In Dortmund wird die Gründung eines Bündnisses für Pflege vorbereitet. Wir sprachen darüber mit Udo Stunz, einem der Initiatoren.
UZ: Die DKP in Dortmund beschäftigt sich bereits seit Jahren mit dem Thema Pflegenotstand in den Krankenhäusern. Was war damals der konkrete Anlass?
Udo Stunz: Es war 2008 – das Klinikum Dortmund als größtes Krankenhaus am Ort mit 4 000 Beschäftigten war hoch verschuldet – als die Dortmunder FDP die Privatisierung des Klinikums in die öffentliche Debatte brachte. Die konnten auch schon einen Kaufinteressenten präsentieren: die Helios GmbH. Helios wollte die Kliniken übernehmen, aber nichts dafür zahlen, auch auf den Schulden von 70 Mio. Euro sollte die Stadt (also wir alle) sitzen bleiben. Denn man müsse ja „250 bis 300 Millionen Euro investieren, um den Laden wieder flott zu kriegen“. Will man etwas anderes als solch ein unsittliches Ansinnen von einer ehrenwerten Gesellschaft erwarten? Der von DGB und ver.di und der Dortmunder Bevölkerung organisierte massive Widerstand gegen die Privatisierungsabsichten führte zum Erfolg. Die Partei war dabei. Aber der Pflegenotstand bestand schon damals und wir blieben deshalb „am Ball“.
UZ: Was hat euch bewogen, nun ein Bündnis für Pflege zu gründen?
Udo Stunz: Das waren die Kämpfe der Beschäftigten der Charité und aktuell der Unikliniken Essen und Düsseldorf für die Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen nach dem Motto „Mehr von uns ist besser für alle“. Da ist deutlich geworden, dass da nicht eine Berufsgruppe egoistisch für ihre Interessen eintritt, wie bürgerliche Medien und „Arbeitgeber“ versuchten, die Auseinandersetzungen zu vergiften. Es wurde klar, dass der Kampf eine gesellschaftliche Dimension hat: Gesundheit ist keine Ware und Markt und Wettbewerb können es nicht regeln. Die Unterstützung der Kämpfenden von außen durch Pflegebündnisse ist notwendig und wertvoll. Draußen muss deutlich gemacht werden, dass gute Arbeitsbedingungen aller Beschäftigten in den Krankenhäusern Bedingung für eine gute Versorgung der Patientinnen sind. Auch muss von außen der Druck auf die Arbeitgeber ausgeübt werden, die sich mit allen Tricks dagegen wehren, die jetzt getroffenen Vereinbarungen in Essen und Düsseldorf umzusetzen. Das wollen wir auch in Dortmund versuchen.
UZ: Der Erlass der Pflegepersonal-Untergrenzenverordnung hat bei euch in Dortmund eine besondere Wirkung hervorgerufen.
Udo Stunz: Allerdings. Die Bundesregierung hat auf die katastrophalen Zustände in den Krankenhäusern reagieren wollen und die Pflegepersonal-Untergrenzenverordnung erlassen. In ihr werden für die „pflegesensitiven“ Bereiche der Krankenhäuser Personaluntergrenzen festgelegt. Insgesamt führt die Verordnung eher zu Verschlechterungen und Personalabbau als zu Verbesserungen.
Die Dortmunder Krankenhäuser beantragen nun die Aussetzung der Verordnung für die Intensivmedizin, weil die starren Vorgaben der Verordnung an der Realität vorbeigingen. Auch sei das erforderliche Personal für die Einhaltung des Betreuungsschlüssels „auf dem Markt“ nicht vorhanden. Unterstützung haben die Krankenhäuser vom Rat der Stadt erhalten: In einer Resolution, die von allen Fraktionen getragen wurde, appelliert der Rat an den Gesundheitsminister, die Verordnung für die Intensivmedizin in Dortmund auszusetzen und sie entsprechend den Anregungen der Krankenhäuser zu modifizieren.
Man möchte meinen, dass die Damen und Herren im Rat der Stadt und die Geschäftsführungen der Dortmunder Krankenhäuser jahrzehntelang auf ihren Augen und Ohren gesessen haben und von den Protesten und Aktionen der Beschäftigten in den Krankenhäusern für eine bessere Pflege nichts mitbekommen haben. Schließlich ist die Verordnung des Herrn Spahn nicht vom Himmel gefallen. Man sollte auch in den Krankenhäusern etwas von Personalmanagement verstehen und es auch handhaben können.
UZ: Wie sehen die Planungen für die Gründung des Dortmunder Pflegebündnisses bisher aus? Wie ist der Stand der Vorbereitung?
Udo Stunz: In der Vorbereitungsgruppe arbeiten Kolleginnen und Kollegen aus der Kranken- und Altenpflege, Mitglieder von Attac, der IG Metall und ver.di, der Linkspartei und der DKP. Bis zur geplanten Gründungsveranstaltung im Februar sind noch organisatorische und inhaltliche Fragen zu klären. Wichtig ist zur Zeit die Erarbeitung des Entwurfs einer Plattform des Bündnisses. Gleichzeitig ist zu überlegen, wen wir als Bündnispartner gewinnen wollen. Da sind sicher der DGB, ver.di und die übrigen Einzelgewerkschaften gefragt, aber auch die demokratischen Parteien und ihre Jugendorganisationen, Vertrauensleutekörper, die Wohlfahrtsverbände, demokratische Ärztinnen und Ärzte und Patientenvertretungen. Nicht zu vergessen sind die Beschäftigten in den Krankenhäusern und in der Altenpflege.
UZ: Welche Ziele will das Bündnis erreichen?
Udo Stunz: Einer unserer Genossen ist ein erfahrener IG-Metaller. Er sagt seinen Kolleginnen und Kollegen: „Nur ein gesunder Metaller kann für seine Forderungen kämpfen!“ Das ist doch gut auf den Punkt gebracht. Das gilt für alle Berufsgruppen. Und letztlich ist jede von uns potenzielle Patientin oder Patient. Sicher ist es notwendig, das Thema „Bessere Pflege“ noch mehr ins öffentliche Bewusstsein zu heben. Dazu sind Informationsveranstaltungen ein gangbarer Weg. Aber auch die Unterstützung der Aktionen der Beschäftigten und ihrer Gewerkschaft in den kommenden Auseinandersetzungen bieten sich dazu an. Die gesellschaftliche Dimension der Auseinandersetzung und der gewerkschaftlichen Ziele müssten deutlich gemacht werden Es muss öffentlich Druck für die Entlastung in der gesamten Pflege entwickelt werden. Das Bündnis soll keine Konkurrenzveranstaltung zur Arbeit der Gewerkschaft sein, aber eine Unterstützung der gewerkschaftlichen Ziele!
16. Januar um 18 Uhr im Haus des ver.di-Bezirks Dortmund, Königswall 36, 44137 Dortmund
Die Gründungsveranstaltung ist für den 14. Februar 2019 vorgesehen.
Ansprechpartner: Jochen Killing, Baroper Straße 512, 44227 Dortmund, Tel.: 0231–28860873