„Gut verankert“

Herbert Becker im Gespräch mit Otto Marx

Otto Marx (88) erzählt vom Übergang von KPD zu DKP in Oberhausen. Er leitete lange Jahre die Karl-Liebknecht-Schule der DKP in Leverkusen.

UZ: Du lebtest nach Jahren der illegalen politischen Arbeit in Baden-Württemberg in den sechziger Jahren wieder in deiner Heimatstadt Oberhausen. Wie hast du die Zeit kurz vor der Gründung der DKP erlebst?

Otto Marx: Ich bin am 1. Januar 1946 in die KPD eingetreten, früher ging nicht, denn man musste mindestens 16 Jahre alt sein. Ich habe seit Anfang der 50er Jahre immer nur schwierige Bedingungen für die politische Arbeit erlebt, ständig gab es Behinderungen, Schikanen und Überwachung. Nach 1956 habe ich dann, getarnt mit einem „Reisegewerbeschein“, für die Partei gearbeitet und konnte mich selbst durch Studienaufenthalte in sozialistischen Ländern gründlich bilden. Als ich ins Ruhrgebiet zurückkam – Mitte der 60er Jahre – und wieder in Oberhausen mit meiner Familie wohnte, gab es mehrere politische Großbaustellen für uns: Das Zechensterben, der Kampf gegen die Notstandsgesetze und die weitere Remilitarisierung des Landes.

UZ: Wie konntet ihr denn politisch arbeiten?

Otto Marx: In den Großbetrieben waren wir gut verankert, Betriebsräte und Vertrauensleute gehörten zu uns, Flugblätter und sogar Betriebszeitungen wurden gedruckt und verteilt. In der Stadt riefen wir zu Veranstaltungen auf, oft im Bündnis mit demokratischen und antifaschistischen Kräften bis hin zu Pfarrern der evangelischen Kirche. 1967 und 1968 haben wir in der Stadthalle zwei richtig gut besuchte Veranstaltungen gemacht zum KPD-Verbot. Als man uns dieses Thema verbieten wollte durch das K14 – die politische Polizei vor Ort – haben wir darüber diskutiert, warum es nicht möglich sein solle, über ein politisches Programm zu sprechen und zu informieren. Es war richtig lebhaft, denn die Menschen wollten sich nicht das Maul verbieten lassen.

UZ: Wie viele Genossinnen und Genossen wart ihr in Oberhausen in dieser Zeit?

Otto Marx: Wir waren über 100, wir hatten einen Kreisleitung und mehrere Ortsgruppen, alles in der Illegalität, aber sogar mit eigener regelmäßiger Kassierung.

UZ: Wie habt ihr von den Aktivitäten zur Neugründung einer KP erfahren?

Otto Marx: Eine lange Zeit nur über die Zeitung, mir blieb auch eine Weile unklar, ob diese Bestrebungen nur dazu dienten, die Wiederzulassung der KPD zu befördern oder ob tatsächlich eine neue KP in der BRD gegründet werden soll. Später war ich auch dabei, als in Frankfurt Pressekonferenzen mit Herbert Mies, Grete Thiele und Max Schäfer stattfanden, wo es auch zu Verhaftungen kam.

UZ: Wie habt ihr in Oberhausen dann reagiert?

Otto Marx: Das ging sehr schnell und zügig, rund 80 Prozent der Mitglieder der illegalen KPD traten in die neue DKP ein, einige wollten dies nicht tun und beharrten darauf, den Kampf um die Wiederzulassung deshalb nicht schleifen zu lassen, manche von ihnen machten den richtigen Schritt dann erst in den nächsten Jahren. Um 1972 waren wir dann in Oberhausen schon rund 150 Genossinnen und Genossen, hatten genug zu tun mit dem was so vornehm umschrieben wurde mit „Strukturwandel“, also Stilllegung ganzer Großbetriebe, Massenentlassungen und der Verarmung und Verödung ganzer Stadtteile.

In Oberhausen gibt es keine Hochschule, neue Genossen kamen vor allem aus der Lehrlingsbewegung, der gewerkschaftlichen Jugendarbeit oder der antifaschistischen Arbeit. Die kannten sich aus in betrieblicher und gewerkschaftlicher Arbeit, die Integration in unsere Kreisorganisation ging ganz gut.

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"„Gut verankert“", UZ vom 22. Dezember 2017



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