Neue „Reform“-Vorschläge der griechischen Regierung. „Eine gute Grundlage“, findet Martin Selmayr, Kabinettschef von EU-Kommissionspräsident Juncker. „Ein umfassender Vorschlag“, sagt Eurogruppenchef Dijsselbloem. Obwohl der Euro-Gipfel Anfang der Woche keine endgültige Einigung zwischen der griechischen Regierung und ihren Gläubigern brachte, stand bei Redaktionsschluss ein neues Abkommen anscheinend kurz bevor.
Was genau dieser von den „Institutionen“ erpresste neue Vorschlag vorsieht, war nicht klar, die Details der Verhandlungen sollen geheim bleiben. In der Frage der Renten – keine Frühpensionierungen mehr, schrittweise Einführung der Rente mit 67 – und in der Frage der Mehrwertsteuer – einheitlicher Satz von 23 Prozent, 13 Prozent auf Strom und Grundnahrungsmittel, 6 Prozent auf Medikamente und Bücher – ist die Syriza-Anel-Regierung jedoch zu weiteren Zugeständnissen bereit, wie die SZ berichtete. „Hart“ seien die vorgeschlagenen Maßnahmen, „wenn es nach uns gegangen wäre, wäre das kein Weg gewesen, den wir eingeschlagen hätten“, so ein Regierungssprecher.
Ähnlich unklar ist nach wie vor, ob die Regierung die für ein neues Memorandum nötige parlamentarische Mehrheit erhalten wird oder ob sie bald gezwungen sein wird, Neuwahlen auszurufen. Selbst der rechte Verteidigungsminister Kammenos (Anel) erklärte, er werde eine Abschaffung der vergünstigten Mehrwertsteuer für die griechischen Inseln nicht akzeptieren, „auch wenn das den Sturz der Regierung bedeutet.“ Auch aus dem linken Flügel von Syriza gibt es Kritik, die konservative Zeitung Kathimerini rechnet mit einem „Crash-Test“ für die Regierung. Aber der politische Druck von Seiten der Gläubiger und der wirtschaftliche Druck nehmen zu. Allein in der letzten Woche wurden geschätzte 4 Milliarden Euro von griechischen Banken abgehoben, nur eine nochmalige Erhöhung der Notkredite durch die EZB stellte überhaupt sicher, dass die Banken öffnen konnten.
Man muss keine besondere Sympathie für die gegenwärtige Regierung in Athen haben, um sich darüber zu empören, dass die „Institutionen“ dem griechischen Volk zusätzliche Austerität verordnen wollen. Verschärft wird die Lage in Griechenland dadurch, dass die Tsipras-Regierung, die alles andere als revolutionäre Veränderungen herbeiführen will, erklärte, sie wolle die „europäischen Regeln respektieren“. Statt Medikamente zu kaufen und Hungerrenten zu erhöhen zahlte sie bereits Hunderte von Millionen Euro an die Gläubiger zurück. Den Antrag der Fraktion der Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) im Parlament, die Direkthilfe für arme und überschuldete Familien von 200 auf 600 Millionen Euro zu erhöhen, lehnte die Syriza-Anel-Regierung hingegen ab.