Grüne und FDP fordern Trennung von Netz und Betrieb

Hände weg von der Bahn

„Wer als Eisenbahner die Grünen wählt, dem sollte die Hand abfaulen!“ Das sagte ein EVG-Kollege vor der Wahl bei einer Podiumsdiskussion mit Verkehrspolitikern von SPD, CDU, FDP und Bündnis 90/Die Grünen vor Betriebsräten der Deutschen Bahn. Vor allem Mathias Gastel, Bundestagsabgeordneter der Grünen, hatte dort die Trennung von Netz und Betrieb als Voraussetzung für eine neue Verkehrspolitik genannt. Die Bundestagsfraktion der angeblichen Öko-Partei hatte diese Forderung bereits vor Verabschiedung ihres Wahlprogramms in die Debatte gebracht. Am Ende wurde sie jedoch nicht in das Programm aufgenommen. Das war vor allem ein Erfolg unzähliger Gespräche von Mitgliedern der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG mit Abgeordneten der Grünen. Für die EVG ist die Trennung von Netz und Betrieb die rote Haltelinie.

Nach der Wahl haben sich FDP und Grüne zusammengetan und fordern gemeinsam die Herauslösung der Eisenbahninfrastruktur in eine staatliche Gesellschaft und damit faktisch die Zerschlagung der Deutschen Bahn. Sie offenbaren damit, dass sie für eine konsequente Privatisierungspolitik stehen. Da war selbst der Koalitionsvertrag von CDU und SPD weiter. Darin war erstmalig seit der sogenannten Bahnreform formuliert, dass die Schienenverkehrspolitik stärker unter volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten betrachtet werden müsse.

Die Haltung von FDP und Grünen wird von einigen Verkehrsverbänden, der staatlichen Monopolkommission und der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) unterstützt. Das zeigt wie weit wirtschaftsliberale Politik verankert ist. Die EVG ruft hingegen zu Protesten auf.

„Für die Beschäftigten der DB drohen bei einer Zerschlagung Arbeitsplatzverlust und Lohneinbußen“, so der Vize-Vorsitzende der EVG, Martin Burkert. Die Trennungsbefürworter bestreiten das. Dabei braucht es nur einen Blick auf die Struktur der DB AG. Neben den Infrastrukturbetrieben (Schiene, Bahnhöfe, Energie) und den Verkehrsbetrieben der DB existieren große Dienstleistungsbereiche zum Beispiel in den Bereichen Reinigung und Sicherheit. Sie gehören aufgrund des Kostendrucks auf die Bahn zu den Niedriglohnbereichen. In der Regel liegen die Löhne aber über den branchenüblichen Löhnen außerhalb der Bahn. Diese Struktur wäre in der Folge einer Trennung von Netz und Betrieb nicht mehr haltbar, da ihre Existenz allein auf dem integrierten Konzern ruht.

Nach den konzerninternen Regelungen ist jedes Bahnunternehmen verpflichtet, die Leistungen der eigenen Unternehmen zu nutzen. Dies verhindert zwar nicht, dass zu einem geringen Prozentsatz Subunternehmen beauftragt werden, erhält jedoch neben der besseren Bezahlung auch die Möglichkeit, dass zum Beispiel leistungsgeminderte Mitarbeiter in einer Spanne von hunderten Berufsgruppen je nach Einsatzfähigkeit andere Tätigkeiten wahrnehmen können. Das ist nur in einem Unternehmen dieser Zusammensetzung umsetzbar.

Auch für eine nachhaltige Klima- und Umweltpolitik ist die Deutsche Bahn als Gesamtunternehmen von größter Bedeutung. Der Gesamtkonzern unterliegt immer noch der staatlichen Regie, die allein mit einem Ausstieg aus der formellen Privatisierung, also weg von der Aktiengesellschaft und raus aus dem Renditedruck, auf einen vernünftigen Kurs getrimmt werden kann. Das letzte große zusammenhängende Staatsvermögen würde durch die Zerschlagung dem Einflussbereich staatlicher Politik entzogen. Für den Umweltschutz und eine nötige Verkehrswende wäre das eine Katastrophe. Die Meldungen über die gelb-grünen Pläne haben Unruhe ausgelöst. Nicht nur die Kolleginnen und Kollegen der EVG bereiten sich auf Aktionen vor. Gegen die Zerschlagung der Bahn wird und muss es massive Proteste geben.

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"Hände weg von der Bahn", UZ vom 12. November 2021



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