hässlicher Fleck“", UZ vom 26. November 2021



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