In Hessen hat sich eine schwarz-rote Landesregierung gebildet. CDU und SPD unterzeichneten am Montag öffentlichkeitswirksam ihren Koalitionsvertrag mit dem Titel „Eine für Alle“. Noch vor der offiziellen Vorstellung des Papiers wendeten sich hochschulpolitische Initiativen an die Öffentlichkeit und warfen der neuen Regierung vor, die Zivilklauseln an hessischen Universitäten streichen zu wollen. Wir dokumentieren an dieser Stelle die Pressemitteilung der hessenweite Initiative „Hände weg von der Zivilklausel!“.
Für zivile Wissenschaft und Bildung! Gegen die Militarisierung der Hochschulen in Hessen und überall!
Die hessenweite Initiative „Hände weg von der Zivilklausel!“ richtet sich entschieden gegen die geplanten Angriffe der designierten schwarz-roten Landesregierung auf die an vier hessischen Hochschulen verankerten Zivilklauseln!
Wie aus dem kürzlich veröffentlichten Entwurf für einen gemeinsamen Koalitionsvertrag zu entnehmen, soll künftig verstärkt auf die Streichungen der freiwilligen Selbstverpflichtungen von Hochschulen, nur nach zivilen und friedlichen Zwecken zu forschen, hingewirkt werden. Hessische Hochschulleitungen sollen künftig bei der „Überprüfung von Zivilklauseln“ mit der Unterstützung direkt aus Wiesbaden rechnen können. Hier wird deutlich, dass die letzten Schranken der zivilen Hochschul- und Forschungslandschaft in Hessen offenkundig fallen sollen, im Sinne der „Kriegstüchtigkeit“ der „Zeitenwende“. Drastische Eingriffe in die Autonomie der Hochschulen werden dabei, trotz der Bekundung diese zu wahren, bewusst in Kauf genommen, um damit einer beispiellosen Militarisierung der öffentlichen Hochschulen Vorschub zu leisten.
„Die über viele Jahre völlig kaputtgesparte und unterfinanzierte öffentliche Hochschule und die gleichzeitig zunehmende Abhängigkeit von externen Drittmittelgebern bilden das gefährliche Einfallstor für militärische Akteure, die mit den Aufrüstungs-Milliarden aus dem sogenannten Sondervermögen bereits vor der Uni warten! Wir sagen: Schluss damit! Unsere Hochschulen bleiben zivil!“, fordert die Frankfurter Studentin und Sprecherin der Initiative Ariane Alba Marquez.
Mit einem hessenweiten Aufruf will die Initiative „Hände weg von der Zivilklausel!“ diejenigen Kräfte in den Laboren, Seminarräumen und Bibliotheken an den Hochschulen und darüber hinaus ermuntern, sich gemeinsam neu für die Zivilklausel in Bewegung zu setzen und für eine Wissenschaft und Lehre zu streiten, die die gegenwärtigen globalen Krisen im Interesse einer gesamtgesellschaftlichen sozialen und nachhaltigen Entwicklung weltweit zu lösen versucht.
„Klimakrise, Kriege, Flucht und Vertreibung, die globale soziale Ungleichheit werden nicht mit militärischen Logiken gelöst – im Gegenteil.“, so der Sprecher der bundesweiten Vernetzung der Zivilklausel-Aktiven Chris Hüppmeier. Die Militarisierung in diesem Ausmaß anzufachen sei nicht nur verantwortungslos, sondern widerspräche auch ganz grundsätzlich der grundgesetzlich verbrieften Freiheit der Wissenschaften (Art. 5 Abs 3. GG), die im Lichte der Friedensfinalität und dem Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 GG) die Lehren aus der Verstrickung deutscher Wissenschaften für zwei Weltkriege gezogen habe. „Zivilklauseln sind ein Teil eben jener wissenschaftlichen Freiheit. Nicht die Streichungen, sondern die Belebung und der konsequente Ausbau von Zivilklauseln ist notwendiger denn je für die Perspektive einer friedensorientierten weltweiten Entwicklung“, so Hüppmeier.
Aus der Bundesebene werden diese reaktionären Entwicklungen mit Sorge verfolgt. Der Dachverband von Studierendenschaften, fzs, warnt vor Absichten zur Abschaffung bestehender Zivilklauseln: „Hochschulen sollten durch die Landesgesetze bei der Auseinandersetzung mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung (in Form von Zivilklauseln) gestärkt werden. – Was sich hier andeutet, ist ein Schritt in die falsche Richtung!“, sagt Sascha Wellmann aus dem Bundesvorstand.