Ein weltweit mit großem medialem Aufwand betriebenes Sportevent ging am letzten Sonntag in Frankreich, genauer: in Lyon, zu Ende. Im Endspiel der Frauenfußball-Weltmeisterschaft besiegte der haushohe Favorit USA die Mannschaft der Niederlande mit 2:0. Ob es den Spielverlauf nach ausgeglichener erster Halbzeit durch den fragwürdigen Elfmeter für die USA entscheidend in eine Richtung wies, darüber mag am Stammtisch oder in den Kabinen noch debattiert werden. Unbestritten ist sicherlich bei vielen Zuschauern an den Fernsehgeräten, dass gute Unterhaltung geboten wurde. Auffällig war, spätestens seit der KO-Runde der letzten 16 Mannschaften, mit welch hohem taktischen Geschick, mit welcher Disziplin die Positionen besetzt und gehalten wurden. Die Laufbereitschaft der Spielerinnen bei zum Teil sengender Sonne war enorm, gemeldete Zahlen von über 12 Kilometer im Spiel waren nicht selten. Ebenfalls bemerkenswert, auch im Vergleich zu früheren Turnieren, waren die Fähigkeiten der Trainerinnen, den Spielerinnen ihre Vorstellungen von dem, was auf dem Platz möglich ist und umgesetzt werden kann, zu vermitteln. Sehr moderne, soll meinen in den letzten zehn Jahren erfolgreiche Konzepte, wurden realisiert: Frühes, hohes Pressing, Doppelung gegen die angreifende Ballführerin, lange raumgreifende Diagonalpässe, all dies passierte häufig und gekonnt. Erfreulich der erreichte Standard bei den Torhüterinnen, während früher oft Tore fielen ob falscher Einschätzung von Flugbahnen oder durch unmotiviertes Herauslaufen bei Angriffen oder Abwehr in die Füße der Gegnerin, davon sah man dieses Mal selten was. Vielmehr hervorragende Reaktionen auf der Linie, Strafraumbeherrschung und präzise Abwürfe oder Abschläge zu den Mitspielerinnen. Die junge deutsche Mannschaft schied bereits im Viertelfinale gegen die schwedischen Spielerinnen aus, es schien, dass die Deutschen an ihrem Limit spielten und noch so einiges fehlt im Vergleich zu anderen Mannschaften. Ärgerlich waren die Kommentatoren der TV-Anstalten aus den Stadien, denn nicht, dass es nur Männer waren, obwohl es auch kompetente Sportjournalistinnen gibt, war das gönnerhafte und verquaste Gerede der Herren peinlich und dummdreist.
Nun ist die Sicht auf die Nationalmannschaften, die wie bei den Männern die angeblich Besten der Besten versammelt, vielleicht etwas zu positiv. Aber wer den Vereinsfußball der Frauenmannschaften verfolgt, wer beobachtet, mit welchen finanziellen und organisatorischen Mitteln die „großen“ europäischen Vereine sich engagieren, der kann bei seinen positiven Eindrücken bleiben. Anders sieht es leider und nicht unüblich in den unteren Klassen aus, hier fehlt das Geld und die Infrastruktur, um tatsächlich von Leistungssport zu reden. Mit seinen 6,7 Millionen Spielerinnen und Spielern ist der DFB der größte Einzelsportverband der Welt. 1,05 Millionen Frauen spielen nach offiziellen Angaben Fußball, doch diese Zahlen spiegeln keineswegs die Realität wider. Vielmehr liegt den falschen Zahlen ein strukturelles Problem zu Grunde. Aus finanziellen Gründen sind die Vereine versucht, Aktive aus anderen Abteilungen als Fußballerinnen zu führen. Denn beispielsweise für Turnerinnen und Gymnastikfrauen, die beim deutschen Turnerbund gemeldet werden, müssen die Vereine beachtliche Beträge für gut ausgebildete Übungsleiter an den Dachverband überweisen. Der DFB ist anders organisiert. Der Deutsche Fußballbund erhebt keine Pro-Kopf-Pauschale für seine Sportler, sondern nur pro Mannschaft. So dass es für eine Vereinsführung relativ egal ist, ob sie 20, 200 oder 100 Aktive meldet. Dem DFB ist das bekannt, aber er verweist auf die Vereine und der DFB weiß, dass die Vereine ihre Mitglieder und besonders ihre Aktiven dort anmelden, wo sie am wenigsten für sie zahlen müssen. Mit diesem Trick können größere Vereine jährlich fünfstellige Beträge sparen. An einigen Standorten sind pro Frauenfußballmannschaft sogar 600 Sportlerinnen gemeldet, realistisch wäre ein Wert von 20 bis 25. Aber tatsächlich muss man sagen, dass nach diversen Berechnungen mindestens 350 000 dieser Frauen und Mädchen überhaupt nichts mit dem Fußball zu tun haben. Dem DFB kommt diese Praxis nicht ungelegen, denn so kann der DFB in alle Welt hinaustönen, er habe über eine Million Frauen und Mädchen in seinen Reihen. Mit so einer schönen Zahl lässt sich politisch und beim Geschacher um Fernsehgelder, um Sponsoren und Marketingpartner viel besser agieren und Druck ausüben.