Grüner Klimaschutz soll auf dem Rücken der Arbeitenden für Profite sorgen

Habecks Pläne

Manfred Groll

Die „Transformation zu einer sozial-ökologischen Marktwirtschaft“ steht auf der Agenda des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz. In der Pressemitteilung vom 11. Januar wird eine ernüchternde Klimaschutz-Eröffnungsbilanz präsentiert und auf einen enormen Handlungsbedarf verwiesen: „Die bisherigen Klimaschutz-Maßnahmen sind in allen Sektoren unzureichend. Alle Sektoren (Verkehr, Bauen und Wohnen, Stromerzeugung, Industrie und Landwirtschaft) müssen ihren Beitrag zu einer Investitions- und Modernisierungsoffensive leisten.“ Aber es böten sich große Chancen für den Wirtschaftsstandort und die Steigerung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen. Die umfangreichen Investitionen würden einen Wirtschaftsschub auslösen; im globalen Wettlauf um die besten Klimaschutz-Technologien müsse Deutschland zum Zugpferd werden, um „unseren Wohlstand“ zu sichern.

Erste Sofortmaßnahmen umfassen folgende Punkte: In einer EEG-(Erneuerbare-Energien-Gesetz)-Novelle werden 80 Prozent erneuerbare Stromerzeugung bis 2030 festgeschrieben. Ein Solarbeschleunigungspaket sieht unter anderem die Förderung von mehr Freiflächenanlagen und die Nutzung geeigneter Dachflächen für Solarpaneele vor, bei gewerblichen Neubauten verpflichtend, bei privaten als Regel. Bei der Windenergie wird vor allem die On-shore-Nutzung hervorgehoben; 2 Prozent der Landesfläche werden dafür reserviert.

Um mehr erneuerbaren Strom zu wettbewerbsfähigen Preisen bereitzustellen, wird die EEG-Umlage vom Bundeshaushalt finanziert. Dadurch werden Verbraucher entlastet, insbesondere natürlich Großverbraucher. Allerdings werden über die CO2-Bepreisung (30 Euro pro Tonne CO2 seit 2022) Kosten auf die Kleinverbraucher abgewälzt, was sich in höheren Heiz- und Kraftstoffpreisen, höheren Mieten und so weiter niederschlägt. Der Industrie soll mit Klimaschutzdifferenzverträgen der Einstieg in klimaneutrale Produktionsverfahren „kostenneutral“ ermöglicht werden.

Auch im Wärmesektor soll der Anteil erneuerbarer Energien steigen, auf 50 Prozent bis 2030. Für Neubauten und Gebäudesanierungen werden „durch Bundesförderung effiziente Marktanreize geschaffen“. Ab 2025 sollen neu eingebaute Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden.

Um Deutschland zu einem Leitmarkt für Wasserstofftechnologien zu machen, sollen zusätzliche Förderprogramme auf den Weg gebracht werden, so soll die geplante Produktion von „grünem Wasserstoff“ verdoppelt werden. Entsprechende Gesetze, Verordnungen und Maßnahmen sollen bis Ende 2022 verabschiedet sein.

Für die Kapitalseite ergeben sich glänzende Perspektiven: Die aufzubringenden enormen Investitionen (staatliche Mittel und private Investitionen) eröffnen profitversprechende Anlagemöglichkeiten für akkumuliertes Kapital; andererseits ist mit Einschnitten in die staatlichen Dienstleistungen und mit Realeinkommensverlusten für den Großteil der arbeitenden Bevölkerung und der Rentner zu rechnen. Die Schuldenbremse wird ab 2023 wieder greifen und in Ländern und Kommunen für knappe Kassen sorgen. Zudem haben die Unternehmerverbände BDI, BDA und Gesamtmetall mit Unterstützung der Leitmedien schon klar zum Ausdruck gebracht, dass in diesen schwierigen Zeiten bei anstehenden Tarifverhandlungen „äußerste Zurückhaltung“ geboten sei. Der Arbeitsplatzabbau im Rahmen der industriellen Transformation wird also weiter fortschreiten.

Zusammengefasst: Die Klimaschutzpläne der Ampel-Koalition enthalten sowohl hochfliegende als auch entlarvende Phrasen. Falls die propagierten Klimaschutzziele erreicht würden (von Umwelt- und Klimaschutzorganisationen zu Recht bezweifelt), hätte dies durchaus positive Auswirkungen auf Natur und Umwelt sowie Klima. Aber eben auf Kosten der Werktätigen. Egal, ob positive Ergebnisse erzielt werden oder nicht, die geplanten Maßnahmen werden den Umverteilungsprozess von der übergroßen Mehrheit der Bevölkerung zu den (Super-)Reichen verstärken. Die als „Green New Deal“ verkaufte neue Wirtschafts- und Umweltpolitik öffnet der Kapitalseite weitere Möglichkeiten zur profitablen Anlage eines Teils der riesigen akkumulierten Kapitale; das ist der Hauptzweck der Transformation des Wirtschaftssystems. Und dies zusätzlich zu den üblichen imperialistischen Methoden der wirtschaftlich-finanziellen Erpressung sowohl national (im Namen der Sicherung von Standort und Arbeitsplätzen) als auch international, dort verbunden mit Sanktionen, Regime-Change-Aktionen, militärischen Interventionen und Kriegen. Es hilft kein Schönreden: In dem herrschenden kapitalistischen System sind alle, auch möglicherweise gut gemeinte, Projekte des Natur-, Umwelt- und Klimaschutzes dem Diktat der Kapitalverwertung unterworfen und gehen zu Lasten der arbeitenden Bevölkerung.

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"Habecks Pläne", UZ vom 21. Januar 2022



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